Nachmittags arbeitete der Mann schwarz bei einer Großbäckerei und stellte sogar Lohnkräfte dafür an.
ProzessPutzmann aus Troisdorf hinterzieht 2,2 Millionen Euro an Steuern und Sozialabgaben
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Der Eingang des Bonner Landgerichts.
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Weil er jahrelang Sozialabgaben und Steuern nicht bezahlt hatte, wurde ein 64-jähriger ehemaliger Unternehmer aus Troisdorf am Mittwoch von einer Wirtschaftskammer des Bonner Landgerichts zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren Haft verurteilt. Das Gericht geht davon aus, dass der Angeklagte rund 2,2 Millionen Euro hinterzogen hat.
Der gebürtige Rumäne, ein gelernter Bauarbeiter, war 2002 mit seiner Frau nach Deutschland gekommen, um hier Geld zu verdienen. In Troisdorf fand er einen Job als Putzmann in einer Reinigungsfirma, säuberte vormittags für regulären Lohn in einem Industrieunternehmen und nachmittags in einer Großbäckerei, die ihn bar bezahlte; das Gericht wertete das als Schwarzarbeit.
Sozialabgaben für die Mitarbeiter seiner GbR entrichtete der Angeklagte nicht
Da der Angeklagte sich in dem Backbetrieb geschickt anstellte, soll er gebeten worden sein, in seiner Heimat Landsleute anzuheuern, weil man weitere Helfer für Putz-, aber auch für Botendienste brauche. Auf Anraten seines Steuerberaters meldete der Rumäne deswegen 2008 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bei der Stadt Troisdorf an, die Geschäfte führten seine Ehefrau und sein Schwager, während er zunächst weiterhin bei der ersten Reinigungsfirma in Lohn und Brot stand. Die rumänischen Hilfskräfte bekamen 200 Euro an Reisegeld und wohnten in einer Unterkunft, die ihnen die Bäckerei besorgte. Der Landsmann zahlte ihnen acht Euro pro Stunde, stellte dem Auftraggeber aber zwölf bis 13 Euro in Rechnung.
Im Jahr 2010 gab der Angeklagte seinen Job in der Reinigungsfirma auf und trat Vollzeit als Geschäftsführer in die GbR ein: „Er war der Chef“, sagte die Vorsitzende Richterin, gewann neue Kunden, unter anderem eine weitere Großbäckerei und einen Betrieb, für den er als Subunternehmer Kitas reinigte. Seine Landsleute beschäftigte er nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als selbstständige Fremdleister, tatsächlich sollen sie aber Arbeitnehmer seiner GbR gewesen sein, für die er Sozialabgaben entrichten musste. 3,3 Millionen Euro soll er der Sozialkasse schuldig geblieben sein, hatte die Anklage errechnet.
Das Gericht nahm dem 64-Jährigen ab, dass er seine Leute fest anstellen wollte, es aber nicht gekonnt habe, weil die Großbäckerei nicht bereit gewesen sei, mehr als zwölf Euro pro Stunde zu entrichten. Die Buchhalterin soll zwar ein Erbarmen gehabt und ihm unter der Hand 14 Euro geboten haben, wenn er 2000 Stunden arbeiten könne – ohne Rechnung. Das ging zwei Jahre gut, dann aber wollte die Geschäftsführerin des Backbetriebs doch Belege sehen, die er nicht einreichen konnte. Als der GbR-Chef sich im Dezember 2017 mit seinem Steuerberater über die Notlage beriet, erschien plötzlich ein Abgesandter der Bäckerfamilie in dessen Büro und legte 480.000 Euro in bar auf den Tisch; möglicherweise jahrelang vorenthaltenes Geld. Das war die Rettung für den Rumänen, denn von diesem unverhofften Betrag konnte er 125.000 Euro an Steuerschulden ans Finanzamt Siegburg überweisen.
Heute arbeitet der Angeklagte als Fernfahrer und verdient 1300 Euro im Monat
Die Wirtschaftsstrafkammer, vor der sich zuletzt ein hart gesottener Angeklagter aus dem Umfeld des Cum-Ex-Steuerskandals verantworten musste, zeigte Gnade mit dem 64-Jährigen, zumal er voll geständig war. Die Richter wiesen ihm 39 Fälle nach, in denen er zwischen 2015 und 2018 Sozialabgaben über 1,8 Millionen Euro veruntreut hatte, sowie zwei Fälle der Steuerhinterziehung in 2015/16 über 270.000 Euro.
Der Angeklagte, der heute 1300 Euro im Monat als Fernfahrer verdient, kam mit zwei Jahren auf Bewährung davon und muss 5000 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Gegen seine mittlerweile von ihm geschiedene Ehefrau wird gesondert ermittelt.