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Gegen Trump gestelltRepublikanerin Liz Cheney könnte ihren Parlamentssitz verlieren

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Wegen ihrer führenden Rolle im Untersuchungsausschuss zum Kapitolsturm muss Liz Cheney mit Morddrohungen leben. 

Washington – Morddrohungen gehören zu ihrem Alltag. Öffentliche Auftritte im Wahlkampf hatte sie deshalb nicht. Die Kampagne in ihrem Heimatstaat Wyoming bestritt Liz Cheney alleine mit Besuchen bei privaten Unterstützer-Treffen – sofern sie in Washington abkömmlich war. Als Vize-Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Kapitolsturm ist die 56-Jährige nämlich die wichtigste republikanische Gegenspielerin von Donald Trump.

Mit satten 62 Prozent der Stimmen hatten die Bürger des politisch konservativen Bundesstaats im Wilden Westen der USA die Tochter des einstigen Vizepräsidenten Dick Cheney vor sechs Jahre erstmals ins Repräsentantenhaus gewählt. Am Dienstag nun werden die Kandidaten für die Parlamentswahl im November gekürt. Überall an den Straßenrändern stehen Plakate mit dem Slogan „Ditch Liz!“ (Serviert Liz ab). Es wäre ein Wunder, wenn Cheney die Nominierung gewinnen würde.

Liz Cheney ließ sich ideologisch nichts zu Schulden kommen

Dabei hat sich die Frau aus dem alten republikanischen Hochadel, die einst die Ehe für alle kritisierte, obwohl ihre eigene Schwester in einer lesbischen Beziehung lebt, ideologisch nichts zu Schulden kommen lassen: Cheney kämpft für ein liberales Waffen- und ein rigides Abtreibungsrecht. Bei 93 Prozent der Abstimmungen während der Trump-Zeit stimmte sie mit dem damaligen Präsidenten. „Ich stehe zu konservativen Werten: schlanke Regierung, niedrige Steuern, starkes Militär“, stellte sie sich bei der einzigen Fernsehdebatte des Wahlkampfs im Juli vor.

Doch dann kam der Satz, den in Wyoming kaum jemand hören will: „Aber wir sind zu einem Personenkult geworden. Daran beteilige ich mich nicht“, schob Cheney nach. Ihr Bruch mit Donald Trump erfolgte Ende 2020, als der Ex-Präsident seine Wahlniederlage nicht anerkannte. Die damalige Fraktionsgeschäftsführerin der Republikaner stimmte für sein Impeachment. Das kostete sie das Amt, brachte ihr eine Rüge ein und machte sie in der Partei zur politischen Aussätzigen.

Anders als der bei dem Kapitolsturm vom 6. Januar 2021 beinahe getötete Ex-Vizepräsident Mike Pence, der sich bis heute nicht traut, den Anstifter des Mobs zu kritisieren, und unzählige andere republikanische Opportunisten steht Cheney nämlich für ihre Überzeugung: „Die Frage ist: Sind wir ein Land, in dem das Gesetz gilt? Trump ist eindeutig schuldig.“

Liz Cheney glaubt wohl selbst nicht mehr an einen Sieg bei den Vorwahlen

Zum Ende ihres Wahlkampfes ließ sie in einem Fernsehspot ihren bei den Linken wegen seiner Irakkrieg-Lügen verhassten, bei den Konservativen aber geachteten Vater Dick Cheney mit Cowboyhut auftreten. Der rechte Haudegen nannte Trump einen „Feigling“ und bezeichnete ihn als größte Gefahr „in der 246-jährigen Geschichte unserer Republik“.

Spätestens da war den meisten Beobachtern klar, dass Liz Cheney selbst nicht mehr an einen Sieg bei den Vorwahlen glaubt. „In einem Staat, den Trump vor zwei Jahren mit 70 Prozent der Stimmen gewonnen hat, hätte sie genauso gut die Rinderfarmer zur Umstellung auf vegane Ernährung auffordern können“, schrieb die New York Times. In den Umfragen dümpelt Cheney bei 29 Prozent. Ihre stärkste Konkurrentin und Trump-Anhängerin Harriet Hageman kommt auf knapp 55 Prozent. Sie verbreitet inbrünstig die Lüge von der gefälschten Wahl.

Mit gerade mal 600.000 Einwohnern ist Wyoming kaum das politische Epizentrum der USA. Doch der Rechtsruck der dortigen Republikaner und deren Unterwerfung unter Trump spiegelt die nationale Entwicklung. Von den zehn republikanischen Abgeordneten, die es im Januar 2021 wagten, für das Impeachment von Trump zu stimmen, haben nur zwei eine Chance, dem nächsten Parlament noch anzugehören. Vier verzichteten angesichts der innerparteilichen Machtverhältnisse gleich auf eine erneute Kandidatur. Drei unterlagen gegen Trump-treue Herausforderer bei den Vorwahlen. Cheney dürfte die vierte werden.

„Ich will nicht verlieren“, sagte die Abgeordnete in einem CNN-Interview: „Aber wenn die Verteidigung der Verfassung den Verlust des Mandats bedeutet, dann bin ich bereit, dieses Opfer zu bringen.“ Das Ende ihres Kampfes würde das wohl nicht bedeuten. „Cheney fährt eine Kamikaze-Kampagne“, analysierte das Magazin „The New Yorker“: „Sie könnte dabei ihre Parlamentskarriere beenden. Aber sie ist entschlossen, Trump ebenfalls zu zerstören.“

Mit ihrer ebenso couragierten wie nüchternen Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss hat Cheney längst bundesweite Beachtung und große Anerkennung außerhalb der Trump-Sekte gewonnen. Viele glauben, dass sie nun eine Präsidentschaftskandidatur erwägt. Diesen Eindruck gewann auch der Autor Mark Leibovich bei einem Gespräch mit der Kandidatin. Cheney werde für Jahre als „Ein-Frau-Abrissbirne gegen Trump“ und Stachel im Fleisch einer feigen Partei wirken, notierte der profilierte Porträt-Schreiber im Magazin „The Atlantic“.

Und ihre Pläne für 2024? „Sie sagt, es sei zu früh, über eine Präsidentschaftskandidatur zu sprechen“, berichtet Leibovich: „Aber ich glaube, Cheney wird antreten.“