Kommentar zur Corona-PolitikNicht wieder auf Kosten der Kinder
Der Kontinent zelebriert gerade fröhlich eine Fußball-EM. In den Stadien sind die Menschen teils eng beieinander zu sehen, das Turnier bringt viele Reisen mit sich. Alle freuen sich auf einen Sommer, in dem sich wieder mehr Freiheiten leben lassen. Werden es am Ende ausgerechnet einmal mehr die Kinder und Jugendlichen sein, die den Preis dafür zahlen – durch weitere Einschränkungen im neuen Schuljahr?
Diese Gefahr ist real. Das hat einerseits damit zu tun, dass der Kampf gegen das Coronavirus einem Wettkampf ähnelt, in dem sich die Regeln immer wieder ändern. Deutschland konnte sich darauf freuen, durch Fortschreiten der Impfkampagne über den Sommer ein hohes Maß an Normalität im Herbst und im Winter zu gewinnen. Doch mittlerweile ist das Virus als hochansteckende Deltavariante auf dem Kontinent unterwegs.
Beide haben Recht
Die Kultusminister haben das Ziel ausgegeben, dass im gesamten kommenden Schuljahr weitgehend normaler Schulbetrieb herrschen soll: mit Präsenzunterricht für alle Klassen, Arbeitsgemeinschaften und Klassenfahrten. Gesundheitsminister Jens Spahn wiederum hat gesagt, dass Corona-Maßnahmen noch längere Zeit aufrechterhalten werden müssten. Er meinte damit nicht nur die Maskenpflicht, sondern auch die Option von Wechselunterricht.
Das Paradoxe ist: Beide haben Recht. Die Kultusminister mit dem Anliegen, dass normaler Schulbetrieb eine sehr hohe Priorität haben muss. Die Schülerinnen und Schüler haben psychisch viel aushalten müssen, weil sie im Distanzlernen ihre Mitschüler und Freunde kaum sehen konnten. Auch die Bildungsungerechtigkeit in Deutschland hat weiter zugenommen. Das alles ist bitter.
Jens Spahn wiederum hat Recht mit dem Hinweis, dass auch im kommenden Schuljahr Vorsichtsmaßnahmen notwendig sein werden. Dies kann vor dem Hintergrund der Entwicklung mit der Deltavariante tatsächlich dazu führen, dass etwa auch Wechselunterricht wieder notwendig sein könnte.
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Dieses Szenario ist alles andere als wünschenswert. Die Kultusminister sind aber in der Pflicht, es für den Fall der Fälle so gut wie möglich vorzubereiten. Das gilt umso mehr, als Studien jetzt zeigen, wie dürftig die Ergebnisse von Distanzunterricht bislang sind.
Die Politik muss jetzt dringend dafür sorgen, dass Jugendliche aus Risikogruppen möglichst schnell geimpft werden. Vor allem aber eines muss klar sein: So sehr sich alle über den Sommer und niedrige Inzidenzen freuen, es muss jetzt weiter so viel Vorsicht wie möglich herrschen. Sonst werden die Kinder und Jugendlichen im Herbst die Leidtragenden sein. Die Schüler-Generation Corona hatte es schon bis jetzt schwer genug. Daran müssen wir jetzt bei jeder Entscheidung denken.