AboAbonnieren

KommentarTrump missbraucht Corona als Mittel für seine Abschottungspolitik

Lesezeit 2 Minuten
Trump Coronavirus Rede

Donald Trump bei seiner Rede zur Lage der Nation

Zunächst die gute Nachricht: Der Präsident der USA nimmt die Coronaepidemie endlich ernst. Wochenlang verbreitete Donald Trump Lügen über das Virus: Es sei nichts weiter als eine gewöhnliche Grippe, ein Gegenmittel sei demnächst gefunden, die Zahl der Infizierten ginge auch bald runter.

Alles falsch. Jetzt betrachtet Trump die Ausbreitung des Coronavirus als das, was sie ist: eine Gefahr für Leib und Leben seiner Bürger. Die schlechte Nachricht ist: Aus der richtigen Erkenntnis zieht Trump den falschen Schluss.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das Virus ist längst in den USA. 37 Menschen sind daran bereits gestorben. Gewiss sollten die Sicherheitsbehörden an Flughäfen und Grenzübergängen Fiebermessungen vornehmen und dafür sorgen, dass sich Betroffene in Quarantäne begeben. Aber Einreiseverbote für Chinesen und EU-Bürger werden die Verbreitung des Virus innerhalb der USA nicht aufhalten.

Eine Mauer im Atlantik

Darum ging es Trump auch nicht, als er am Mittwochabend vom Oval Office aus eine Mauer im Atlantik hochzog. Sonst hätte er ja nicht Großbritannien ausgenommen, wo bereits acht Menschen am Virus starben.

Der neuartige Erreger dient Trump als Beschleuniger seiner Abgrenzungs- und Abschottungspolitik. Corona – von Trump in rassistischem Unterton als “ausländisches Virus” bezeichnet – ist der willkommene Vorwand für eine weitere Verschärfung der US-Einwanderungs- sowie der Handelspolitik. Es ist das langersehnte Instrument, mit dem der Isolationist Trump die Entflechtung seines Staates aus der globalisierten Welt brachial angehen kann. Ein Rückzug, bei dem Trump kein Wort der Solidarität etwa mit Italienern über die Lippen kriegt. Stattdessen erklärt er Europäer zu Sündenböcken und behauptet eine angebliche Überlegenheit der USA.

Corona legt die Schwächen des US-Gesundheitssystems offen

Aber nationalistische Propaganda hilft den Amerikanern jetzt nicht weiter. Die Coronakrise legt die großen Mängel des unsolidarischen US-Gesundheitssystems schonungslos offen. Coronatests sind immer noch nicht überall verfügbar. 30 Millionen US-Bürger leben ohne Krankenversicherung; ihr Weg zum Arzt führt über hohe finanzielle Hürden. Selbst Leute mit Krankenversicherung trauen sich oftmals nicht, krank zu Hause zu bleiben, weil sie Lohneinbußen oder gar die Kündigung fürchten müssen.

Für einen US-Präsidenten, der sich im Wahljahr als Krisenmanager beweisen will, gäbe es wahrlich viel zu tun. Erfolg versprechend wäre eine Strategie, die auf internationale Zusammenarbeit setzt – schließlich ist die Bedrohung global. Doch dazu ist Trump nicht imstande – das ebenfalls weltweit grassierende Virus des Nationalismus hält ihn davon ab.