Schulabschluss in der UkraineIm roten Kleid in einer zerbombten Schule
Es sind beeindruckende Bilder, die betroffen machen und das Grauen des Krieges verdeutlichen: Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine haben in den vergangenen Tagen ihre Abschlussfotos in sozialen Medien veröffentlicht. Fotos, die ganz anders aussehen als die Aufnahmen aus den Jahren zuvor. Denn ihre Schulen gibt es zum großen Teilen nicht mehr, die jungen Menschen stehen stattdessen in Häuserruinen, andere auf einem zerstörten Panzer. Und ganz besonders das Foto einer blonden Jugendlichen in einem roten Kleid wird tausendfach geteilt und kommentiert.
Es zeigt Valerie aus der Stadt Charkiw im Osten der Ukraine, sie steht in den Trümmern ihrer ehemaligen Schule. Sie habe das rote Kleid am 22. Februar gekauft, zwei Tage vor Beginn des russischen Angriffskrieges und fünf Tage bevor Bomben ihre Schule zerstörten, sagte Valeries in Kanada lebende Tante Anna dem Nachrichtenportal „Saltwire“.
„Alle haben ein gebrochenes Herz“
„Ich finde das Bild so ausdrucksstark, weil es all die Schulabgänger in der Ukraine repräsentiert“, sagte Anna. „Alle haben ein gebrochenes Herz.“ Vier Generationen der Familie – Valerie, ihr Vater, ihr Großvater und ihre Urgroßmutter – seien in dieselbe Schule gegangen, die den Zweiten Weltkrieg überstanden habe, nur um jetzt von russischen Bomben zerstört worden zu sein.
Bei der Rückkehr zu ihrer zerstörten Schule habe sie einen „unglaublichen Schmerz“ verspürt, da die Zeit dort die besten Jahre ihres Lebens gewesen seien, sagte Valerie in einer E-Mail gegenüber „Saltwire“. „Ich habe dort elf Jahre verbracht. Als ich mir die Schule ansah, wollte ich weinen.“
Zusammen mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern drehte Valerie auch ein Video, das sie tanzend vor und in der zerstörten Schule zeigt – es sind surreale Bilder.
Schulabsolventen in der Ukraine auf einem zerstörten Panzer
Doch nicht nur das Foto von Valerie bekommt viel Aufmerksamkeit, auch andere ukrainische Schulabsolventinnen und Schulabsolventen posteten in den vergangenen Tagen ganz besondere Abschlussfotos in sozialen Medien. Eine Aufnahme etwa soll Jugendliche in einer Hochhausruine in der Großstadt Tschernihiw zeigen, sie stehen in verschiedenen Stockwerken des Gebäudes, von dem die komplette Außenfassade fehlt.
Eine weitere Aufnahme, offenbar ebenfalls in Tschernihiw entstanden, zeigt Jugendliche, die Schärpen tragen, auf einem zerstörten Panzer.
Diese und weitere Fotos teilte auch die ukrainische Politikerin Lesia Vasylenko am Wochenende bei Twitter. „Ukrainische Highschool-Abschlussfotos von 2022. Kinder, die sich von ihren Schulen verabschieden, ist dieses Jahr keine bloße Redewendung. Nach der Invasion von Russland gibt es keine Schulen mehr“, schrieb sie dazu. (RND/seb)