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Krieg in der UkraineFünf schlechte Nachrichten für Putin

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Vladimir Putin zeigt sich weiterhin unbeeindruckt von den Sanktionen.

Moskaus Staatsfernsehen sendet Botschaften des Widerstands, drei Nato-Regierungschefs tagen plötzlich in Kiew, und russische Rapper schießen quer. Das alles passt Wladimir Putin nicht. Noch schlimmer aber sind für ihn zwei andere Probleme. Eine Analyse von Matthias Koch.

1. Die mutige Tat der Marina Ovsyannikova

Der Kontrollverlust war kurz, aber heftig. Für sechs Sekunden sendete Russlands Staatsfernsehen in der Nacht zum Dienstag einen Aufruf, den Krieg zu stoppen. Während einer Live-Sendung hatte die mutige Marina Ovsyannikova, eine Mitarbeiterin des Senders, im Studio ein Schild hochgehalten. Die Staatspolizei war sofort zur Stelle und verhaftete die Frau, am Mittwoch bekam sie eine Geldstrafe.

Ovsyannikovas Manifest, parallel im Internet veröffentlicht, gilt nicht nur unter Oppositionellen in Russland, sondern auch weltweit als wichtiger Hinweis auf ein anderes, besseres Russland. Zugleich ist es die seit Kriegsbeginn schwerste Störung von Putins rund um die Uhr rotierender Überwachungs- und Manipulationsmaschinerie.

„Es liegt nur an uns, diesen ganzen Wahnsinn zu beenden. Geht demonstrieren. Fürchtet nichts. Sie können uns nicht alle einsperren“ , schreibt Ovsyannikova.

In düsteren Worten spricht Ovsyannikova über die bittere Notwendigkeit des Widerstands gegen den von Putin in Gang gesetzten Krieg. „Noch zehn Generationen“ würden sich von der „Schande dieses Brudermord-Krieges“ nicht reinwaschen können, warnt sie. „In den vergangenen Jahren habe ich leider beim Ersten Kanal gearbeitet und mich mit Kremlpropaganda beschäftigt. Ich schäme mich jetzt sehr dafür. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass vom TV-Bildschirm gelogen wurde. Ich schäme mich dafür, dass ich zuließ, dass Russen in Zombies verwandelt wurden.“

Mit dem Stichwort Zombifizierung liefert die junge Russin Ovsyannikova die bislang beste Erklärung für das ominöse „Z“ auf den Fahrzeugen von Putins Invasionsarmee. Die Welt blickt in der Tat auf blutige Horrortaten, in einem grotesken Bruch des Völkerrechts, angeordnet von höchster Stelle in Moskau.

2. Drei Nato-Regierungschefs in Kiew

Die Premierminister von Polen, Tschechien und der Slowakei sind am Dienstag mit dem Zug nach Kiew gereist. Zweck der Reise: Sie wollten, wie sie sagten, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi die Lage erörtern.

Politisch bedeutsamer als der Inhalt der Gespräche war ihr physisches Stattfinden. Mateusz Morawiecki, Petr Fiala and Janez Janša wagten die Reise nach Kiew in einem Moment, in dem die Stadt bereits von russischen Truppen belagert und mit Artillerie beschossen wird.

Putin kann das nicht gefallen: Kommt vielleicht demnächst noch der Papst als Gast nach Kiew? Die Leute sollen gefälligst Angst haben vor ihm und seiner Armee. Hat er nicht oft genug schon mit Atombomben gedroht in dieser Krise? Nun scheint es fast, als nehme man ihn nicht mehr richtig ernst.

Tatsächlich ist die Reise der drei Premierminister ein Zeichen von nachlassendem Respekt. In einigen Nato-Staaten wächst der Eindruck, es könne nicht schaden, den Rücken wieder ein wenig gerader zu machen gegenüber den Russen. Putins Angstkampagne hat, wie es scheint, aus irgendeinem Grund ihren Höhepunkt überschritten.

3. Russlands Rapper schießen quer

Millionen Russen erleben seltsame Dinge in diesen Tagen. Ihre Kreditkarten funktionieren nicht, in keinem EU-Staat können sie Urlaub machen, und in ihrem eigenen Land haben unter anderem Ikea, McDonald‘s und Starbucks ihre Pforten geschlossen. Auch die Unpolitischen werden allmählich nachdenklich: Ist vielleicht, aller staatlichen Propaganda zum Trotz, wirklich etwas nicht Ordnung mit der Politik unseres Landes?

In diese Situation hinein kommen jetzt weitere irritierende Signale – auch aus Ecken, von denen es keiner vermutet hätte. So hat Putin plötzlich Probleme mit der Rap-Szene im Land. Schon im Februar wurde der Rapper Oxxximyron bei einer regimekritischen Demonstration verhaftet – er revanchierte sich inzwischen mit Aufrufen an junge Leute in Russland, jetzt erst recht auf die Straße zu gehen.

