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Bis zu 60 Grad unter der RüstungTomburg-Ritter schlugen ihr Lager in Rheinbach auf

Lesezeit 4 Minuten
Ritter Wormersdorf

Endlich wieder Ritterlager: Die Knappen halfen beim Anlegen der Rüstungen.

Rheinbach – Petrus meinte es fast zu gut mit den Tomburg-Rittern, denn beim „Ritterschlag“ stand die Sonne als unbesiegbarer Widersacher über dem Turnierplatz. Wenn schon den Menschen des 21. Jahrhunderts in klimaoptimierten Funktionsbekleidung bei 35 Grad der Schweiß in Strömen läuft – wie heiß muss es dann erst unter einer 25 Kilogramm schweren Ritterrüstung samt Steppwams und Unterkleid sein? Bis zu 60 Grad wurden unter dem Plattenpanzer gemessen, weshalb die etwa zwei Dutzend edlen Ritter es auch vorzogen, ihre Rüstung die meiste Zeit auf einem Holzgestell vor ihren Zelten aufzubauen zu präsentieren. Doch am Nachmittag mussten sie allesamt doch noch einmal das schwere Eisen anlegen, was trotz tatkräftiger Hilfe von Knappe oder Ehefrau schon mal eine halbe Stunde dauern konnte Galt es doch, eine holde Maid gegen böse Raubritter zu verteidigen.

18. Auflage des Treffens

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause hatten die Tomburg-Ritter im 20. Jahr ihres Bestehens ein halbes Dutzend befreundete Ritterorden zur 18. Auflage des weithin bekannten mittelalterlichen Zeltlagers gebeten. Auf der Wiese etwas unterhalb des früheren Lagerplatzes kann nämlich nicht jeder Mittelalterfan einfach seine Zelte aufschlagen. Nur wer offiziell von der Ritterschaft und ihrer Vorsitzenden Anna Sann ein Einladungsschreiben erhält, bekommt einen Platz zugewiesen.

So waren insgesamt 28 Zelte unterschiedlicher Größe in Sichtweite der historischen Burgruine Tomburg aufgebaut. Neben den Gastgebern verwandelten die „Freien Ritter zu Köln“, die Bruchsaler Ritterschaft „Libera Caterva“ (deutsch: freier Haufen), der mittelalterliche Söldner- und Raubritterhaufen „Anam Cara Corvi“ (deutsch: die Seelengefährten des Raben) aus Leverkusen sowie die fünf Bauchtänzerinnen der Gruppe „Fantasia Orientica“ vom Stamme „Sarafi“ das Gelände in ein stimmungsvolles Heerlager.

Spektakel für die ganze Familie

Mit vereinten Kräften boten die Mittelalterfreunde einmal mehr eine perfekte Veranstaltung für die ganze Familie, auch wenn es diesmal keinen Ritterschlag gab, da die Knappen r angesichts der Einschränkungen der vergangenen beiden Jahre keine Gelegenheit gehabt hatten, ihre Tugenden unter Beweis zu stellen. Dennoch hatte das Publikum erneut die Gelegenheit, ein nach historischen Vorbildern choreographiertes Schauspiel mitzuverfolgen, wobei vor allem die Kinder in der ersten Reihe saßen.

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Für die Musik sorgte mit „Porcae Pellere“ eine Gruppe aus Sinzig.

Der erfahrene „Ritter vom Kottenforst“ (Wolfgang Meincke) führte in das Geschehen ein und erläuterte mit viel Humor und Augenzwinkern die historischen Hintergründe dessen, was nun dargeboten wurde. Wie es damals üblich war, trafen auch hier die Guten auf böse Raubritter. Einst – so das Geschichtchen – war die Tomburg von einer gesetzeslosen Horde bewohnt, die das Umland in Angst und Schrecken versetzte sowie vorbeikommende Reisende und Händler ausnahm. Die Bande hatte es sich mit ihrer Anführerin „Anne von der Drachenlilie“ (Anne Sann) gerade in einer Taverne gemütlich gemacht und ein wüstes Gelage begonnen, als eine rechtschaffene Frau aus dem Geschlecht der früheren Burgherren in Begleitung eines Mönches herbeieilte, um ihr Erbe zu beanspruchen: „Mein Vater hat mir die Tomburg vermacht.“

Raubritter verhöhnen die Erbin

Schnell entspann sich ein Disput, die Raubritter verhöhnten und verlachten die Erbin, entrissen ihr schließlich die Urkunde über ihr Besitzrecht und zerstörten diese. Doch nicht weit entfernt saßen einige Ritter beim Festmahl zusammen und wurden von der gedemütigten Erbin um Unterstützung gebeten: Sie sollen für ihr Recht streiten. Da jedoch keine gütliche Einigung mit dem Raubritter-Gesindel erzielt werden konnte, musste ein Gottesurteil die Sache klären, wie es im Mittelalter durchaus üblich war. In einem Kampf Mann gegen Mann, Gut gegen Böse und Tugend gegen Laster behielt schließlich das Gute die Oberhand. Die Raubritter mussten geschlagen das Feld räumen, und die Erbin konnte endlich die Burg in Besitz nehmen. Das kräftige „Handgeklapper“ des Publikums belohnten das farbenfrohe und stellenweise an einen Film erinnernde Schauspiel.

Für die Unterhaltung sorgten außerdem Spielleute der „Porcae Pellere“ (deutsch: Schweine vertreiben), Fahnenschwenker „Erik von Flammersfeld“ sowie die Bauchtänzerinnen und Wahrsagerinnen von „Fantasia Orientica“.

Die Kinder konnten sich in den verschiedensten Exerzitien beweisen, um anschließend zum „Burgfräulein“ oder zum „Kinderritter“ erhoben zu werden. Besiegelt wurde dies mit einer hübschen Urkunde und dem Gruß: „Niedergekniet als Knappe, aufgestanden als Kinderritter.“ Die frischgebackenen Nachwuchsrecken besorgten Holzschwerter, -schilde und -streitäxte, damit sie bestens ausgerüstet das nächste Jahr voller Abenteuer und Gefahren überstehen können.

Auch an die Mädchen wurde gedacht, denn sie können mit ihrem Burgfräulein-Spitzhut künftig ihren edlen Ritter auf dem weißen Pferd gebührend begrüßen.