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Klagen über Mobbing und FührungschaosPlaymobil-Absturz mit Ansage

Lesezeit 4 Minuten
Playmobilfiguren (Symbolbild)

Fast 700 von gut 4.000 Stellen sollen bis 2025 abgebaut werden, davon 369 Jobs in Deutschland.

Es war einmal eine Erfolgsgeschichte. Die Plastikfiguren von Playmobil sind durch viele Kinderhände gegangen. Nun stehen die Franken vor einer ungewissen Zukunft.

Wer mit Gewerkschaftern, Branchenkennern oder Beschäftigten über Playmobil spricht, hört seit Jahren immer gleiche Schlagworte. Mobbing, Flops, Führungschaos, Ahnungslosigkeit. Bianca Brutsche macht keine Ausnahme. „Die Gründe sind hausgemacht“, urteilt die Nürnberger Gewerkschaftssekretärin der IG BCE über den gerade von der Spielzeugfirma verkündeten Kahlschlag.

Fast 700 von gut 4.000 Stellen sollen bis 2025 abgebaut werden, davon 369 Jobs in Deutschland. Rund jede sechste Stelle ist das. Erfahren haben viele Betroffene die Hiobsbotschaft aus den Medien, betont die IG BCE. Mit Beschäftigten rede das Management schon lange nicht mehr, erzählt Brutsche und schildert ein Klima der Angst. „Wer offen kritisiert, muss um seinen Arbeitsplatz bangen“, sagt sie.

Spielwarenbranche eigentlich Gewinner der Pandemie

Selten klaffen Markenimage und Arbeitsplatzwirklichkeit eines Unternehmens weiter auseinander. Die Playmobil-Werbung mit ihren bunten Figuren suggeriert eine heile Welt. Klagen über Einschüchterungen, Psychoterror und Intrigen begleiten die einmal florierende Firma parallel seit Jahren. Weil Angst allgegenwärtig ist, dringt außer bei Prozessen vor Arbeitsgerichten wenig nach außen. Das Unternehmen selbst streitet alle Vorwürfe stets ab und präsentiert auch jetzt zum personellen Kahlschlag eine originelle Begründung.

Playmobil stehe vor „wirtschaftlichen Herausforderungen“, was Nachwirkungen der Pandemie seien. In den letzten beiden Geschäftsjahren habe sich deshalb eine „herausfordernde Situation“ mit Umsatz- und Ergebniseinbußen ergeben. Fakt ist aber, dass die Spielwarenbranche ein ausgesprochener Gewinner der Pandemie war. Binnen zwei Jahren gingen die Umsätze in Deutschland branchenweit um satte 15 Prozent nach oben. Weltweit betrug das Plus noch gut die Hälfte. Erst voriges Jahr sanken die Erlöse wieder um in Deutschland fünf Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro. Mangelnde Nachfrage taugt also eher nicht zur Erklärung der Misere.

Die liefert ein Insider, der die Branche seit Jahren intensiv begleitet. „Playmobil wird seit Jahren von Ahnungslosen gesteuert“, sagt der schonungslos. Mehrere Führungswechsel habe es seit dem Tod von Firmenpatriarch und Playmobil-Erfinder Horst Brandstätter 2015 gegeben. Danach seien oft Branchenfremde zu Chefs gemacht worden, was den von Brandstätter hinterlassenen Führungsstrukturen geschuldet sei.

Der hat Playmobil mangels familiärer Nachfolge an eine Stiftung übertragen, die mit der 64-jährigen Marianne Albert Brandstätters Ex-Sekretärin führt. Darüber, wie sehr sie ins Geschäft hineinregiert wird seit langem ebenso spekuliert wie über ihre Qualifikation für das wichtige Amt. „Es gibt keine richtige Führungsstruktur, Playmobil ist nicht modern aufgestellt“, urteilt ein Branchenkenner. Im Juli hatte dann auch Steffen Höpfner als Firmenchef resigniert hingeschmissen. Das Unternehmen schweigt bis heute über die Hintergründe seines Ausscheidens. Es kommuniziert nach außen ebenso spärlich wie mit der Belegschaft.

So etwas darf nicht passieren bei einer Marke von Welt

Weil am Bedarf vorbei produziert wurde, habe Playmobil zuletzt immer wieder Umsatz durch preisreduzierte Sonderaktionen erzwingen müssen, sagen Kritiker. Noch 691 Millionen Euro haben die Franken im Geschäftsjahr 2021/22 (zum 31. März) ausgewiesen bei um die Hälfte auf 50 Millionen Euro eingebrochenem Gewinn vor Steuern. Immer noch keine Zahlen wurden für das längst beendete Geschäftsjahr 2022/23 genannt. Klar ist, dass es weiter nach unten ging. Ob überhaupt noch schwarze Zahlen geschrieben werden, bleibt offen.

„Was bei Playmobil vor sich geht, darf nicht passieren bei einer Marke von Welt“, kritisiert Gewerkschaftssekretärin Brutsche. Sonst werde sie kaputt gemacht. Andere nennen weitere Details wie einen Playmobil-Kinofilm, der an den Kassen gefloppt ist. „Playmobil hat wild versucht, Lego zu kopieren“, urteilt ein Kritiker. Lego-Kinofilme gelten indessen als erfolgreich und umsatzfördernd. Auch im für die Branche wichtigen Lizenzgeschäft hätten die Franken zuletzt danebengegriffen und Geld versenkt.

Wie es nun weitergeht, ist weitgehend unklar. Playmobil werde auch künftig in Deutschland und Europa produzieren, versichert das Unternehmen trotz Kahlschlag. Die bunten Figuren und ihr Zubehör werden in Franken, Tschechien und auf Malta gefertigt. Verfallende Umsätze kann Stellenabbu nicht stoppen. „Eigentlich müsste Playmobil verkauft und professionell gemanagt werden“, sinniert ein Branchenkenner. Das gehe aber wegen der Stiftungskonstruktion wohl nicht.

„Das steht nicht zur Debatte“, sagt ein Firmensprecher zur Variante Verkauf. Ob ein solcher überhaupt möglich wäre, verschweigt er und verweist vage auf neue Strukturen, Führungskräfte und Ideen. Sehr überzeugend klingt das nicht. (RND)