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Eckart von Hirschhausen„Wir sind in einer verdammt bedrohlichen Lage“

Lesezeit 3 Minuten
Eckart von Hirschhausen

Eckart von Hirschhausen ist Fernsehmoderator, Mediziner und Kabarettist.

Schluss mit lustig: Der Medizin-Comedian, Bestseller-Autor und TV-Moderator Eckart von Hirschhausen will nicht mehr „der lustige Arzt“ sein, sondern geht in die Politik - mit seiner eigenen Stiftung will er Druck auf die Koalitions-Verhandlungen machen, für bessere Klima- und Gesundheitspolitik. Im RND-Interview erklärt er, warum die Erderwärmung auch eine Gesundheitskrise ist - und wie man Mehrheiten für Klimaschutz gewinnen kann. 

Herr von Hirschhausen, man kennt Sie als den Autor von launigen Medizin-Bestsellern wie „Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“ und als Moderator von TV-Shows wie „Frag doch mal die Maus“. Jetzt wenden sich an die Parteien, die in den Koalitionsverhandlungen stecken. Warum denn so ernst?

Von Hirschhausen: Mein Erweckungsmoment war, 2019 bei der Gründung der „Scientists For Future“ mitgewirkt zu haben. Einige Politiker sagten damals, dass „Fridays For Future“ die Politik den Profis überlassen sollte. Daraufhin unterschrieben binnen weniger Tage 28.000 Forscher und Wissenschaftlerinnen - echte Profis der Klimaforschung - ein Papier, das den Jugendlichen völlig Recht gab. Da dachte ich: „Ich will nicht mehr nur der lustige Arzt sein“. Gerade unsere Gesundheit wird ja vom Klimawandel bedroht. Wir müssen nicht das Klima retten, sondern uns! Als bekannte Figur im Gesundheitsmetier will ich diese Botschaft unterstreichen: Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise.

Dafür haben Sie Ihr Buch „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“ geschrieben und die Stiftung „Gesunde Erde - Gesunde Menschen“ gegründet, die sich nun mit einer Kampagne an die nächste Regierung wendet: „Nichts tun ist teuer.“ Was ist Ihre Forderung?

Wir müssen uns von den alten Klima-Erzählungen lösen: Wieviel Klimaschutz können wir uns leisten - oder der Wirtschaft zumuten? Müssen wir uns einschränken, um die Eisbären oder um Bangladesch zu retten? Damit haben wir nicht klargemacht, dass die Krise auch uns betrifft, schon jetzt. Diese Einsicht kam erst mit der Flutkatastrophe in diesem Sommer, bei der 200 Menschen starben und 30 Milliarden Euro Schaden entstanden. Aber schon im Sommer 2018 gab es 20.000 Hitzetote in Deutschland, allein baulich sind unsere Pflegeheime und Krankenhäuser dafür nicht gewappnet. Meine Botschaft an die Ampel ist also: Wir können uns nicht leisten, weiterhin nichts zu tun.

Aber hat die Bundestagswahl nicht gezeigt, dass der Wähler Angst vor Belastungen hat?

Als Arzt habe ich gelernt: Erst muss man die Diagnose stellen, dann über die Therapie sprechen. Die letzte Regierung hat es bei Corona geschafft, den Leuten zuerst klarzumachen, dass es ein echtes Problem gibt und dass deshalb auch unangenehme Schritte wie ein Lockdown nötig sind. Beim Klimawandel hat sie darin versagt. Deshalb fehlt den Mehrheiten in diesem Land das Gefühl, dass wir wirklich in einer verdammt bedrohlichen Lage sind.