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Kommentar

Machtwechsel bei der GDL
Ohne Weselsky würde es die Gewerkschaft wohl nicht mehr geben

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ARCHIV - 04.03.2024, Berlin: Claus Weselsky, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht bei einer Pressekonferenz zu bevorstehenden Streiks.

Claus Weselsky, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht bei einer Pressekonferenz zu bevorstehenden Streiks.

In zwei Punkten müssen sich die Bahnkunden bei dem neuen Chef der GDL auch in Zukunft nicht umstellen.

Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass Jan Böhmermann dem neuen Chef der Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) demnächst ein Lied widmet. Der mit 95 Prozent ins Amt gewählte Nachfolger von Deutschlands berühmt-berüchtigsten Gewerkschaftsführer Claus Weselsky heißt Mario Reiß. Er ist 58 Jahre alt und in Bahnkreisen ebenso gut vernetzt wie der weiteren Öffentlichkeit noch vollkommen unbekannt.

In zwei Punkten müssen sich die Bahnkunden auch in Zukunft nicht umstellen: Auch Reiß ist Sachse und spricht wie einer. Und Reiß kennt sich wie sein Vorgänger bestens in den Verästelungen des Tarifsystems aus und hat an Weselskys Seite einige Arbeitskämpfe mitgemacht.

Reiß hat an Weselskys Seite einige Arbeitskämpfe mitgemacht

„Auf! Auf! Kämpfe für alle, dann kämpfst Du für Dich! Mach‘s wie Claus Weselsky und kämpfe nie nicht!“ So reimt Fernseh-Satiriker Böhmermann in seinem Weselsky-Lied: Der frisch gewählte neue GDL-Ehrenvorsitzende ist ein großer Fan dieses Werks. Das bedeutet: Er weiß um seine Eitelkeit - und um seine Wirkung. Ohne Claus Weselsky würde es die GDL vermutlich nicht mehr geben. Der Konzern hat alles daran gesetzt, mit Hilfe des Tarifeinheitsgesetzes die Lokführer-Vertreter klein zu halten. Weselsky machte mangelnde Mitgliederzahl mit maximaler Provokation wett.

Inzwischen hält selbst der Chef der konkurrierenden Gewerkschaft EVG, Martin Burkert, das Gesetz für einen Fehler - und hofft auf eine gedeihlichere Zusammenarbeit mit Reiß: „Mobbing hilft nur dem Arbeitgeber“, sagte er der „Sächsischen Zeitung“, und: „Gemeinsam können wir viel erreichen.“

Die Bahn steckt in der schwersten Krise seit 30 Jahren. Der Konzernvorstand redet über massiven Stellenabbau. Sowohl Bahnchef Richard Lutz als auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sind schwer angeschlagen. Das Letzte, was Beschäftigte und Kunden jetzt brauchen, sind zerstrittene Personalvertretungen.