Aehlig übernimmt von Veh„Wir brauchen eine schnelle Entscheidung“
Köln – Frank Aehlig, der Leiter Lizenzspielerabteilung des 1. FC Köln, übernimmt vorläufig die Aufgaben des ausgeschiedenen Sportchefs Armin Veh. Der 51-Jährige, der im vergangenen Sommer seinen auslaufenden Vertrag beim FC bis 2020 verlängert hatte, nahm nach dem Abpfiff der Partie gegen Hoffenheim Stellung.
Herr Aehlig, wie schätzen Sie die Situation des 1. FC Köln ein?
Frank Aehlig: Schwierig, nicht prekär. Prekär wäre sie, wenn wir deutlich weniger Spiele zu bestreiten hätten. Ein Drittel der Saison ist vorüber, und wir haben deutlich zu wenige Punkte. Es ist schwierig, aber wir können das noch korrigieren. Wir müssen aktuell natürlich bewerten, ob wir eine Veränderung auf der Trainerposition vornehmen wollen und ob uns das, was wir heute gesehen haben, reicht, um in der Konstellation weiter zu machen. Oder ob wir sagen, wir haben den Glauben nicht mehr. Deshalb haben wir erstmal ein beschlossen, dass wir am Samstag nicht trainieren. Wir müssen die Spieler nicht um den Platz laufen lassen, sondern ich muss mit ihnen und dem Trainerstab sprechen und hören, was sie sagen, fühlen, denken. Und dann müssen wir die Eindrücke zusammenfassen und mit dem Vorstand, der Geschäftsführung und den entsprechenden Gremien besprechen und zu einer Entscheidung kommen. Welche Entscheidung wir auch treffen: Wir sollten sie nicht hinziehen.
Erst kurz nach dem Abpfiff ist öffentlich gemacht worden, dass Armin Veh den Verein direkt verlässt. Der Zeitpunkt ist für viele sehr überraschend.
Es ist nach dem Spiel bekanntgegeben worden um sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, dass eine Veröffentlichung am Vormittag oder Nachmittag noch irgendeinen Einfluss auf das Spiel gehabt hätte. Folglich wollten wir erst einmal alle Unruhe und Störgeräusche beiseitelassen. Der volle Fokus sollte nur dem Spiel gelten. Man hat deshalb nach dem Spiel bekannt gegeben, weil es natürlich auch keinen Sinn macht, den Armin mit irgendwelchen Begründungen heute Abend nicht mehr sprechen zu lassen, sondern damit war dann die Klarheit gegeben, dass er nicht mehr im Amt ist.
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Seit wann wissen Sie, dass sie vorläufig als Sportchef in der Verantwortung stehen?
Seit Donnerstagabend.
Am Montag soll sich Armin Veh noch deutlich hinter Trainer Achim Beierlorzer gestellt und dies mit der Vertrauensfrage verbunden haben. Fünf Tage später verlässt Veh dann den Verein mit sofortiger Wirkung. Hätte man das nicht anders regeln können oder müssen?
Im Nachhinein kann man immer etwas anders machen. Ich glaube, Armin ist seiner Verantwortung als Geschäftsführer so lange nachgekommen, wie er im Amt war. Sein Entschluss, den Vertrag nicht zu verlängern und die momentane Lage haben da als Beschleuniger gewirkt. Ich finde, das ist von Armin auch nur konsequent. So kenne ich ihn auch, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Für uns auf Strecke wären sie auch eher belastend gewesen als hilfreich.
Wer entscheidet denn jetzt die Trainerfrage?
Ich sammele Eindrücke und Erkenntnisse und werde diese dem Geschäftsführer, dem Präsidium und dem Gemeinsamen Ausschuss, der am Ende über Dinge dieser Tragweite mit entscheidet, mitteilen und eine Handlungsempfehlung aussprechen.
Wie bewerten Sie das Spiel gegen Hoffenheim?
Es war im Grunde Spiegelbild der letzten Wochen. Am Ende haben wir wieder mit einer mehr als unglücklichen Situation das Spiel verloren. Wie Achim es sagt: Ich kann verstehen, dass eine Vielzahl von Szenen mit Schiedsrichterbeteiligung nicht positiv für uns verlaufen sind. Das fing in Wolfsburg an und hört heute mit der Szene von Dominick Drexler auf. Deshalb muss man versuchen, das von der Emotionalität zu trennen. Und es macht keinen Sinn, heute Abend irgendwelche Parolen durch die Gegend zu schreien, sondern morgen erst mit den Beteiligten zu sprechen.
Die Fans haben die Mannschaft unterstützt, dennoch gab es auch Proteste. Wie beschreiben Sie die Stimmungslage?
Die ist angespannt. Die meisten Leute machen sich Sorgen – auch nicht zu Unrecht. Das ist alles nachvollziehbar. Ich hatte heute das Gefühl, dass wir für unsere Situation eine gute Unterstützung durch die Fans hatten. Das hat auch daran gelegen, weil die Mannschaft es teilweise gut gemacht hat. Es sollte ihr für die Zukunft Mut machen, dass sie die Atmosphäre nicht nur als Last oder Druck empfindet Sondern: Wenn wir alles raushauen, dann haben die Leute auch ein gutes Gespür für die Situation – selbst wenn wir auf bittere Art und Weise ein Spiel verlieren.
Der Klub ist seit Monaten in schweren Turbulenzen. Wie kann man wieder wenigstens etwas Ruhe hereinbekommen?
Ich glaube, das ist jetzt eine solch große Frage, an die sollte ich mich gar nicht herantrauen. Wir sollten an die Dinge herangehen, die wir unmittelbar beeinflussen können. Um die sollte ich mich kümmern.
Es wurde erst jetzt bekannt, dass Sie Ihren Vertrag beim FC verlängert haben. Warum erst jetzt, und warum haben Sie verlängert?
Das war im ersten Trainingslager in Donaueschingen Anfang Juli. Wir hatten einige Gespräche, die waren auch ein Stück weit überlagert vom Interesse von RB Leipzig an mir. Ich habe mich dann am Ende entschieden, hier weiterzumachen, weil ich das Gefühl hatte, dass wir eine gute Stimmung und ein Stück weit Aufbruch hatten. Wir haben positiv in die Zukunft geschaut. Jetzt haben wir das nicht umsetzen können. Das ist Sport, es gibt in diesem immer wieder Herausforderungen. Denen muss man sich auch stellen. Bei Sonnenschein ist es einfach, das kann jeder.
In der Suche nach dem neuen Sportchef soll „zeitnah“ eine Entscheidung verkündet werden. Was glauben Sie: Wie lange bleiben Sie im Amt?
Da kümmere ich mich überhaupt nicht drum. Ich habe mich im meiner Rolle bisher wohl gefühlt. Egal, wie es sich am Ende darstellt: Ihr werdet mich nicht depressiv vorfinden.
Ist es auch möglich, dass Sie neuer Geschäftsführer Sport werden?
Darüber haben wir überhaupt noch nicht gesprochen. Der Vorstand hat mich gefragt, ob ich das jetzt vorübergehend übernehmen kann. Das mache ich gerne, und das macht auch Sinn. Alles andere würde ich erstmal dem unterordnen, dass wir sportlich wieder in die Spur kommen.
Aufgezeichnet von Lars Werner