Eine deutsche Gruppe unternimmt zu jedem Spiel der deutschen Nationalmannschaft eine ganz besondere Reise – von Bahrain aus durch die Wüste Saudi-Arabiens nach Doha. Reporter Roman Gerth war dabei.
Deutsche ReisegruppeNeun Stunden Busfahrt für die Nationalelf
Um 6 Uhr geht es los. „Pünktlich“, hatte Tom Roeder am Vorabend des Spiels von Deutschland gegen Spanien gewarnt, „der Bus fährt pünktlich ab.“ Es ist früh am Sonntagmorgen, die Sonne geht über den Stränden von Bahrains Hauptstadt Manama auf. Die Stimmung bei Roeder und 25 weiteren Deutschland-Fans ist gut. Vor ihnen liegen neun Stunden Busfahrt, sieben Stopps und drei Umstiege.
Anderthalb Jahre vor dem Auftakt der Fußball-WM in Katar begann die Planung. Roeder ist Betreuer beim Fan-Club Deutsche Nationalmannschaft, zuständig für die Sektion Rheinland. „Die Organisation der Reise nach Bahrain habe ich auf eigene Faust übernommen“, sagt der 45-Jährige. So war sein Angebot früher raus als die Reise des DFB-Fanclubs für Anhänger und Anhängerinnen der Nationalmannschaft, die nun in Dubai sind. Die reisen per Charterflug zu den deutschen Spielen. Von Bahrain aus geht das nicht so schnell und bequem.
Der Bus startet in Richtung der Grenze zu Saudi-Arabien. Deutschland-Flagge, Deutschland-Hüte und Deutschland-Trikots bestimmen das Bild. Hotelmitarbeiter haben Lunchpakete gepackt: Omelett, Donut, Mangosaft. Die Stimmung ist schon früh am Morgen gut. Es läuft Mallorca-Musik. „Hier spricht der Bierkapitän“, schallt es aus den Lautsprechern. Bis zum Grenzübertritt darf Alkohol konsumiert werden. Bahrain ist liberaler als Katar und als das saudi-arabische Regime. Ein Grund mehr, sich für diesen Trip zu entscheiden. „Strandurlaub mit Freunden“, sagt Jens Hentschel. Einige Fans sind schon seit Jahrzehnten bei den großen Turnieren dabei. Wer stört sich da schon an einer ewig langen Anreise?
Stopp eins: Ausreise aus Bahrain
Stopp eins ist die Ausreise aus Bahrain. Der Busfahrer sammelt die Reisepässe ein, gibt sie ab, fährt eine „Warterunde“, wie die Gruppe es nennt, und holt die Dokumente wieder ab. Wenige Hundert Meter weiter folgt die persönliche Passkontrolle. Alle steigen aus, ein Blick der bahrainischen Grenzbeamten – und weiter. Danach heißt es warten. Bei der Ankunft an der Grenze zu Saudi-Arabien ist es 7 Uhr. Ein Reise- und ein Kleinbus sind vorher dran. Es vergehen zwei Stunden. Dann erst sind die deutschen Fans dran: wieder Reisepass, Visum, Foto. Kurz darauf checken Beamte den Bus. Alles sauber.
Ursprünglich wollte die WM-Reisegruppe mit der Fähre übersetzen. Die verkehrt jedoch aus unbekannten Gründen nicht auf dem Persischen Golf. Und so ist sie „froh, dass es mit dem gecharterten Reisebus gut funktioniert“, sagt Roeder. Wieso seine Mitreisenden nicht doch den Trip nach Dubai gewählt haben? „Wir kennen Tom schon lange, er plant es immer gut, gibt sich viel Mühe“, sagt Andreas Becker, der die Tour mit seiner Ehefrau Iris macht. Kostenpunkt für 16 Tage: rund 3000 Euro, inklusive Tickets, Unterkunft und der Busfahrten.
Regelmäßig stehen Polizei oder Militär an der Strecke
Irgendwann schlafen die meisten. Dabei ist der Ausblick vom King Fahd Causeway überaus idyllisch. Die kombinierte Brücken- und Dammverbindung zwischen den Golfstaaten misst 25 Kilometer, kostete 1,2 Milliarden Euro und wurde nach Fahd bin Abdulaziz Al Saud (König von 1982 bis 2005) benannt. Danach: Abfahrt in die Wüste, für dreieinhalb Stunden. Regelmäßig stehen Polizei oder Militär an der Strecke – und viele Blitzer.
Kompliziert wird es vor der Ausreise aus Saudi-Arabien, sieben Stunden nach der Abfahrt. Der Bus hält auf einem Parkplatz, die Polizei ordnet an: alle in den Shuttlebus, der zur Grenzkontrolle fährt. Das Prozedere dauert wenige Minuten.
Letzte Etappe mit der Metro
Weiter geht es mit dem nächsten Shuttle rein nach Katar. Dazu reicht neben dem Reisepass die Hayya-Card, die während der WM als Ersatzvisum dient. Dann der dritte Umstieg: Ein Fifa-Bus fährt zum Stadtrand von Doha. Fahrtzeit: eine Stunde. Um 15 Uhr kommt der Tross an, die letzte Etappe zum Stadion legen die Fans mit der Metro zurück.
Die Strapazen, die sie auf sich nehmen, um das 1:1 des DFB-Teams gegen Spanien feiern zu können, sind damit nicht zu Ende. Erst mehr als 28 Stunden nach dem Aufbruch sind Roeder und Co. letztlich zurück im Hotel in Bahrain. Und an diesem Donnerstag folgt die dritte „Ochsentour“, wie Roeder sie nennt, zur Partie gegen Costa Rica. Kommt Deutschland weiter, verlängert die Gruppe den Aufenthalt – und weitere Trips durch die Wüste folgen.