Ende eines neuen Titels von ihm hört man eine Telefonnachricht der ukrainischen Mutter von Morgenshterns Produzent: „Heute morgen wurde unser Dach beinahe komplett weggesprengt. Jetzt gerade sitzen wir im Keller, wir haben uns einen bombensicheren Bunker eingerichtet. Mach dir keine Sorgen um uns, Kind.“ Über seinen Produzenten sagt Morgenshtern: „Er ist Ukrainer. Ich bin Russe. Wir machen zusammen Musik. Für die ganze Welt. Wir wollen Frieden. Wir wollen Freundschaft.“

Es sind Worte, die gehört werden: Morgenshtern hat auf Youtube elf Millionen Follower.

4. Internationale Zahlungsunfähigkeit droht

Putin hat alles getan, um die Auswirkungen der westlichen Finanzsanktionen so gut es geht zu verschleiern. So ließ er an der Moskauer Börse den kompletten Handel weiterhin aussetzen: Die Eigentümer von Aktien sollen nicht erfahren, wie wenig ihre Papiere jetzt noch wert sind.

Bei der Bedienung von Schulden im Ausland aber droht Putin jetzt sehr schnell der Offenbarungseid: Am 16. März muss Moskau internationalen Geldgebern 117 Millionen Dollar an Zinsen für auf Dollar laufende Staatsanleihen zahlen. Wie das gehen soll, ist unklar. Denn Russlands Zentralbank kann derzeit nicht auf Devisenguthaben zugreifen.

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Das russische Finanzministerium erklärte, Moskau werde die Fremdwährungsschulden bedienen, aber die Zahlung werde in Rubel erfolgen. „Aus russischer Sicht erfüllen wir unsere Verpflichtungen“, sagte Putins Finanzminister Anton Siluanov in einem Fernsehinterview. Die Geldgeber aber beharren auf Erfüllung des Vertrages: Darin ist eine Zahlung in Dollar ausdrücklich vorgeschrieben.

Schon letzte Woche stufte die Ratingagentur Fitch russische Staatspapiere auf Schrottniveau herunter. Wenn jetzt die Dollarzahlung platzt und sich auch während einer Gnadenfrist von noch einmal 30 Tagen keine Lösung findet, wäre Russlands internationale Zahlungsunfähigkeit offiziell erreicht, zum ersten Mal seit dem Jahr 1918.

5. China bekommt Angst vor Sanktionen

Putin hoffte, sein neuer strategischer Partner Xi Jinping werde ihn bei seinem Ukraine-Feldzug unterstützen, vor allem durch Wirtschaftshilfen. Doch der chinesische Präsident hält sich derzeit zurück und nimmt eine eher uneindeutige Pose ein.

Zwar macht Xi Russlands Propaganda mit. Jüngst verbreitete das chinesische Staatsfernsehen auch die Lügengeschichte von angeblich 30 Biowaffenlabors in der Ukraine. Doch beim Thema Militär- und Wirtschaftshilfe scheint Xi auf Warnungen aus den USA Rücksicht nehmen zu wollen. Offensichtlich wächst in China die Sorge, ebenfalls westlichen Sanktionen unterworfen zu werden. „Wir sind in diesem Konflikt nicht Partei“, betonte Chinas Außenminister am Dienstag mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.

Vorausgegangen war ein sieben Stunden langes Treffen in Rom zwischen dem obersten chinesischen Außenpolitiker Yang Jiechi und dem Nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. Die amerikanische Seite sprach anschließend von einem „freimütigen Meinungsaustausch“ – was in der Diplomatensprache auf massive Konflikte, wenn nicht gar Drohungen schließen lässt. Bidens Sprecherin Jen Psaki sagte im Weißen Haus, Sullivan habe der chinesischen Seite deutlich gemacht, „dass es erhebliche Konsequenzen geben wird, sollte China militärische oder andere Hilfe leisten, die gegen Sanktionen verstößt oder die Kriegsanstrengungen unterstützt“.

Putin hatte auf seiner letzten Auslandsreise vor dem Angriffskrieg Xi in Peking besucht. Das demonstrative Miteinander von Russland und China sollte, so war seine Kalkulation, den gesamte Westen einschüchtern, einschließlich der USA. Doch ganz so weit ist es noch nicht: Westliche Diplomaten raten derzeit den Chinesen, darüber nachzudenken, ob sie wirklich mit Putin in einem Boot sitzen wollen. Dieses Boot nämlich, lautet die Botschaft, werde in absehbarer Zeit untergehen.