In der Corona-Pandemie ist sie zum Hit für Kinder geworden: die Onlineplattform „Roblox“. Gerade in Zeiten des Lockdowns bot das Spiel Jüngeren einen dringend benötigten Eskapismus – schließlich lassen sich im Entwicklungsbaukasten unzählige Inhalte und Welten erstellen. Der Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Spielerinnen und Spieler können beispielsweise ganze Städte bauen oder sich um niedliche Haustiere kümmern.
Doch diese nahezu unbegrenzten Möglichkeiten bergen auch Gefahren für junge Kinder, wie die neue Realityshow „The Kardashians“ jüngst bewies: Kim Kardashians Sohn Saint fand auf „Roblox“ Werbung für ihr Sexvideo, wofür sie 2007 Popularität erlangte und noch heute die Folgen zu spüren bekommt. Es ist dabei nicht das erste Mal, dass solche kindergefährdenden Inhalte auf „Roblox“ auftauchen.
2019 erhielt das Spiel von Stiftung Warentest das Gesamturteil „inakzeptabel“ – vor allem in Bezug auf kindgerechte Inhalte. Die Testerinnen und Tester fanden etwa ein rassistisches Spiel, in dem es Ziel war, „böse Juden“ zu töten. Zudem trafen sie auf Spielerinnen und Spieler mit rechtsextremen Namen sowie Spiele, in denen Flaggen des sogenannten Islamischen Staates zu sehen sind.
Gefahren bei „Roblox“: blutige Shooter und sexuelle Belästigung
Wegen solcher Fälle wächst die Sorge um die Sicherheit von Kindern auf „Roblox“. Schließlich ist ein Großteil der Nutzerinnen und Nutzer minderjährig. Zumal die Plattform mit ihren Klotzfiguren wie eine Mischung aus „Minecraft“ und „Lego“ aussieht und somit vor allem eine sehr junge Zielgruppe anspricht. Trotz der harmlosen Optik umfasst das Angebot auf „Roblox“ aber auch blutige Shooter oder Horrorgames, wie die Initiative Schau hin auf ihrer Website warnt: „Zwar sehen die Spiele durch die pixelige, legoartige Grafik kindlich aus – Gewalt und der Einsatz verschiedener Waffen sind aber oft Voraussetzung, um zu gewinnen“, heißt es.
Das bei Kindern beliebte Onlinespiel scheint auch ein Problem mit sexuellen Inhalten zu haben. In manchen Welten – sogenannten „Condos“ – sind Figuren nackt samt Geschlechtsteilen zu sehen und können Sex mit anderen Charakteren haben. Im Chat können Spielerinnen und Spieler zudem über Sex reden.
Auch darüber hinaus sei der Chat laut Schau hin mit Risiken verbunden – denn nicht immer steckten „hinter den virtuellen Charakteren auch tatsächlich Kinder oder Jugendliche im gleichen Alter“. Medienberichten zufolge wurden Minderjährige Opfer von sexueller Belästigung. Teils wurden Kinder auch schon von Pädophilen dazu aufgefordert, Nacktbilder zu schicken. Über solche Fälle berichteten unter anderem „The Guardian“ und die BBC.
Keine Alterskontrolle und kostenpflichtige Inhalte
Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat für „Roblox“ die Alterseinstufung „ab 12 Jahren“ vergeben. Die Fachstelle für Jugendmedienkultur in Nordrhein-Westfalen kritisiert in ihrem pädagogischen Onlineratgeber Spieleratgeber NRW jedoch, dass „Roblox“ nicht kontrolliert, wie alt Spielerinnen und Spieler wirklich sind. „Zwar wird zwischen einem „unter" und „über 13 Jahre alt"-Konto unterschieden, aber in der Praxis ist dann irgendwie nicht klar, was das eigentlich soll“, heißt es. Denn Shooter wie „Counter Blox“ könnten auch Nutzerinnen und Nutzer unter 13 Jahren spielen. Außerdem können Kinder bei der Anmeldung auch ein falsches, viel höheres Alter angeben, um Beschränkungen zu umgehen.
