TV-Talk bei MaischbergerÖsterreichs Bundeskanzler macht den Deutschen Hoffnungen
- Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz machte Deutschland im ARD-Talk von Sandra Maischberger Hoffnung auf bessere Zeiten.
- In seinem Land lockert er die Corona-Maßnahmen weiter, will aber wenn nötig auch wieder härtere Maßnahmen ergreifen.
- Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagt seine Teilnahme an der Sendung kurzfristig ab.
Berlin – Die Worte von Christian Drosten haben Gewicht. Wenn der Chef-Virologe der Berliner Charité etwas zum Coronavirus und der aktuellen Krise sagt, hört ihm die Republik in der Regel genau zu. Seit einigen Tagen ist das etwas anders.
Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten haben erste Lockerungen beschlossen, und Drostens Warnruf nach einer möglichen zweiten, heftigen Welle verhallt womöglich weitgehend unbeachtet. Nun legte Drosten noch einmal nach. Er bedauere es derzeit „so sehr zu sehen, dass wir gerade dabei sind, vielleicht diesen Vorsprung hier komplett zu verspielen“, sagte er am Mittwoch im NDR-Podcast. In der TV-Talkshow von Sandra Maischberger waren die ersten Rücknahmen der Maßnahmen ebenfalls ein dominierendes Thema.
Markus Söder sagt kurz vor Beginn vor der Sendung ab
Eigentlich sollte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) darüber debattieren. Doch etwa eine halbe Stunde vor dem Beginn der Sendung verkündete Maischbergers Redaktion auf Twitter: „Markus Söder musste die Sendung wegen des andauernden Koalitionsausschusses leider kurzfristig absagen.“
Wer also gehofft hatte, Söder würde erneut mit staatstragender Miene seine politischen Entscheidungen verteidigen und unzählige Male betonen, wie „umsichtig“ er und wie „umsichtig“ Bayern handele, wurde enttäuscht. Auch sein Fernduell mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), das er am Donnerstag bei Maybrit Illner leidenschaftlich geführt hatte, fand vorerst keine Fortsetzung.
Sebastian Kurz, der österreichische Söder
Besondere Spannung versprach der Abend vor der Absage, weil auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zugeschaltet war. Söder und Kurz – das hätte eine interessante Konstellation sein können, ist ihr politisches Auftreten, ihre Entschlossenheit und ihr Habitus doch sehr ähnlich. So aber waren die Augen eben allein auf den österreichischen Regierungschef gerichtet.
Kurz ist - ebenso wie Söder - ein zielstrebiger Kämpfer gegen das Virus und die Pandemie. Zuletzt sagte der ÖVP-Politiker: „Wir sind auf Kurs.“ Er hatte früh drastische Maßnahmen durchgesetzt und früher als die deutsche Politik auch Lockerungspläne vorgelegt.
Sebastian Kurz: Österreich ist „in Phase zwei angekommen“
Maischbergers Fragen beantwortet Kurz im Stehen, gestikulierte vorsichtig, aber bestimmt mit den Händen und sagt Sätze wie: „Stand heute ist Österreich eines der Länder mit der besten Entwicklung. Wir sind Deutschland eine Woche voraus. Deswegen bin ich optimistisch, dass die Zahlen der Neuinfektionen auch in Deutschland ähnlichen sinken werden wie bei uns.“
In Österreich sei man „in Phase zwei angekommen“, sagt der Kanzler. Die neuen Infektionszahlen pro Tag liegen konstant im zweistelligen Bereich, deshalb haben kleine Geschäfte wieder geöffnet, größere Dienstleister folgen am 1. Mai – und dann sollen auch bald Restaurants unter Auflagen wieder aufmachen. „Im Moment sieht es gut aus“, betont Kurz.
Als die TV-Talkerin wissen will, ob die Österreicher ihren Sommerurlaub in Deutschland und - andersrum vielleicht noch wichtiger - die Deutschen ihren Sommerurlaub in Österreich verbringen können, antwortet Kurz abgeklärt. „Wenn wir das Niveau halten, können wir die Grenzen schrittweise wieder runterfahren.“
Kurz, der Authentische und Abwägende
Man kauft es ihm ab, schließlich neigt der österreichische Regierungschef weder zur Übertreibung noch zu einer leichtfertigen Herangehensweise. Er wägt sorgfältig ab und spricht von einem „behutsamen“ Handeln. Es erinnert ein wenig an Söders gern zitierte „Umsicht“.
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Kurz ist aber auch bereit, wieder härter durchzugreifen. „Wir haben stets die Möglichkeit, die Notbremse zu ziehen, wenn es nötig wird.“ Diese Szenario möchte er allerdings schleunigst verhindern, um seinem Volk eine Perspektive zu bieten und sie zu erhalten. „Die Menschen haben Sehnsucht nach sozialen Kontakten”, sagt er und schiebt flink hinterher: zumindest „auf einem Minimum”.
Das Fazit zur Sendung
Vielleicht war es doch gar nicht so schlimm, dass Söder kurzfristig absagen musste. Seine Fans werden zwar enttäuscht gewesen sein, doch eventuell hätten sich der bayerische Ministerpräsident und Österreichs Kanzler Kurz nur gegenseitig für ihr Handeln gelobt und ihre Tüchtigkeit hervorgehoben.
Interessant waren zumindest die Äußerungen von Kurz. Dass er Hoffnung machte, der positive Trend könne sich in Deutschland noch verbessern, werden viele Ohren gerne hören. Dass ihr Sommerurlaub am Wörthersee vielleicht kein utopischer Traum ist, ebenfalls. Allerdings machte Kurz auch klar: Vorbei ist der Spuk nicht, und im Fall der Fälle würden auch wieder härtere Maßnahmen ergriffen. (rnd)