Neue StudieGroße Mehrheit hält Fortsetzung des Lockdown für richtig
Häufiger ist zu hören, dass die Zustimmung der Bevölkerung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beschlossenen Maßnahmen bröckelt und das Vertrauen in die Politik sinke. Das kontinuierliche Corona-Monitoring des Forsa-Instituts zeigt etwas anderes: Wie seit Ausbruch der Pandemie hält auch im neuen Jahr immer eine große Mehrheit der Bundesbürger (zwischen 70 und 75 Prozent) die zur Eindämmung des Corona-Virus getroffenen Maßnahmen für angemessen oder sogar für nicht weitgehend genug.
Und auch die jetzt beschlossene Verlängerung des Lockdowns halten – wie eine forsa-Umfrage für die Mediengruppe RTL am Tag nach den Beschlüssen zeigt – fast drei Viertel (72 Prozent) für richtig. Lediglich die Anhänger der FDP und der AfD halten mehrheitlich (66 bis 84 Prozent) die Verlängerung nicht für richtig. Zunehmend kritisch gesehen wird allerdings, wie die überwiegend für richtig befundenen Maßnahmen zustande kommen. Beklagt wird vor allem die Uneinigkeit der Bundesländer. So hätten es auch aktuell 58 Prozent der Bundesbürger für besser gehalten, wenn man sich bei der Öffnung von Kitas und Schulen auf ein bundesweit einheitliches Verfahren geeinigt hätte.
Die schon vor Corona recht große Unzufriedenheit mit dem föderalen Schul- und Bildungssystem dürfte durch die Corona-Krise somit weiter steigen. Die unverändert hohe generelle Zustimmung zu den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie bröckelt aber auch nach der Verlängerung des Lockdowns trotz des beklagten mangelnden Konsens zwischen den einzelnen Ländern keinesfalls.
Manche politischen Akteure lassen sich allerdings bei ihren Entscheidungen stärker von in Medien und vor allem in sozialen Netzwerken verbreiteten Horrorszenarien leiten statt sich an den tatsächlichen Einschätzungen der Menschen zu orientieren. Für die aber ist die Corona-Krise unverändert das derzeit größte Problem. Dabei haben die Bundesbürger keine unrealistischen Erwartungen an die Politik, sondern es herrscht vielmehr ein nüchterner Realismus. So glaubt nur eine Minderheit von 13 Prozent, dass im Laufe des Jahres 2021 eine Rückkehr zum normalen Alltag wie vor Corona möglich sein werde. Die große Mehrheit von 86 Prozent aber glaubt dies nicht. Die Warnungen vor den Corona-Mutanten halten auch nur 24 Prozent für übertrieben (das meinen mehrheitlich mit 64 bzw. 80 Prozent nur die Anhänger der FDP und der AfD), 72 Prozent aber für angemessen.
Hohe Zustimmungswerte für die Union
Dass die Kritik am Zustandekommen der Beschlüsse und die realistischen Erwartungen an deren Wirksamkeit nicht das Vertrauen in die Politik insgesamt untergraben, zeigen auch die unverändert hohen Zustimmungswerte für die Union und deren wichtigste politische Akteure (Merkel, Söder, Spahn), während die schärfsten Kritiker der Corona-Pandemie – FDP und AfD –deutlich weniger Zustimmung erhalten als bei der Bundestagswahl 2017.
Auch die insbesondere von FDP und AfD vertretene Auffassung, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen seien mittlerweile schwerwiegender als die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung, wird von der Mehrheit der Bundesbürger (57 Prozent) nicht geteilt.
Richtig halten diese Einschätzung nur 16 Prozent der Anhänger der SPD, 24 bzw. 25 Prozent der Anhänger der Union und der Grünen und 31 Prozent der Anhänger der Linke, aber 78 Prozent der FDP- und 86 Prozent der AfD-Anhänger. Von den FDP-Wählern bei der Bundestagswahl 2017 teilen im Übrigen deutlich weniger (42 Prozent) diese Auffassung – ein Hinweis darauf, dass die FDP seit 2017 in Gefahr ist, sich zu einer Art „Vorfeld-Organisation“ der AfD zu entwickeln.
Auch die Verlängerung des Lockdowns hat nicht zu einer geringeren Akzeptanz der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie oder gar zu einem generellen Vertrauenseinbruch in die Politik geführt. Die politischen Akteure sollten deshalb die Erwartungen der Bürger an eine energische und konsequente Bekämpfung der Pandemie nicht enttäuschen.
Manfred Güllner ist Geschäftsführer der Forsa-Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen.