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Notfallplan GasBundesregierung aktiviert Alarmstufe – was das bedeutet

Lesezeit 4 Minuten
Habeck 310322

Robert Habeck

Berlin – Um die Gasversorgung in Deutschland zu sichern, greift die Bundes­regierung nun zum nächsten Mittel: Die Alarmstufe des Notfallplans Gas wurde von Wirtschaftsminister Robert Habeck ausgerufen. Was bedeutet das für Verbraucher und Unternehmen? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist der Notfallplan Gas?

Es handelt sich um ein Konzept auf Basis einer EU-Verordnung, das die Gasversorgung sichern soll. Es gibt drei Stufen. Die erste, die Frühwarnung, hatte Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) Ende März aktiviert. Im Anschluss ist im Ministerium ein Krisenteam zusammengetreten, das aus Experten von Behörden und von Energie­unternehmen besteht. Die Gasversorger und die Betreiber der Gasleitungen informieren seither regelmäßig die Bundes­regierung über die aktuelle Lage. Der Staat greift aber vorerst nicht in den Gasmarkt ein. Vielmehr liegt es zunächst an den Akteuren in der Branche, die Versorgung zu stabilisieren.

Was bedeutet die Ausrufung der Alarmstufe?

Laut dem Plan liegt bei dem zweiten Schritt, der nun ausgelösten Alarmstufe, „eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt – der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen“. Die Ausrufung steht im Zusammenhang mit der Drosselung der russischen Gaslieferungen seit vergangener Woche. Genau wie bei der Frühwarnung sind auch bei der Alarmstufe die Unternehmen gefragt. Unter anderem mit der „Nutzung von Flexibilitäten auf der Beschaffungs­seite“ oder mittels der „Optimierung von Lastflüssen“, so das Ministerium.

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Versorgungsunternehmen sollen noch keine Möglichkeit erhalten, ihre Gaspreise nach dem Energiesicherungsgesetz (EnSiG) zu erhöhen, wie der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, via Twitter mitteilte. Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein: Zum einen müssen Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen worden sein. Zum anderen muss die Bundesnetzagentur eine „erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland“ festgestellt haben und dies im Bundesanzeiger veröffentlichen, erst dann dürfen die Unternehmen die Preise auf ein „angemessenes Niveau“ erhöhen. Habeck betonte, er wolle den Markt zunächst weiter beobachten.

Gas sei „von nun an ein knappes Gut in Deutschland“, sagte Habeck. „Dies sage ich, obwohl die Versorgungssicherheit aktuell gewährleistet ist. Auch wenn aktuell noch Gasmengen am Markt beschafft werden können und noch eingespeichert wird: Die Lage ist ernst, und der Winter wird kommen.“

Was können Verbraucher tun?

Habeck beschwor eine „nationale Kraftanstrengung. Aber wir können sie in Solidarität miteinander bewältigen - Bund, Länder und Kommunen, Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, die Zivilgesellschaft“. Über allem steht eine Senkung des Gasverbrauchs. Der Minister nannte zudem beispielsweise die Wartung von bestehenden Heizungsanlagen als eine Möglichkeit, Gas zu sparen. „Es macht Sinn, die Heizung vernünftig einzustellen“, sagte der Minister. Durch diesen sogenannten hydraulischen Abgleich der Heizung seien Einsparungen von bis zu 15 Prozent möglich.

Was gibt es für weitere Eskalations­stufen?

Sollte trotz der bisher getroffenen Maßnahmen eine Verschlechterung der Versorgungs­situation eintreten, kann die Bundesregierung die Notfallstufe ausrufen: Der Staat greift dann in den Markt ein. Die Bundes­netz­agentur als zuständige Behörde übernimmt die Verteilung von Gas. Dabei gilt eine Prioritätenliste. Privathaushalte und soziale Einrichtungen – wie Krankenhäuser – sind besonders geschützt. Zuerst wird die Gas­versorgung von Unternehmen gekappt.

Kam das Ausrufen der Frühwarnstufe im März überraschend?

Nein. Der Energie­dach­verband BDEW hatte zuvor bereits die Aktivierung des Notfallplans gefordert. BDEW-Chef Kerstin Andreae betonte seinerzeit: „Es liegen konkrete und ernst zu nehmende Hinweise vor, dass wir in eine Verschlechterung der Gas­versorgungs­lage kommen. Mit der Ankündigung durch Putin, dass Gaslieferungen in Zukunft in Rubel zu bezahlen sind, ist eine Auswirkung auf die Gas­lieferungen nicht auszuschließen.“ Die Netzagentur müsse nun Kriterien entwickeln, „welche Industrien und Sektoren weiterhin mit Gas auch im Rahmen einer Gasmangellage versorgt werden“.

Warum wurde im März die Frühwarnstufe ausgerufen?

Nachdem Kremlchef Wladimir Putin angeordnet hatte, dass Erdgaslieferungen an „unfreundliche“ Staaten wie Deutschland nur noch in Rubel gezahlt werden sollen, hatten die EU und die G7‑Staaten beschlossen, dem nicht nachzukommen und weiterhin in Euro oder Dollar zu zahlen – wie vertraglich vereinbart. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte daraufhin: „Keine Bezahlung – kein Gas.“ Er kündigte zudem an, dass die detaillierten Bestimmungen für die künftige Bezahlung von Gasrechnungen in Kraft gesetzt werden sollen.

Was steckt hinter einer Umstellung auf Rubel?

Putin wollte damit die russische Währung stärken. Sie ist seit Beginn der Kampf­handlungen in der Ukraine abgestürzt. Da die westlichen Staaten aber bei einer Umstellung gezwungen wären, sich Rubel in großen Mengen zu beschaffen, würde die Nachfrage auf den Devisenmärkten massiv steigen, was das Verhältnis des Rubelkurses gegenüber Dollar und Euro verbessern würde. Russland könnte dann Importe billiger einkaufen. Das wiederum würde die Inflation bremsen, die in Russland galoppiert und für große Teile der Bevölkerung massive Belastungen bringt. Zudem würden mit diesem Schritt die westlichen Sanktionen, die die russische Notenbank lahmgelegt haben, umgangen.

Was passiert, wenn Russland seine Energie­lieferungen tatsächlich einstellt?

„Für die kommenden Wochen und den Sommer könnten wir dank der bereits ergriffenen Vorsorge­maß­nahmen auf russisches Gas verzichten“, so das BMWK im März. Um im kommenden Winter die Versorgung weiter zu gewährleisten, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Es gelte: „Je mehr im Frühjahr und Sommer verbraucht wird, desto schwieriger wird die Lage im Winter. Umgekehrt: Je mehr man jetzt Energie spart, desto besser kommen wir durch den Winter. Daher ist jeder Gas­verbraucher gehalten, so viel Energie wie möglich einzusparen.“