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Krieg in der Ukraine„Die Spendenbereitschaft ist weiter überwältigend”

Lesezeit 5 Minuten
Ukraine Lwiw Bahnhof

Menschen, die versuchen, aus der Ukraine zu fliehen, schlafen in einem überfüllten Bahnhof in Lwiw.

Seit mehr als drei Monaten herrscht in der Ukraine Krieg. Millionen Menschen sind auf der Flucht, haben ihr Zuhause verloren und sind auf humanitäre Hilfen angewiesen. Gerade in den ersten Wochen wurde viel gespendet. Wie sieht das heute aus? Hilfsorganisationen geben einen Einblick.

Am 24. Februar 2022 begann mit der Invasion russischer Truppen der Krieg in der Ukraine. Die Anteilnahme war weltweit groß - so auch in Deutschland. Zahlreiche Menschen wollten in den ersten ein bis zwei Monaten des Krieges Betroffene in den Regionen mit Geld- und Sachspenden unterstützen. Viele freiwillige Helferinnen und Helfer haben sich in Flüchtlingsunterkünften, beim Transport von Geflüchteten oder der Medikamentenversorgung in Kriegsgebieten engagiert. Wie sieht es heute mit der Hilfsbereitschaft aus?

„Einmalspenden sind die Regel“

„Die hohe Solidarität und Anteilnahme vieler Spenderinnen und Spender spiegelt sich in einer anhaltend hohen Spendenbereitschaft wider, wenngleich der größte Anteil der Spenden in den ersten beiden Wochen einging“ erklärt Mark Offermann, Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von „Aktion Deutschland Hilft“. Die Spendenbereitschaft sei mit einer Spendensumme von bisher 224 Millionen Euro für die Ukraine außergewöhnlich hoch gewesen.

Ein Spendenrückgang sei völlig normal. „Die meisten, die ihre Solidarität und ihr Mitgefühl mit den Menschen in der Ukraine zeigen wollen, haben bereits gespendet. Das Spendenbudget der Spender ist ja irgendwann ausgeschöpft. Einmalspenden sind die Regel“, erklärt Boris Kahlich, Leiter des Spenderservice bei „Aktion Deutschland Hilft“.

Auch bei der „Diakonie Katastrophenhilfe“ (DKH) sind die täglichen Spendeneingänge im Vergleich zu den ersten Wochen des Krieges zurückgegangen. „Das ist unserer Erfahrung nach allerdings normal und vergleichbar mit anderen Katastrophen“, erklärt auch Anne-Kathrin Hellmann von der DKH. „Die Spendenbereitschaft für die Betroffenen des Ukraine-Krieges ist weiterhin überwältigend, es gehen noch immer viele Spenden ein.“ In den vergangenen drei Monaten seien bereits 27,7 Millionen Euro für die DKH Ukraine Crisis Response bewilligt worden.

Caritas erhielt 59 Millionen Euro Spende

Auch bei der Caritas war die Spendenbereitschaft für die Menschen im Ukraine-Krieg sehr hoch. „Vor allem zu Beginn des Krieges waren die Spendeneingänge sehr hoch. Mittlerweile hat die Spendenbereitschaft nachgelassen - eine normale Entwicklung, die mit zunehmender Dauer der „Krise“ bei gleichzeitiger Abnahme des medialen Interesses regelmäßig zu beobachten ist“, betont Reiner Fritz von Caritas International. Insgesamt habe die Caritas Spenden in Höhe von 59 Millionen Euro erhalten. „Wir gehen davon aus, dass uns weiter Spenden für unsere Ukrainehilfe von Caritas international erreichen werden, allerdings auf einem weit schwächeren Niveau.“

Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) sind seit Kriegsbeginn bisher 100 Millionen Euro Spenden eingegangen. „Und es wird weiter gespendet, allerdings nicht mehr in so viel wie in den ersten Wochen“, so Annette Dörrfuß, Pressesprecherin vom DRK. Die Zahl der Helfenden variiere zudem stetig.

Spendengelder bleiben auch weiterhin wichtig

„Wir bekommen nach wie vor noch Spenden für unsere Ukraine-Nothilfe, aber nicht mehr im selben Umfang wie in den ersten zwei Monaten“, erzählt Helene Mutschler, Direktorin Fundraising und Marketing bei „Save the Children Deutschland“. Viele Menschen, die die Initiative bereits unterstützt haben, aber auch neue Unterstützerinnen und Unterstützer haben Mutschler zufolge sofort auf den Spendenaufruf reagiert.

Zudem habe es sehr viele verschiedene Spendenaktionen dazu gegeben, bei denen die Menschen ihre Netzwerke mobilisiert haben. „Aktuell machen wir in Spendenaufrufen auf die Auswirkungen des Ukrainekrieges für die Ernährungssituation im Nahen Osten und in Ostafrika aufmerksam und bitten die Menschen um Unterstützung der Kinder beispielsweise in Afghanistan, Somalia, Kenia, Syrien und im Jemen.“

„Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in Deutschland war in den letzten Monaten überwältigend“, betont auch Peter Ruhenstroth-Bauer, Geschäftsführer der „UNO-Flüchtlingshilfe“. „Neben der Zivilgesellschaft und ihrer großartigen Unterstützung, von Schulen, Vereinen, Einzelpersonen, Orchestern oder Bands haben sich auch viele Unternehmen mit sehr großzügigen Spenden beteiligt.“

„Niemand weiß, wie lange der Krieg noch anhält”

Dennoch sei in den letzten Wochen ein Rückgang der Spendeneinnahmen beobachtet worden. Doch auch, wenn die Kriegsberichterstattung für die Menschen inzwischen beinahe Alltag geworden ist, brauche das Land weiterhin Unterstützung. „Niemand weiß, wie lange der Krieg noch anhält. Flüchtlinge aus der Ukraine und die Menschen im Land brauchen weiter unsere Unterstützung und Solidarität“, betont Ruhenstroth-Bauer.

Ähnlich sieht es auch bei dem Dresdener Verein „Mission Lifeline“ aus. „Die Spenden sind natürlich eingebrochen“, verrät Axel Steier aus dem Vorstand. Inzwischen würde nur noch ein Zwanzigstel von dem an Spenden reinkommen, was im ersten Monat kam. „An sowas müssen wir uns gewöhnen“ Für die „Mission Lifeline“ seien die abnehmenden Spendenbeträge derzeit noch kein größeres Problem. „Wir zehren derzeit noch von dem, was wir am Anfang erhalten haben.“

Perspektivisch müsse man allerdings davon ausgehen, dass es nun keine Welle der Finanzierung aus der Zivilgesellschaft mehr gibt, die langfristig subsumiert, betont Steier.

Wie lange die „Mission Lifeline“ mit den gesammelten Spendengeldern noch auskommt, ist schwer abzuschätzen. Aktuell fokussiert sich der Verein im Hinblick auf die Ukraine insbesondere auf den Medikamententransport. Andere Maßnahmen, wie zum Beispiel der Transport von Geflüchteten in großem Stil, sei für die kleine NGO hingegen finanziell kaum tragbar. „Das sind Kosten, wo wir ganz schnell am Ende wären.“ Stattdessen werden nun auf dem Rückweg der Medikamententransporter Menschen aus der Ukraine mitgenommen.