Sätze mit SprengkraftHabeck verunsichert mit Aussage über Gas-Priorisierung
Wenn man Robert Habeck etwas nicht vorwerfen kann, ist das fehlender Mut. Der Vizekanzler hat in in politischen Auseinandersetzungen mehr als ein Mal gezeigt, dass er auch dorthin geht, wo er anderen und auch sich selbst wehtut. Er ist damit meist gut gefahren, etwa in der Frage möglicher Waffenlieferungen an die Ukraine, die er bereits lange vor dem Überfall Russlands gefordert hatte.
Am Dienstagabend schien es wieder so, als sei ein solcher Habeck-Moment gekommen. Da machte der Minister plötzlich beim Thema Gas das ganz große Fass auf. Die Priorisierung von Privatverbrauchern in den Notfallplänen sei eigentlich nur für kurze Lieferunterbrechungen gedacht, gab er am Rande eines Besuchs in Wien zu Protokoll. Sollten die Gasströme langfristig unterbrochen bleiben, müsse man noch mal nachdenken und nacharbeiten.
Es sind Sätze mit Sprengkraft, denn sie lassen sich so interpretieren, als plane der Minister, die Deutschen nicht nur für die Ukraine, sondern auch für die Industrie frieren zu lassen. Der Aufschrei von Opposition, Verbraucherschützern und Sozialverbänden ließt nicht lange auf sich warten.Wollte Habeck diese Debatte bewusst lostreten oder hat sich vergaloppiert? Mit abschließende Sicherheit beantworten lässt sich das nicht. Allerdings deuten die Rahmenumstände der Äußerung und das Zurückrudern des Ministeriums auf Letzteres hin.
Habeck sorgt für zusätzliche Verunsicherung
So oder so steht fest, dass Habeck, der in den zurückliegenden Wochen zu Recht mit viel Lob für seine Krisenkommunikation bedacht worden ist, dieses Mal alles andere als ein kommunikatives Meisterstück abgeliefert hat. In einer Phase höchster Unsicherheit sorgt der Minister für zusätzliche Verunsicherung. Wem bitte ist damit geholfen?
Niemand bestreitet, dass auch Privatpersonen einen Anteil zum Einsparung von Gas beitragen müssen. Angesichts der absehbaren Verdreifachung der Gaspreise ist der Anreiz dafür enorm. In großen Mietshäusern mit zentraler Warmwasserversorgung mag es tatsächlich zusätzliche Möglichkeiten einer staatlich verordneten und dosierten Temperaturabsenkungen geben.
Gleichzeitig ist es unmöglich, den Millionen Besitzern von Gasthermen eine Heiztemperatur vorzuschreiben, geschweige denn, sie zu kontrollieren. Auch Versorgungsunterbrechungen sind nicht ohne Weiteres drin, denn wenn kein Gas mehr fließt, schaltet eine Sicherung die Therme ab, und danach muss ein Techniker ran, um das Gerät wieder zu entsperren.
Gasabdrehen bei Privatleuten nicht möglich
Schon wegen der technischen Hürden wird es also nicht passieren, dass Privatleuten im Winter vorhandenes Gas abgedreht wird. Eine solche Entscheidung wäre auch politische kaum durchzuhalten.Nun könnte man natürlich anführen, dass viele Menschen die immer schrilleren Warnungen noch nicht ernst genug nehmen, und einen Tritt brauchten, um aus der sommerlichen Sorglosigkeit zu erwachen. Das Argument stimmt zwar, nur stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt.Deutschland steht vor einer Hitzewelle.
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Bei Außentemperaturen von 35 Grad und mehr wird niemand mit klarem Verstand seine Heizung anstellen. Und auch die Sehnsucht nach einem Vollbad dürfte eher unterausgeprägt sein. Anders ausgedrückt: Privatpersonen werden ganz unabhängig von Preisen oder politischen Appellen ihren Gasverbrauch auf ein Minimum reduzieren.
Hinzu kommt, dass noch gar nicht ausgemacht ist, dass der Gasnotfall tatsächlich eintritt. Es kann gut sein, dass auch nach dem Ende der Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1 kein Gas aus Russland fließt. Es kann aber genauso gut sein, dass Wladimir Putin in den Hahn wieder aufdreht - und sich kalt lächelnd über die Milliarden aus Deutschland freut.
Am 21. Juli sollen die Wartungsarbeiten abgeschlossen sein. In den Tagen danach sehen wir klarer. Habeck hätte gut daran getan, bis dahin zu warten.