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Kommentar

Nach Abi-Panne
Feller darf sich keine weiteren Patzer erlauben

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Lesezeit 3 Minuten
Dorothee Feller (CDU), Schulministerin, steht im Schulausschuss des Landtags in Nordrhein-Westfalen.

Dorothee Feller (CDU), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen.

Dorothee Fellers Eingeständnis erklärt die Fehlerkette zwar, bringt die Ministerin aber nicht aus der Schusslinie.

Was war das für eine Woche für mehr als 30.000 Abiturientinnen und Abiturienten, die in Köln und in ganz NRW von einer massiven technischen Panne betroffen waren! Weil die Prüfungsaufgaben unter anderem für die Fächer Biologie, Chemie und Informatik nicht vom zentralen Server des Landes heruntergeladen werden konnten, mussten die Klausuren auf den Freitag verschoben werden. Ein digitales Bildungs-Desaster ersten Ranges!

Der offizielle Grund für das Download-Debakel steht nun also seit gestern fest: Ein missratenes Software-Update und weitere Systemmängel eines IT-Dienstleisters sind nach den Worten von Schulministerin Dorothee Feller (CDU) die beklagenswerte Ursache.

Dorothee Fellers Eingeständnis bringt sie nicht aus der Schusslinie

Dieses Eingeständnis erklärt die gravierende Fehlerkette zwar technisch, bringt die Ministerin aber nicht aus der politischen Schusslinie. Zu stark wiegen die Fehleinschätzungen Fellers und ihres Apparates beim Thema Kommunikation.

Bis in den Abend hinein blieben Schüler, Lehrkräfte und Eltern im Unklaren darüber, ob die Klausuren am nächsten Tag stattfinden oder nicht. Jeder, der schon einmal vor einer solchen Prüfung stand, weiß, welchen Stress das bedeutet.

Carsten  Fiedler

Carsten Fiedler

Carsten Fiedler, Jahrgang 1969, ist Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Geschäftsführender Chefredakteur des Newsrooms der Kölner Stadt-Anzeiger Medien. Begonnen hat Fiedlers Karriere in der...

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Die von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als Verwaltungsexpertin ins Kabinett berufene Feller steht nun unter besonderer Beobachtung. Größere Pannen, insbesondere auf dem Weg der Digitalisierung des Schul- und Bildungssystems, dürfen ihr nicht mehr unterlaufen. Weitere Patzer, das weiß auch Wüst, fielen auf die komplette Regierung und auch auf ihn selbst zurück.

NRW: Abitur-Prüfungen am Freitag nicht ganz störungsfrei

Auch der gestrige Ersatz-Prüfungstag verlief übrigens nicht ganz störungsfrei. Nach Angaben des Vorsitzenden des NRW-Lehrerverbandes, Andreas Bartsch, gab es vor dem Start der Klausuren redaktionelle Probleme. So mussten etwa in den Fächern Biologie und Informatik noch Abbildungen getauscht werden.

Ein Informatik-Lehrer bestätigte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass an den Aufgaben noch Änderungen erfolgt seien. Die Prüfung sei aber ohne Verspätung gestartet, die Schülerinnen und Schüler hätten von den Anpassungen nichts gemerkt.

Ein Sprecher des Schulministeriums erklärte, es habe sich um kleinere Fehler gehandelt. Das sei nichts Ungewöhnliches, selbst bei mehrfach getesteten Aufgaben. Vor dem Hintergrund des Download-Debakels und der damit verbundenen großen Verunsicherung sind die – zum Glück noch rechtzeitig korrigierten – Fehler dennoch zusätzlich ärgerlich.

Ausweichtermin für Abitur bedeutet zusätzliche Belastung für muslimische Schülerinnen und Schüler

Es gibt noch eine weitere Folge der Abitur-Panne, die mehr als bedauerlich ist. Der Ausweich-Termin am Freitag bedeutete für die betroffenen muslimischen Schülerinnen und Schüler eine zusätzliche Belastung, weil er auf das Fest des Fastenbrechens fiel.

Der digitale Black-Out des Schulministeriums sorgte also auch dafür, dass muslimische Familien gestern entweder an einem der höchsten Feiertage bis in den Nachmittag auf ihre Kinder verzichten mussten. Oder dass diejenigen Schülerinnen und Schüler, die nicht am Tag des „Zucker-Festes“ schreiben wollten, die Abi-Prüfung am 9.Mai nachschreiben müssen.

Es gibt guten Grund für Schulministerin Feller, nachzusitzen - und es besser zu machen

Wie ignorant diese Entscheidung auf Muslime wirken muss, kann man als Nicht-Moslem am besten nachvollziehen, wenn man sich vorstellt, das Abitur sei auf Heiligabend gelegt worden. Die Kritik des Integrationsrates der Stadt Köln, dass man so nicht mit Menschen umgehen sollte, die man für die Gesellschaft gewinnen will, ist absolut gerechtfertigt.

Auf dem Abitur 2023 in NRW lastet umso mehr ein sehr bitterer Beigeschmack, vom Download-Desaster bis hin zur problematischen Missachtung gesellschaftlicher Vielfalt. Es gibt guten Grund für die Schulministerin und die Landesregierung, nachzusitzen – und es im kommenden Jahr deutlich besser zu machen!

Einen weiteren Blackout im Bildungssystem kann sich die schwarz-grüne Landesregierung jedenfalls nicht mehr leisten.


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