Wie bei vielen anderen Onlinespielen besteht auch bei „Roblox“ die Gefahr, in eine Kostenfalle zu tappen. Zwar ist die Registrierung auf der Plattform kostenlos, jedoch können Nutzerinnen und Nutzer beliebte Games erst dann spielen, wenn sie dafür Geld ausgeben. Dazu müssen sie die Spielwährung „Robux“ per In-App-Kauf erwerben. Wenn etwa auf dem Smartphone eine Zahlungsmethode hinterlegt ist und die Funktion für In-App-Käufe aktiviert ist, können Kinder Käufe tätigen, ohne dass sie sich der Tatsache bewusst sind, dass sie echtes Geld ausgegeben haben.
Kritik am Umgang mit Minderjährigen
Kritisiert wird auch, wie „Roblox“ mit Minderjährigen umgeht, die selbst Spiele auf der Plattform entwickeln und damit potenziell Geld verdienen können. Der britische Journalist Quintin Smith und sein Team haben im August in einem Video auf ihrem Youtube-Kanal People Make Games darüber berichtet, dass „Roblox“ junge Entwicklerinnen und Entwickler ausnutze – denn nur ein Viertel der Einnahmen komme bei ihnen an.
In einem weiteren Video zeigt das Team, wie minderjährige Entwicklerinnen und Entwickler oft auf Plattformen wie Discord aktiv würden, um in einem rechtlich kaum abgesicherten Rahmen und ohne Arbeitsvertrag Deals über die Entwicklung neuer Spiele einzugehen. Für solche Verstöße gebe es laut der Recherchen des Teams aber keine Anlaufstelle bei „Roblox“ – das Studio Roblox Corporation fühle sich dafür nicht zuständig, weil diese Aktivitäten außerhalb seiner Plattform passieren.
„Roblox“ setzt auf Moderationsteam und künstliche Intelligenz
Das auf PC, Handy und Konsolen erhältliche „Roblox“ zählte im vierten Quartal 2021 fast 50 Millionen aktive Spielerinnen und Spieler. Laut Roblox gibt es inzwischen 40 Millionen Spiele auf der Plattform. Dementsprechend groß ist auch die Gefahr, dass Welten kreiert werden, in denen problematische oder auch verbotene Inhalte verbreitet werden. „Roblox“ geht gegen solche Inhalte unter anderem mit einem Team von Tausenden Moderatorinnen und Moderatoren vor, die stets neue Inhalte kontrollieren. Zudem gibt es für Spielerinnen und Spieler die Möglichkeit, unangebrachten und gefährlichen Content zu melden. In einem im Februar veröffentlichten Blogpost gibt „Roblox“ außerdem an, dass beispielsweise Fälle von Kindesmissbrauch den dafür zuständigen Behörden gemeldet werden.
Das Entwicklerstudio Roblox Corporation setzt zudem auf eine künstliche Intelligenz (KI), die auf problematische Inhalte reagieren und diese auch sperren soll. Die KI soll beleidigende oder sexuell konnotierte Begriffe im Chat verhindern. Allerdings kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Kinder Daten wie ihre Handynummer an Fremde preisgeben und dort unzensiert chatten.
Wie Eltern ihre Kinder in „Roblox“ schützen können
Wie der in „The Kardashians“ geschilderte Fall oder auch die „Condo“-Welten zeigen, sind Moderatorinnen und Moderatoren und KI aber nicht immer rechtzeitig zur Stelle, um gefährliche Welten und Inhalte zu sperren. Somit sind auch Eltern stark gefragt, Maßnahmen für die Sicherheit ihrer Kinder zu ergreifen. Keine leichte Aufgabe, findet das Team von Spieleratgeber NRW: Die Spielauswahl sei „für Eltern nur schwer zu kontrollieren“, weil stets neue Inhalte hochgeladen würden.
