Dürre macht die Nahrung knappTroisdorferin päppelt verwaiste Baby-Eichhörnchen auf
- Die Kleinen sind aus dem Nest gefallen oder wurden von Krähen attackiert.
- 40 Tiere hat Bianca Siebertz allein in diesem Jahr schon bei sich aufgenommen, „und die Saison ist noch nicht annähernd beendet“.
- Das Ziel: Die Nager nach einigen Wochen wieder an ein Leben in Freiheit gewöhnen.
Troisdorf – Die 16-Jährige wohnt noch zu Hause, die ältere Tochter ist bereits ausgezogen. Und doch teilt Bianca Siebertz seit dem vergangenen Jahr ihre Wohnung in Sieglar wieder mit Flaschenkindern: Verwaisten Eichhörnchen nämlich, denen sie beim Start ins Leben hilft.
Sie sind aus dem Nest gefallen, wurden von Krähen attackiert, oder der gesamte Kobel, das Nest, wurde mit einem Baum gefällt. 40 kleine Nager hat Bianca Siebertz allein in diesem Jahr schon bei sich aufgenommen, aktuell sind es 18; „und die Saison ist noch nicht annähernd beendet“.
Ende Januar wurden die ersten Tiere zu ihr gebracht, bis Mitte Oktober wird sie Waisenkinder annehmen, um sie noch vor dem Winter auszuwildern. Denn das ist das erklärte Ziel: die Tiere nach einigen Wochen wieder an ein Leben in Freiheit zu gewöhnen. „Es sind und bleiben Wildtiere“, betont Bianca Siebertz, die vor zwei Jahren den „Freundeskreis Eichhörnchen“ als gemeinnützigen Verein gründete. Die Frage: „Können wir mal gucken kommen?“ beantwortet sie daher stets mit einem kategorischen Nein.
Acht bis zehn Wochen verbringen die Hörnchen bis zum Umzug in die Auswilderungsvoliere durchschnittlich bei der Krankenschwester. Alle haben Namen, Tag und Nacht füttert die 47-Jährige die oft nur 30 Gramm leichten Winzlinge alle zweieinhalb Stunden mit einer Spezialmilch. Sind sie kräftiger, werden die Intervalle länger, „dann gönnt man sich mal vier Stunden Schlaf“, während die Hörnchen Nüsse oder Gemüse knabbern. Ein Glück, dass die Tochter, die Mutter und der Lebensgefährte Siebertz’ Leidenschaft tatkräftig unterstützen. Schließlich ist die Krankenschwester auch berufstätig, allerdings nur in Tagdiensten.
Erst mit 15 Wochen regt sich bei den Eichhörnchen, die geschickte Kletterer sind, der Instinkt, selbst ein Nest zu bauen. Vorher „wüssten sie gar nicht, wohin“. Rechtzeitig bringt Bianca Siebertz ihre Pfleglinge in die Auswilderungsvoliere im Spicher Wald. Drei auf vier Meter groß ist das Refugium, das den Hörnchen ein Kommen und Gehen ganz nach Wunsch ermöglicht, ehe sie sich selbstständig machen.
Das ganze Jahr über fährt die Hörnchenschützerin täglich nach Spich, bringt Futter und Wasser zu den Tieren. Denn deren Lage ist dramatisch. „Im Moment ist leider kaum was an Futter da draußen“; schon im vergangenen Jahr gab es kaum Pilze, waren Nüsse innen hohl oder schwarz, wurden die Fichten wegen des Borkenkäfers abgeholzt.
Und so wurden in diesem Jahr auch viele erwachsene Hörnchen zu Siebertz und ihren Mitstreitern in anderen Stationen gebracht, die statt mehr als 300 Gramm weniger als 80 Gramm wogen. „Die sind uns teilweise unter der Hand weggestorben.“
Dabei mangelt es in Sieglar nicht an Futter: Teure Spezialmilch – der Eimer zu 68 Euro reicht für zweieinhalb Wochen – gibt es für die Babys, jährlich verfüttert Familie Siebertz allein 150 Kilo ungeschälte Nüsse an die etwas älteren Tiere. Geschälte Nüsse gibt es für die Kleineren, zudem Zwieback, Sonnenblumenkerne oder Zirbelnüsse.
Gesamtkosten für ein Jahr? Zwischen 3500 und 4000 Euro etwa, wenn man den Tierarzt und Medikamente hinzurechnet. Dringend ist angesichts solcher Kosten der Verein auf Geld- oder Sachspenden angewiesen. In einem schmerzlichen Rückgang mache sich derzeit die Coronapandemie auch im Einsatz für die Eichhörnchen bemerkbar, sagt Bianca Siebertz.
Ein Eichhörnchenbaby, das hilflos, unterkühlt oder möglicherweise auch verletzt am Boden liegt, das, so betont Bianca Siebertz, „nimmt die Mutter nicht zurück“. Hier ist Hilfe nötig, „wichtig ist, dass man sie wärmt“. Geeignet ist dafür zum Beispiel ein Karton, den man mit einem Handtuch auskleidet.
Kleine Nager, die auf Spaziergänger zulaufen, suchen Hilfe
„Eichhörnchen haben keine Tollwut“, stellt die Expertin klar: Kleine Nager, die auf Spaziergänger zulaufen, vielleicht sogar am Bein hochklettern, sind nicht gefährlich, sondern suchen Hilfe.
Mehr als 420 Tiere haben die Hörnchenschützer in den vier Stationen und fünf Pflegestellen der Region im vergangenen Jahr aufgepäppelt. Auf keinen Fall solle man versuchen, die Tiere allein aufzuziehen, betont Siebertz: „Das geht schief.“ Unter anderem vertragen Eichhörnchenbabys keine Kuhmilch. Zudem brauchen sie gleichaltrige Gesellschaft. Damit das gelingt, tauschen die Stationen auch Pflegekinder aus. Kontakt zum Freundeskreis, der neue Mitglieder und Pflegestellen sucht, gibt es per E-Mail.