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Kommentar zur ImpfstrategieViel Lärm um wenig Impfstoff

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Am Montag soll ein Impfgipfel stattfinden.

Berlin – Der für Montag geplante Impfgipfel wird keine zusätzliche Dosis in die immer noch recht leeren Impfzentren im Land bringen. Gefordert hatten ihn insbesondere die SPD-geführten Bundesländer, die in CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn den Schuldigen für den Mangel sehen und ihn dafür auch öffentlich zur Verantwortung ziehen wollen.

Das kann von schlecht organisierten Hotlines im eigenen Land ablenken. Spahn wiederum versucht sich der Rolle des Blitzableiters zu entziehen und setzt darauf, dass bei dem Treffen die Hersteller den aufgebrachten Länderchefs erklären, dass sich aktuell kein zusätzlicher Impfstoff herbeizaubern lässt.

Im besten Fall wird die Veranstaltung am Montag der Transparenz in Sachen Impfen dienen. Im schlechtesten Fall werden von diesem Gipfel erneut zu hohe Erwartungen ausgehen.

Aufgeheizte Stimmung zum Teil hausgemacht

Beim Thema Impfen ist es Zeit, ein wenig abzurüsten. Die Bundesregierung, insbesondere der Gesundheitsminister, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er mit dem hektischen Aufbau von 400 Impfzentren und einem medienwirksamen Auftritt zu Weihnachten mehr Hoffnung auf schnelle Impfungen geweckt hat, als auch ohne die ausbleibenden Lieferungen möglich gewesen wären. Ein Teil der aufgeheizten Stimmung über zu wenig Impfstoff ist also hausgemacht.

Wenn das Schlimmste in der Pandemie überstanden ist, wird man die Fehler dieser Wochen aufarbeiten müssen. Und man wird viele Versäumnisse finden. Eine ehrliche Bilanz ist notwendig, um politische Verantwortung zu verdeutlichen und um für die Zukunft zu lernen. Wahlloses verbales aufeinander Einschlagen hilft in der aktuellen Lage allerdings nicht weiter.

Kommunikation läuft schief

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind angesichts des vielen Lärms um wenig Impfstoff zutiefst verunsichert. Wenn bei den Menschen die Botschaft hängen bleibt, sie bekämen möglicherweise keine Impfung mehr und dass gar nichts funktioniere, dann läuft in der Kommunikation mehr schief als in der Realität. Daran kann keine Landesregierung Interesse haben - auch nicht in einem Superwahljahr.

Was sich auf europäischer Ebene zwischen dem Impfstoffhersteller Astrazeneca und der EU-Kommission abspielt, ist eine Farce. Die Veröffentlichung des Vertrags mit den vielen geschwärzten Stellen hat nur wenig zur Aufklärung beigetragen.

Impfungen brauchen Schub nach vorne

Trotz der vertraglichen Defizite mit Astrazeneca sowie den Lieferschwierigkeiten von Biontech und Moderna besteht die solide Aussicht, dass es bei den Impfungen im zweiten Quartal tatsächlich einen ordentlichen Schub nach vorne gibt. Und den braucht es auch. Denn sonst wird die Immunisierung der Bevölkerung gegen das Coronavirus zwei Jahre oder länger dauern.

Einen echten Sprung kann die Impfstoffproduktion machen, wenn Biontech seine neue Produktionsstätte in Hessen eröffnet, wenn der Unternehmer auch noch von Sanofi produzieren lässt, wenn CureVac eine Zulassung bekommt und eine Partnerschaft mit dem Pharmakonzern Bayer eingeht und möglicherweise auch noch Impfstoffe von Johnson & Johnson sowie Sputnik V für den europäischen Markt zur Verfügung stehen. Nicht alle diese Pläne werden aufgehen, einige aber schon.

Das Versprechen der Bundesregierung, dass bis zum 21. September alle, die es wünschen, ein Impfangebot erhalten, also tatsächlich zumindest den ersten Impftermin im Kalender stehen haben, ist erreichbar. Eine Gewissheit gibt es dafür allerdings nicht.

Die kommenden Wochen werden wahrscheinlich die schwierigsten dieser Pandemie. Die Zahlen sinken, dennoch wird der Lockdown voraussichtlich verlängert werden müssen, um die Menschen vor dem mutierten Virus zu schützen. Zugleich geht den Händlern die Luft aus, und in den Schulen wachsen die Lernstoff-Defizite. Diese Phase der Pandemie wird zu einer sehr harten Geduldsprobe.