Eltern sind nicht machtlos:
Mit einigen Einstellungen können sie einschränken, was ihre Kinder auf „Roblox“ machen können. Um ihren Kindern eine sichere Nutzung der Plattform zu ermöglichen, können sich Eltern an diesen Tipps orientieren:
- Grundsätzlich gilt: Da „Roblox“ erst ab zwölf Jahren freigegeben ist, sollten Kinder unter zwölf das Spiel nicht spielen. Auch Spieleratgeber NRW kommt zu dem Entschluss, dass die Plattform „aufgrund der ungefilterten Spielauswahl nur bedingt für junge Kinder geeignet“ ist.
- Bei der Anmeldung sollten Eltern ihre Kinder begleiten. Dabei ist es vor allem wichtig, dass im Account das richtige Alter des Kindes angegeben ist. Denn damit wird der Chat stärker gefiltert. Eltern können zudem ein separates Login zu dem Konto erhalten, mit dem sie die Interaktionen und andere Kontoaktivität des Kindes überprüfen können.
- In den Kontoeinstellungen können Eltern eine Funktion aktivieren, mit der Kinder nur noch Spiele spielen können, die von „Roblox“ als jugendfreundlich freigegeben und kuratiert wurden. Andere Games sind dagegen nicht mehr spielbar. Die Kontoeinstellungen lassen sich auf der Webseite auf dem Zahnradsymbol in der oberen rechten Ecke auswählen, in der App befinden sie sich dagegen auf der Schaltfläche „mehr“, die mit drei Punkten in der unteren rechten Ecke der Seite gekennzeichnet ist.
- Auch Interaktionsmöglichkeiten wie Privatnachrichten oder In-Game-Chats lassen sich in den Kontoeinstellungen ausstellen – auch das verhindert, dass Kinder beleidigt oder sexuell belästigt werden.
- Damit Kinder keine Einstellungen ohne Erlaubnis verändern, können Eltern einen Pin auswählen. Dieser sollte nur den Eltern bekannt sein – denn er ist notwendig, um Kontoeinschränkungen anzupassen.
- Eltern können die Nutzung auch über eine Zwei-Faktor-Authentifizierung regulieren: Kinder brauchen dann einen Sicherheitscode, den nur Eltern über die hinterlegte E-Mail-Adresse erhalten, um sich bei „Roblox“ einloggen zu können.
- Auch in den Spielen selbst können manche Einschränkungen getroffen werden: Eltern können so beispielsweise einstellen, dass Blut nicht sichtbar ist.
- Damit „Roblox“ nicht zu einem teuren Spaß wird, sollten Eltern möglichst die In-App-Käufe-Funktion deaktivieren und grundsätzlich keine Zahlungsmethode auf dem Gerät hinterlegen. Alternativ können in den Einstellungen monatliche Ausgabenbeschränkungen festgelegt werden.
Eltern stehen somit eine Reihe an Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung, allerdings entbinde das „nicht von der erzieherischen Aufgabe, die Kinder auch während des Spielens zu begleiten“, sagte die Mediencoachin Iren Schulz von Schau hin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sprich: Eltern sollten ab und zu nachschauen und mit dem Kind über die Inhalte und Gefahren des Spiels sprechen.
Medienpädagogen sehen auch Potenziale bei „Roblox“
Trotz der vielfältigen Gefahren sehen Medienpädagoginnen und Medienpädagogen auch viele Potenziale in „Roblox“ – zumindest dann, wenn Eltern altersgerechte Einschränkungen für ihre Kinder festlegen. Spieleratgeber NRW lobt in seinem Test etwa, dass das Spiel viel kreativen Freiraum biete und die Steuerung leicht zu lernen sei. Außerdem ermögliche die Anlehnung an Lego eine kindgerechte Darstellung.
Als positive Aspekte des Spiels nannte Schulz zudem die kompetitive oder kooperative Natur der Spiele. Die Spielerinnen und Spieler erlebten somit gemeinsame Abenteuer mit Freundinnen und Freunden oder verbrächten einfach nur Zeit in einem virtuellen Urlaubsresort.