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„Ist das nicht erstaunlich?“Tonaufnahme über geheimen Angriffsplan könnte Trump vor Gericht teuer zu stehen kommen

Lesezeit 4 Minuten
Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump verlässt den Saal, nachdem er auf der Konferenz Faith and Freedom Road to Majority im Washington Hilton am 24. Juni 2023 in Washington, DC gesprochen hat.

Eine Tonaufnahme entkräftet sämtlliche Verteidigungsversuche des Ex-US-Präasidenten. Dieser Mitschnitt wird mutmaßlich zum neuen zentralen Beweismittel im Prozess.

Die Tonaufnahme widerlegt sämtliche Verteidigungsversuche von Donald Trump in der Dokumentenaffäre. Der Ex-Präsident hat ein hochbrisantes Pentagon-Papier zum Iran vor Gästen herumgezeigt und sich damit gebrüstet. Der Mitschnitt dürfte zum zentralen Beweismittel vor Gericht werden.

„Warten Sie mal einen Moment! Mal sehen...“, sagt eine allzu vertraute Stimme. Man hört das Rascheln von Papier und dann ein Geräusch, als würde ein Blatt hervorgezogen. „Das habe ich gerade gefunden“, sagt der Mann: „Ist das nicht erstaunlich? Das gibt mir komplett recht. Bloß ist es hochgeheim.“ Die Zuhörer lachen. „Geheim“, betont der Mann: „Das sind geheime Informationen. Schauen Sie, Schauen Sie sich das an!“

Aufnahme aus Trumps privatem Golfclub ist filmreif

Die Audio-Aufnahme, die Amerikas Fernsehzuschauern am Montagabend zur besten Sendezeit beim Fernsehkanal CNN vorgespielt wurde, könnte aus einem Spionagethriller stammen. Doch das Gespräch hat wirklich stattgefunden. Und die Hauptfigur ist kein geringerer als Donald Trump.

Im Juli 2021 saß der ehemalige US-Präsident in seinem privaten Golfclub in New Jersey mit zwei Gästen und zwei Mitarbeiterinnen zusammen. Die Ghostwriterin der Memoiren von Trumps ehemaligem Stabschef Mark Meadows und deren Verleger wollten mit dem Ober-Republikaner über einige Aspekte seiner Regierungszeit reden. Trumps Sprecherin Margo Martin nahm die Konversation routinemäßig auf, um die Korrektheit der Zitate überprüfen zu können.

Die entscheidenden zwei Minuten aus diesem Mitschnitt kann nun die ganze Welt hören. Sie stammen offenbar aus dem Beweismaterial, das Sonderermittler Jack Smith dem Gericht in Miami in der Dokumentenaffäre vorgelegt hat. Sie belegen, dass Trump hochgeheime Pläne für einen möglichen Angriff auf den Iran widerrechtlich nach dem Ende seiner Amtszeit mitgehen lassen und diese nicht befugten Personen gezeigt hat. Und sie widerlegen so ziemlich alle Verteidigungsversuche des Mannes, der 2024 erneut ins Weiße Haus einziehen will.

Trump spricht vom Vorhaben „die Geheimhaltung aufzuheben“

Zunächst hatte Trump alle Vorwürfe in der Affäre nämlich mit der Behauptung abgebügelt, er habe die Geheimhaltung aller Verschlusssachen, die er in Kisten auf sein Privatanwesen Mar-a-Lago und von dort teilweise zum Golfclub in Bedminster schaffen ließ, noch während seiner Amtszeit aufgehoben. Dann erklärte er vorige Woche in einem Interview mit dem Sender Fox, bei dem Treffen mit der Autorin und dem Verleger habe er nichts Brisantes vorgelegt: „Es gab kein Dokument“. Nur auf „Nachrichtenmeldungen, Magazin-Geschichten und Artikel“ habe er verwiesen.

Die Ton-Aufnahme entlarvt dies als Lüge. Trump redet mehrfach von einem Geheimpapier, das er in den Unterlagen gefunden habe, und erwägt sogar, es der Autorin mitzugeben. „Äh, ich denke, wir können möglicherweise....“, räsoniert er. „Ich weiß nicht“, wendet eine Mitarbeiterin ein: „Wir müssen sehen. Wir müssen versuchen...“. Trump führt den Gedanken zu Ende: „...die Geheimhaltung aufzuheben.“ „Ja“, bestätigt die Mitarbeiterin.

Mögliches Motiv für das Zurückhalten offengelegt

Dann folgt jene Passage, die in dem anstehenden Prozess, wo sich der Ex-Präsident wegen Spionage und Justizbehinderung verantworten muss, eine zentrale Rolle spielen dürfte. „Sehen Sie, als Präsident hätte ich die Geheimhaltung aufheben können“, erläutert Trump seinen Besuchern: „Jetzt kann ich das nicht. Aber das ist immer noch geheim.“ Offenbar war sich Trump der Illegalität seines Handelns bewusst. „Ja, jetzt haben wir ein Problem“, bestätigt die Mitarbeiterin.

Die Aufnahme legt auch ein mögliches Motiv für das Zurückhalten von teils streng geheimen Regierungsdokumenten offen: Im konkreten Fall wollte Trump offenbar nachweisen, dass er nichts mit möglichen Angriffsplänen auf den Iran zu tun habe. Vielmehr stamme die Idee von Generalstabschefs Mark Milley: „Sie haben mir das vorgelegt. Das ist off the record!“ „Wow!“ antwortet die Autorin. Trump wiederholt: „Das war nicht ich. Das war er!“ Dann zieht er das Dokument hervor.

Trump beschimpft Sonderermittler in gewohnter Manier als „geistesgestört“

Das Pentagon hat inzwischen klargestellt, dass es keinen konkreten Angriffsplan auf den Iran, sondern nur ein vor mehreren Jahren erstelltes militärisches Szenario gebe, wie dies üblicherweise erstellt werde. Es soll auch nicht von Milley stammen.

Trump reagierte auf die Veröffentlichung am Dienstag in gewohnter Weise: Er beschimpfte Sonderermittler Smith als „geistesgestörten Trump-Hasser“, wetterte über eine „Hexenjagd“ zur Ablenkung von angeblichen Verbrechen des Präsidenten Joe Biden und behauptete, als Präsident habe er jedes Recht, mit Verschlusssachen zu machen, was er wolle. Das sehen ernsthafte Juristen in den USA anders.

Die Authentizität der Ton-Aufnahme bestreitet der Ex-Präsident übrigens nicht. Das wäre auch schwierig, weil sie von seiner Pressesprecherin stammt. Spätestens nach dem letzten Satz hat man ohnehin keine Zweifel mehr, Trump im Original zu hören. Er lautet: „Hey, bring uns noch ein paar Cokes, bitte!“