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Kommentar

Sollten Sommerferien verkürzt werden?
Ein Kind macht Sprachferien, das andere sitzt nur vor der Glotze

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Lesezeit 3 Minuten
Ein Schulranzen steht auf dem Boden, es hat sich schon ein Spinnennetz gebildet.

Ein Schulranzen, der sechs Wochen in der Ecke verstaubt? Eine Verkürzung der Sommerferien würde zur Entspannung der Eltern und zu mehr Bildungsgerechtigkeit führen.

Durch kürzere Sommerferien hätten Eltern weniger Betreuungsprobleme, es könnten aber auch Lernlücken und Ungerechtigkeiten aufgefangen werden.

Bald beginnen die Sommerferien. Sechs Wochen faulenzen sind für die meisten Schülerinnen und Schüler die schönste Zeit im Jahr, findet unsere Autorin Lynn Koerle und plädiert für den Erhalt der langen Zeit des Sommerglücks. Das ist zu lang, weil die Betreuungsfrage ungeklärt ist und die freie Zeit zu Bildungsungerechtigkeiten führt, argumentiert unsere Autorin Isabell Wohlfarth.

Endlich Freiheit! Was habe ich mich früher immer auf die Sommerferien gefreut. Auch meine Kinder können das Schuljahresende kaum erwarten, um auszuschlafen, ausgiebig zu lümmeln und ganz viel zu spielen. Ich gönne ihnen und allen Kinder das von Herzen. Auszeiten von der Schule sind wahnsinnig wichtig. Aber müssen es unbedingt sechseinhalb Wochen sein?

Für viele Eltern ist es nämlich jedes Jahr eine Mammutaufgabe, diese Zeit für ihre Kinder zu organisieren. Denn die Urlaubstage im Job sind begrenzt und müssen zwischen Sommer-, Oster-, Herbst- und Weihnachtsferien aufgeteilt werden. Das passt hinten und vorne nicht. In unserem Fall können wir Eltern diesen Sommer zwei Wochen parallel für einen gemeinsamen Familienurlaub freinehmen. Bleiben noch viereinhalb Wochen Sommerferien, in denen wir arbeiten müssen und die Kids an anderer Stelle betreut und bespaßt werden müssen. Schließlich können und sollten Kinder nicht wochenlang alleine zu Hause vor sich hin dümpeln.

Isabell Wohlfarth

Isabell Wohlfarth

Redakteurin im Ressort Freizeit & Ratgeber/Magazin. Schreibt vor allem zu den Themen Familie, Psychologie, Vereinbarkeit und Erziehung. Ihre drei Kinder und ihre riesige Verwandtschaft sind häufig Ins...

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Familien, bei denen Großeltern oder Freunde nicht einspringen können, stehen hier vor einem echten Problem. Die Ferienbetreuung an den Schulen ist nicht überall gut ausgebaut und zudem zeitlich begrenzt. Die wenigen erschwinglichen Ferienkurse sind schnell ausgebucht und die meisten anderen völlig überteuert – da kostet eine Woche Freizeit in der Zirkusschule oder im Zoo um die 200 Euro. Das ist keine echte Option für Familien mit mehreren Geschwistern oder für einkommensschwache Familien.

Viele Eltern können sich weder Urlaub noch Ferienkurse leisten

Denn auch in den Ferien macht das Chancen- und Bildungsgefälle keine Pause. Im Gegenteil, hier zeigt sich extra deutlich, wie ungleich die Möglichkeiten der Kinder in unserem Land sind. Während der Nachwuchs gut situierter Eltern vom Familienurlaub auf den Kanaren direkt weiter ins Soccer-Camp oder in die Sprachferien nach Malta reist, sitzt das Kind aus einer sozial schwachen Familie sehr wahrscheinlich viele Wochen lang vor der Glotze oder am Handy. Manche Eltern haben nämlich weder das Geld, noch die Gelegenheit, eine gute Betreuung oder ein Freizeitprogramm für ihre Kinder auf die Beine zu stellen. Sie können keine Reise finanzieren, haben keinen Garten mit Trampolin und keine Dauerkarte fürs Spieleland.

Für die Kinder solcher Familien sind sechs Wochen Ferien eine lange Zeit, ohne Abwechslung und neue Impulse. Genau das aber bekommen sie sonst regelmäßig in der Schulzeit. Schließlich ist Schule ja auch ein Lebensraum, in dem es Gemeinschaft, Kontakt zu Gleichaltrigen, Spielangebote, psychologische Förderung, feste Strukturen und ein warmes Essen gibt.

Durch mehr Unterrichtszeit könnten Lernlücken geschlossen werden

Und natürlich können die Kinder in der Schule gezielt beim Lernen unterstützt werden. Würde man die Ferien um ein, zwei Wochen reduzieren, gäbe es auch mehr Unterrichtszeit, die dazu genutzt werden könnte, in Ruhe versäumten Stoff aufzuholen und Lernlücken zu schließen. Das würde vielen Kindern den Einstieg ins neue Schuljahr erleichtern.

Eine Alternative zur Verkürzung der Sommerferien wäre, in den Schulen eine flächendeckende, kostenlose Ferienbetreuung mit Lernförderung anzubieten. Dafür müsste allerdings Geld investiert und das nötige Personal gefunden werden. Vielen Eltern und Kindern würde das aber gleich in vielfacher Hinsicht helfen, leichter und schöner durch den Sommer zu kommen.

Isabell Wohlfarth, 43, ist Redakteurin im Ressort Ratgeber & Magazin. Sie hat Mühe, sechs Wochen Betreuung für ihre Kinder zu organisieren, denkt aber auch an jene Schülerinnen und Schüler, die nur alleine zu Hause sitzen werden.