Troisdorferin in Sierra LeoneBewegende Begegnungen mit Leid und Glück
- Sarah Hupperich war für die Hilfsorganisation Cap Anamur - Deutsche Not-Ärzte in Sierra Leone unterwegs. Die Monate dort waren alles andere als Urlaub.
- „Manchmal sind in einer Schicht drei Kinder gestorben“, erzählt Hupperich heute von ihren intensiven Erfahrungen.
- Im Gespräch mit ihr verrät sie, ob sie noch einmal für einen solchen Einsatz ins Ausland gehen würde.
Troisdorf – Viel ist Sarah Hupperich in den vergangenen Jahren gereist: In Peru und Costa Rica ist sie gewesen, hat nach der Ausbildung Argentinien erkundet. „Ich bin sehr Südamerika-affin“, sagt die junge Troisdorferin. Die letzte große Reise aber führte sie nach Afrika. Die Monate dort waren alles andere als Urlaub: Für die Hilfsorganisation „Cap Anamur – Deutsche Not-Ärzte“ war die Krankenschwester in Sierra Leone.
Schon in der Ausbildung habe sie sich für einen solchen Auslandseinsatz interessiert, erzählt die 27-Jährige. „Ein Oberarzt in Sieglar war mit Humedica unterwegs“; der Mediziner berichtete aber auch von Cap Anamur. Anfang des vergangenen Jahres bewarb sich Sarah Hupperich, im August hatte sie ihre Stelle als Intensivschwester in Sieglar gekündigt und reiste mit einer Cap-Anamur-Kollegin nach Westafrika. Sierra Leone wurde bis 2002 von einem langen Bürgerkrieg erschüttert, von 2014 bis 2016 wütete dort Ebola und forderte 4000 Opfer.
Kein Kultur-Schock
„Ich glaube, man kann nie perfekt vorbereitet sein“, sagt Hupperich, die im Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt Freetown arbeitete. Reiseerfahren wie sie ist, ließ sie sich von der fremden Kultur nicht überraschen.
Schwer fiel es der jungen Frau aber „zu sehen, unter welchen Bedingungen die Ärzte und Schwestern arbeiten müssen“. Viele aus dem Pflegepersonal arbeiteten seit Jahren unentgeltlich – in der Hoffnung, eines Tages auch eine bezahlte Anstellung im staatlichen Gesundheitssystem zu bekommen. Sehr begrenzt seien zudem die Möglichkeiten der Versorgung in der einzigen Kinderklinik des Landes.
„Manchmal sind in einer Schicht drei Kinder gestorben“
Morgens um 8 Uhr begann der Arbeitstag mit einer Besprechung, unter anderem über die Fälle der in der Nacht verstorbenen Kinder. „Manchmal sind in einer Schicht drei Kinder gestorben“, viel zu spät seien oft die kleinen Patienten ins Krankenhaus gebracht worden. Oft suchten die Familien erst traditionelle Heiler oder einen Priester auf. Vor allem, wenn ältere Kinder nicht überlebten, habe ihr das „das Herz gebrochen“, schildert Sarah Hupperich. In einem Land, in dem von 1000 Kindern 69 im ersten Jahr nach ihrer Geburt sterben, hätten etwas ältere Jungen und Mädchen doch „schon viele Hürden überwunden“, meint sie.
„Gold wert“ war in den schwierigen Situationen das gute Team vor Ort, das sich gut ergänzte und dessen Mitglieder sich austauschen konnten. „Das war sehr erleichternd“; zudem, so Hupperich: „Es ist auch Typsache, man muss mit sich im Reinen sein.“ Dennoch komme manches näher, anderes nicht.
Zum Glück gab es auch schöne Erlebnisse wie die Begegnung mit der kleinen Salimatu, die wegen komplizierter Malaria wochenlang im Koma lag und doch überlebte. „Das hätte ich nicht für möglich gehalten“, doch zeige das Schicksal der Sechsjährigen, „man sollte bis zum Schluss kämpfen“.
Persönliche Erfahrung goldwert
Vor allem auf der Intensivstation der Klinik mit insgesamt 180 Betten war Sarah Hupperich im Einsatz, gemeinsam mit einer zweiten deutschen Cap-Anamur-Kollegin hat sie auch die Apotheke betreut und andere Krankenschwestern unterrichtet. „Auf kleiner Ebene“ könne man etwas bewirken, vor allem bei denen im Pflegepersonal, die motiviert seien. „Die Schüler in der Pflegeausbildung sind ja die Zukunft.“
Mit einer Vergütung – „das reicht vollkommen aus“ – wird der Einsatz im Ausland entlohnt; unschätzbar sei vor allem die persönliche Erfahrung, findet die junge Frau. „Bei solchen Einsätzen kann man sich nur weiterentwickeln.“ Nicht zuletzt, weil man feststelle, „dass wir den Boden küssen können, auf dem wir gehen“, sagt sie im Bezug auf Deutschland.
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Ende Januar ist Sarah Hupperich wieder auf diesen Boden zurückgekehrt. Stück für Stück verarbeitet sie seither die Erfahrungen aus Sierra Leone. „Man hat ja dort viel geschluckt“, sagt sie. Wichtig ist ihr deshalb die Pause bis zum Antritt der nächsten Arbeitsstelle vermutlich im April. Ob sie noch einmal für einen solchen Einsatz ins Ausland gehen würde? „Auf jeden Fall!“, ist die schnelle Antwort. Vorlieben für ein bestimmtes Land gebe es aber nicht. „Da, wo es am meisten gebraucht wird. Und gebraucht wird es in vielen Ländern.“