„Beschämende Taten“Rentner verteilt nach Affäre seiner Frau Flugblätter in Troisdorf

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Amtsgericht Siegburg

Der Angeklagte Senior aus Troisdorf stand nicht zum ersten Mal vor dem Amtsgericht.

Öffentlich hat ein 72-Jähriger seine Ehefrau mit Flugblättern und Plakaten durch den Schmutz gezogen. Vor Gericht zeigte der Mann keine Reue.

Das Gesicht gebräunt, den Arm in der Lederjacke nonchalant über die Stuhllehne gelegt: Der Angeklagte machte vor dem Amtsgericht einen entspannten Eindruck. Bis Richter Dr. Alexander Bluhm von den „beschämenden Taten“ des 72-Jährigen sprach. Der Troisdorfer hatte seine Ehefrau öffentlich durch den Schmutz gezogen mit Flugblättern und Plakaten. Sie habe ihn auch nicht gut behandelt, rechtfertigte er sich. Und meinte zum Richter: „Ob Sie da kühler wären?“ 

Der Angeklagte wirkte mehr als selbstgerecht. Er habe seine Frau zu einem Gespräch zwingen wollen und ihr angedroht, sonst ihre Affäre öffentlich zu machen. Einerseits sei sie mit ihm noch in den Urlaub gefahren, was offenbar Hoffnung in ihm weckte: „Ich dachte, sie überlegt es sich noch mal.“ Andererseits sei sie zwei Monate später mit dem anderen verreist.

Die erwachsenen Söhne wollen mit dem Troisdorfer nichts mehr zu tun haben

Eigentlich seien sie ja schon seit 13 Jahren getrennt, warf der Senior ein. Und beteuerte: „Das habe ich akzeptiert.“ Seit rund 50 Jahren seien sie ein Paar, er frage sich nun, ob er der biologische Vater der beiden erwachsenen Söhne sei. Die wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben. „Das kann man nachvollziehen“, kommentierte der Richter.

Der Angeklagte hatte von Ende November 2023 bis Ende Februar 2024 bei seiner getrennt von ihm lebenden Frau Zettel an die Eingangstür des Mehrfamilienhauses und an die Briefkästen geklebt. Er verteilte in Troisdorf außerdem Flugblätter mit ihrem Konterfei, ihrem Namen und beleidigenden Äußerungen. Zweimal hängte er ein großes Plakat mit unflätigen Sprüchen ans Garagentor seiner Gattin.

Im Streit um die Rechnung griff der Senior einen Troisdorfer Fahrradmonteur an

Weihnachten war er ihr bis zur Wohnanschrift des Sohnes gefolgt, hatte sie auf der Straße angespuckt und gegen die Schulter geschlagen. „Nur mit dem Finger gepiekst“, verteidigte er sich. Trotz einer Gefährderansprache durch die Polizei setzte der offenbar stark Gekränkte seinen Feldzug noch zwei Monate fort.  

Der gelernte Kfz-Schlosser, der später im Baugewerbe tätig war und bis zu seiner Frührente im Alter von 50 Jahren bei der Berufsfeuerwehr, stand nicht zum ersten Mal vor dem Amtsgericht. Grund war ein Streit in einer Troisdorfer Fahrradwerkstatt. Der Senior wollte 15 Euro für eine erfolgte Reparatur zurückhaben, als sich der Monteur weigerte, wollte der Angeklagte mit mehreren Schlössern und Sätteln das Weite suchen, schubste den Mann zu Boden und trat nach ihm.

Im Fußball wird gespuckt und in der Politik. Gehen die auch für fünf Monate in den Knast?
Angeklagter (72) vor dem Siegburger Amtsgericht

Wegen räuberischen Diebstahls und Körperverletzung wurde er im Dezember 2023 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Einige der Taten, für die er nun vor Gericht stand, hatte er vor dem Urteilsspruch verübt, andere kurze Zeit später.   

Die Staatsanwältin forderte für den Bewährungsversager deshalb eine Haftstrafe von fünf Monaten. Er habe sich die Verurteilung nicht zur Warnung dienen lassen, seine Sozialprognose sei negativ, weitere Straftaten seien zu erwarten.

Der Angeklagte reagierte in seinem letzten Wort empört: „Das ist ein starkes Stück, einen 72-Jährigen in den Knast zu schicken. Im Fußball wird gespuckt, und auch die Politiker spucken sich an; gehen die auch fünf Monate in den Knast?“

Richter Bluhm verhängte eine mildere Strafe, 7200 Euro muss der Senior zahlen (120 Tagessätze à 60 Euro); er bezieht monatlich 2000 Euro Rente. „Das war haarscharf“, sagte Bluhm. „Bei Ihnen scheint überhaupt nichts anzukommen.“ Durch die ältere Bewährungsstrafe stehe der Angeklagte nach wie vor mit einem Bein im Knast. „Sie sollten die Füße still halten.“

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