Eurofighter im EinsatzRussisches Flugzeug nahe Rügen – „Putin spielt mit dem Feuer“
Rügen – Mehrere russische Militärflugzeuge über der Ostsee haben in den vergangenen Tagen Alarm ausgelöst. Wie nun bekannt wurde, rief am Wochenende ein russisches Aufklärungsflugzeug nahe Rügen die deutsche Luftwaffe auf den Plan. Zwei Eurofighter mussten das Flugzeug im internationalen Luftraum von Deutschland weg eskortieren.
Für den Militär-Experten Marcel Berni von der Militärakademie an der ETH Zürich sind diese Zwischenfälle im Luftraum „ein gefährliches Zündeln von Putin“, wie er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagte. Auf Rügen hatte es eine gemeinsame Übung von deutschen und niederländischen Soldaten gegeben. „Der Aufklärungsflug vor Rügen könnte der verzweifelte Versuch sein, an militärische Informationen zu gelangen“, so Berni.
„Ein Spiel mit dem Feuer“
Der Experte geht davon aus, dass die meisten Zwischenfälle mit russischen Militärmaschinen Ablenkungsmanöver und Provokationen seien. „Solche Flüge sind ein Spiel mit dem Feuer und sehr heikel, auch aus völkerrechtlicher Perspektive.“
Ulrich Kühn vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg beobachtet, dass diese Vorfälle im Ostseeraum seit der Annexion der Krim 2014 deutlich zugenommen haben. „Es gehört zur militärischen Realität, dass Russland die Grenzen im westlichen Luftraum austestet“, sagte er dem RND. Dies habe es bereits im Kalten Krieg gegeben.
Auch Dänemarks Luftraum betroffen
Wegen weiterer Militärflugzeuge hatte am Sonntag bereits Dänemark den russischen Botschafter ins Außenministerium einbestellt. Wie der dänische Außenminister Jeppe Kofod mitteilte, soll ein russisches Militärflugzeug in den dänischen Luftraum eingedrungen sein. Das Flugzeug vom Typ AN-30 habe auch den schwedischen Luftraum verletzt, hieß es.
Schwedische Kampfjets haben das Flugzeug fotografiert. Es soll nach Angaben der schwedischen Regierung über die Ostseeinsel Bornholm geflogen sein. Die Maschine wird vom russischen Militär bereits seit Jahren eingesetzt, um Luftbildaufnahmen zu machen. 1982 wurde mit Flugzeugen dieses Typs Afghanistan vollständig kartografiert.
Russland testet Luftverteidigung der Nato
Bereits Anfang März waren vier russische Kampfflugzeuge in den Luftraum über Schweden eingedrungen. Aus militärischer Sicht teste Russland mit diesen Flügen, wie gut die Luftverteidigung der Nato und anderer Länder vorbereitet ist, so Kühn.
„Wie schnell steigen die Kampfflieger auf“, sei zum Beispiel eine der wichtigen Fragen. Zudem sende Russland das politische Signal, sein Militär verfüge über die Mittel und traue sich in die Nähe der Nato. Immer wieder geht es um Muskelspiele: „Bei den Eskortierungsmanövern schwenken die Piloten oft ihre Flieger und zeigen ihre Waffen“, erklärte Rüstungsexperte Kühn.
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Dass in der Vergangenheit russische Kampfflieger dabei auch mit Atomraketen bestückt sein sollen, hält er jedoch für ein Gerücht. In vielen Fällen würde es sich auch um Attrappen handeln.
Hohes Eskalationspotential
Bisher ist es der Nato und Russland immer gelungen, dass solche Zwischenfälle nicht eskalieren. „Meine Befürchtung ist, dass einmal ein Pilot die Signale falsch interpretiert und ein solches Flugzeug versehentlich abgeschossen wird“, so Kühn. Dazu sei es bereits im Syrien-Krieg gekommen. Sollten sich dies jetzt wiederholen, könnte der Krieg weiter eskalieren.
Auch der Schweizer Militärstratege Berni betonte, es könne bei diesen Manövern leicht zu einem Zwischenfall kommen. „Aber ich gehe nicht davon aus, dass Putin den Konflikt mit dem Westen eskalieren will“, sagte er. Putin habe genug Probleme in der Ukraine und könne sich keine weitere Front leisten.
Im März hatten Russland und die USA einen Kommunikationskanal eingerichtet, um sich gegenseitig über Manöver in unmittelbarer Nähe zu informieren und Fehleinschätzungen zu vermeiden. Die USA operieren dabei vom United States European Command in Stuttgart, Russland aus dem Verteidigungsministerium in Moskau.