Harter Lockdown, dann grüne Zonen?Forscher fordern No-Covid-Strategie
- Merkel und die Landesminister haben sich von Virologen und Datenkennern zu Strategien für die Eindämmung des Coronavirus bei auftretenden Mutationen beraten lassen. Diese fordern eine No-Covid-Zielsetzung.
- Lesen Sie hier die Hintergründe.
Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen fordern einen langfristigen Strategiewechsel in der Pandemiebekämpfung – und haben der Kanzlerin und den Ministern vor deren Beratungen ein Positionspapier vorgelegt. Ihre Vorschläge ähneln denen der Zero-Covid-Bewegung, die ebenfalls seit einigen Wochen statt einem Drücken der Fallzahlen auf 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner die konsequent zu haltende Null als politische Zielsetzung in ganz Europa fordert.
Die Strategie „NoCovid“ besteht einem Vorabdruck in der „Zeit“ zufolge aus drei Kernelementen: einem schnellen Absenken der Infektionszahlen in ganz Deutschland auf null; der Vermeidung des Wiedereintragens durch das Errichten sogenannter grüner Zonen – durch lokale Mobilitätskontrollen, Tests und Quarantänen; ein rigoroses Ausbruchsmanagement bei sporadischem Auftreten neuer Fälle. So sei eine weitestgehende Rückkehr zur Normalität möglich.
Zu den Verfassern gehören neben der Virologin Melanie Brinkmann und dem Physiker Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung auch Experten aus der Wirtschaftswissenschaft, Soziologie und Politikwissenschaft.
Um grüne Zonen zu etablieren, braucht es nach Ansicht der Forscher zunächst einen Lockdown bis zur Inzidenz von zehn, danach eine weitere Reduktion auf null. Der Lockdown im Frühjahr 2020 habe gezeigt, dass das funktionieren kann. „In Deutschland hatten wir im Sommer bereits eine Inzidenz von 2,5 erreicht“, heißt es im Papier.
Ein motivierendes Beispiel sei die australische Millionenmetropole Melbourne. Für die Reduktion von zehn auf null habe sie drei bis vier Wochen benötigt. Führende Experten Australiens und Neuseelands sind den Forschern zufolge bereit, ein interdisziplinäres Forscherteam und die deutsche Politik zu beraten. Die Modelle auch aus Finnland oder Taiwan könnten auf Deutschland und Europa übertragen werden. Auch große urbane Ballungsräume seien von Corona befreit worden. Für das Gelingen des Grüne-Zonen-Konzepts sei die Schließung der innereuropäischen Grenzen nicht zwingend notwendig, Reiseaktivitäten müssten aber auf das Nötigste beschränkt werden.
Um das Infektionsgeschehen auf dauerhaft niedrigem Niveau zu halten, seien wesentliche Elemente die Testung an strategischen Einrichtungen mit hohem Publikumsverkehr und die langsame Öffnung des öffentlichen Lebens nach klar definierten Schritten. Entscheidend sei zudem die schnelle, lokal begrenzte Wiedereinführung von Maßnahmen – sollte es zum Neuaufflammen des Infektionsgeschehens kommen.