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Kommentar zur KlimakriseErschreckende Bilder aus New York – Die Natur braucht ein Friedensangebot

Lesezeit 3 Minuten
Die Freiheitsstatue ist in Dunst gehüllt. Der Rauch zahlreicher schwerer Waldbrände in Kanada hat Teile der US-Ostküste eingehüllt und in der Millionenmetropole New York für die schlechteste Luftqualität seit Jahrzehnten gesorgt.

Die Freiheitsstatue ist in Dunst gehüllt. Der Rauch zahlreicher schwerer Waldbrände in Kanada hat Teile der US-Ostküste eingehüllt und in der Millionenmetropole New York für die schlechteste Luftqualität seit Jahrzehnten gesorgt.

Aus dem Nordosten der USA erreichen uns beeindruckende wie beängstigende Bilder. Die Erde sendet uns immer mehr Alarmsignale.

António Guterres veröffentlichte am Mittwochabend im Kurznachrichtendienst Twitter ein Foto, das den UN-Generalsekretär anscheinend fassungslos aus einem Fenster im UN-Hauptquartier auf die von Rauch eingehüllte Skyline von Manhattan schauend zeigt. Er appelliert: „Angesichts des Anstiegs der globalen Temperaturen muss das Risiko von Waldbränden dringend gesenkt werden. Wir müssen Frieden mit der Natur schließen.“

Ist das der routinierte Alarmismus eines Politikers?

Sicher nicht. Denn die weltweite Waldbrandsaison kennt kaum noch Pausen. Allein in diesem Jahr brachen – auch im globalen Maßstab betrachtet – verheerende Feuer in Wäldern Kanadas, Chiles, Colorados oder Südfrankreichs aus. Nicht zu vergessen die 665 Hektar, die derzeit in Jüterbog, südlich von Berlin, in Flammen stehen.

Zwar ist laut Umweltorganisation WWF für weit mehr als 90 Prozent der Waldbrände der Mensch verantwortlich. Doch die Folgen von Brandstiftung oder Fahrlässigkeit haben durchaus etwas mit dem Klimawandel durch die weltweit ansteigenden Temperaturen, letztlich also auch wieder mit dem Handeln beziehungsweise der Passivität der Menschen zu tun. Die zunehmende Heftigkeit, mit der lokale Brände zu wahren Katastrophen werden, ist ein Zeichen dafür, wie sehr das Ökosystem inzwischen aus den Fugen geraten ist.

Waldbrände als Weckrufe der Erde

Temperatur, Niederschlag, Bodenfeuchtigkeit und Windstärke sind die bedeutendsten Faktoren für die Entstehung und den Verlauf von Waldbränden. Sie haben sich in vielen Regionen durch den Klimawandel so dramatisch verändert, dass sich die Feuergefahr in der Natur erheblich erhöht hat. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis Ende des 21. Jahrhunderts die Tiefebenen der USA, Brasiliens, Südeuropas, Mittelasiens und Südafrikas besonders betroffen sein werden. In Südeuropa kann demnach mit Waldbränden von Juni bis November gerechnet werden, im Südwesten der USA sogar ganzjährig. Die Hauptursachen: die Zunahme von Temperatur und die Abnahme von Niederschlägen.

Die Zahlen und Fakten sind in jedem Fall beängstigender als die Bilder des vernebelten New Yorks. Schon bis September vergangenen Jahres waren allein in Europa mehr als 750.000 Hektar Land verbrannt, 7500 Quadratkilometer – das ist ungefähr das Dreifache der Fläche Luxemburgs. Im Jahr zuvor waren bereits mehr als 5500 Quadratkilometer Fläche in der Europäischen Union verbrannt.

Dabei sind die deutschen Wälder auch ohne Brände in einem schlimmen Zustand. Zwischen 2018 und 2020 sind rund 400.000 Hektar Wald durch Trockenheit verloren gegangen, so die Waldzustandserhebung aus dem Jahr 2021. Das sind etwa 3 Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands, der sogenannten grünen Lunge, die den negativen Klimawandel durch Kohlendioxidaufnahme bremsen sollte.

Waldbrände befeuern sich selbst

Wenig erforscht ist, ob sich Waldbrände signifikant auf das Klima auswirken. Eine US-Studie beschreibt zwar, dass die verheerenden australischen Buschbrände 2019 und 2020, bei denen Dutzende Millionen Hektar Land verbrannten und Millionen Tonnen Rauch in die Atmosphäre aufstiegen, durch besondere Umstände letztlich das kühlende Wetterphänomen La Niña ausgelöst hat. Gemeinhin gilt aber, dass die von Feuern emittierten Treibhausgase die globale Erwärmung verstärken – sie befeuern sich quasi selbst.

Brände können also tatsächlich als Weckrufe der Erde verstanden werden, endlich Frieden mit der Natur zu schließen, wie António Guterres es formuliert.

Wir Menschen sollten uns daran erinnern lassen, dass der Klimawandel als Damoklesschwert über unseren Köpfen schwebt. Selbst wenn die vielen Krisen, die uns derzeit bewegen – vom Ukraine-Krieg bis zum Ampelstreit in Berlin –, einmal gelöst sind: Dem Klimawandel werden wir darüber hinaus etwas entgegensetzen müssen, nämlich kontinuierliche Friedensangebote an die Natur.