ProzessGeflecht aus Scheinfirmen aufgeflogen – Troisdorfer Unternehmer muss ins Gefängnis

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Der Eingang des Bonner Landgerichts.

Der heute 63-Jährige aus Troisdorf landete auf der Anklagebank der Wirtschaftsstrafkammer. (Symbolbild)

Das Gericht summierte die zwischen 2017 und 2019 in diesem „hochkriminellen System“ erzielten Umsätze auf 4,2 Millionen Euro.

Ein Unternehmer aus Troisdorf hatte sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet, hatte ohne Berufsabschluss eine eigene Firma gegründet und in den 90er Jahren richtig gutes Geld mit dem Handel von Autos und Autoglas verdient. Doch irgendwann gab es einen finanziellen Absturz, aus den ehrbaren Geschäften wurden zunächst unseriöse und dann ungesetzliche. Die Steuerfahndung rückte an, die Staatsanwaltschaft ermittelte und erwirkte einen Haftbefehl gegen ihn. Am Ende landete der heute 63-Jährige auf der Anklagebank einer Wirtschaftsstrafkammer des Bonner Landgerichts. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung. Mitangeklagt wegen Beihilfe: sein 38-jähriger Sohn.

Als das Geld nicht mehr so üppig floss, hatte der Vater nach den Feststellungen der Anklage und seinem eigenen Geständnis 2009/10 begonnen, zunächst Familienmitglieder, dann Freunde einzuspannen, um Scheinfirmen für den Autohandel und Verkauf von Autoglas zu gründen und damit an Kredite zu kommen. Das flog auf, die Verwandten gerieten ins Visier des Finanzamts und stiegen daher schnell aus.

2000 bis 3000 Euro bekamen die Alias-Chefs für ihre Pro-Forma-Tätigkeiten

Der Seniorchef nutzte nun die Kontakte eines Bekannten nach Spanien und holte mit dessen Hilfe von der iberischen Halbinsel Scheinunternehmer nach Deutschland, wo sie ein Gewerbe anmeldeten und Konten eröffneten. 2000 bis 3000 Euro bekamen die Alias-Chefs für ihre Pro-Forma-Tätigkeiten sowie Kost und Logis, bevor sie nach wenigen Wochen wieder verschwanden und damit für die deutschen Finanzbehörden nicht mehr greifbar waren. Gegen den Bekannten laufen inzwischen ebenfalls Ermittlungen.

Egal, wo die Firma gemeldet war, die Zentrale saß in Troisdorf auf einem Grundstück, das samt Gebäude offiziell dem Sohn des 63-Jährigen gehörte und das er dem Vater mietfrei überlassen hatte. Hier im Büro arbeiteten neben ihm und dem Boss bis zu vier Angestellte, die auch einen Showroom für die angeblich vertriebenen Produkte betreuten. Ob die Mitarbeiter ahnten, dass sie für ein Geflecht aus Scheinfirmen tätig waren, ist nicht bekannt.

Gericht summiert Umsätze auf 4,2 Millionen Euro

Denn nur einer behielt die Fäden in der Hand und hatte Kontovollmachten, das war der Seniorchef. Sein Sohn fungierte als mitwissender Vollziehungsgehilfe, unterschrieb Scheinverträge, profitierte aber von den vorgespiegelten Handelsgeschäften, die unter der Regie des Vaters zwischen den nur auf dem Papier bestehenden Unternehmen abgewickelt wurden.

Das Gericht summierte die zwischen 2017 und 2019 in diesem „hochkriminellen System“ erzielten Umsätze auf 4,2 Millionen Euro und kam so auf Steuerhinterziehungen in 20 Fällen in Höhe von knapp 600 000 Euro. Dafür muss der Vater mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten büßen, von denen zwei Monate wegen der langen Verfahrensdauer als verbüßt gelten.

Der 38-Jährige erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten; acht Wochen gelten ebenfalls als verbüßt. Rund 600.000 Euro werden als Taterträge von der Staatskasse eingezogen. Die beiden Angeklagten haben ein volles Geständnis abgelegt und Wiedergutmachung versprochen.

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