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Bayer 04 gegen FCAls Hillsborough den Meisterschaftskampf egal machte

Lesezeit 3 Minuten
Fußballer in weißen und roten Trikots kämpfen um den Ball. Im Hintergrund stehen die Fans auf einem Erdhügel.

Wo heutzutage moderne Tribünen stehen, standen die FC-Fans (im Hintergrund) 1989 noch auf einem Erdhügel, in den Stufen eingelassen waren.

Das Gedränge um die Eintrittskarten vor dem Spiel sorgte nach den schlimmen Nachrichten aus England nach Abpfiff für ein mulmiges Gefühl bei den Kölner Fans.

Knapp 26 Straßenkilometer liegen zwischen den Heimspielstätten der rheinischen Nachbarn. Für beide gilt: Kein anderes Bundesliga-Stadion liegt näher. Die Antwort auf die Frage, ob Duelle zwischen dem 1. FC Köln und Bayer Leverkusen ein Derby sind, ist dennoch oft vom Alter des Befragten abhängig. Vor allem FC-Fans über vierzig werden es verneinen.

Enttäuschungen auf der anderen Rheinseite

Egal ob man es Nachbarschafts-Duell oder Derby nennt – es elektrisiert die Fans beider Lager. Die Vorzeichen haben sich in den letzten zwei bis drei Dekaden jedoch deutlich in Richtung Werkself verschoben. Insgesamt war der Weg über den Rhein für die FC-Fans sehr oft mit enttäuschendem Ausgang verbunden.

Sei es in der Oberliga West oder in der Bundesliga, ganze sechs Siege stehen für den 1. FC Köln in Leverkusen zu buche – den DFB-Pokal sogar mit einbezogen. Acht Niederlagen hintereinander stellen zwischen 1996 und 2008 die bitterste Serie dar. In elf Begegnungen trennten sich die rheinischen Rivalen Unentschieden.

Euphorie vor dem Spiel

Am 15. April 1989 waren die Regionalzüge zwischen Köln und dem Bahnhof „Leverkusen Mitte“ voller euphorischer FC-Fans. Von dort ist es ein gut 15-minütiger Fußweg durch den Wilhelm-Dopatka-Stadtpark zum Stadion, das 1989 noch nach dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG Ulrich Haberland benannt war.

Die sportlichen Machtverhältnisse waren in diesen Tagen noch zugunsten des FC sortiert. Vor dem 26. Spieltag führte der FC Bayern die Tabelle mit 37:13 Punkten an. Dazu muss man wissen, dass seinerzeit noch die 2-Punkte-Regelung galt. Auf Rang 2, mit 34:16 Punkten, lag der 1. FC Köln. Es folgten Bremen (32:18) und der HSV (31:19).

Gedränge um die Eintrittskarten

Eine gute Stunde vor dem Anpfiff drängte sich der Kölner Anhang um die Kassenhäuschen an den Ecken des Ulrich-Haberland-Stadions. Glücklich, wer an der Tageskasse eines der begehrten Tickets ergattern und aus dem Tumult ins Stadion entkommen konnte. Eine Kasse nach der anderen meldete ausverkauft, worauf die Fans ohne Tickets umgehend das letzte offene Kassenhäuschen belagerten.

Es wird am Ende nicht jeder Kartenwunsch erfüllt worden sein. Nicht wenigen gelang es, sich noch ohne Bezahlung Zutritt zum Zuschauerbereich zu verschaffen. Die überlieferte Zahl vermeldet 24.000 Fans. Ohne Übertreibung waren davon gut zwei Drittel dem Lager des Tabellenzweiten zuzuordnen.

Enges Spiel

In einem engen Spiel hatte der FC – dessen Mannschaft mit Stars wie Bodo Illgner, Jürgen Kohler, Thomas Häßler und Pierre Littbarski gespickt war – kurz vor Schluss die größte Chance auf den Sieg. Ein Pass von der rechten Strafraumseite kullerte parallel zur Torlinie vorbei, doch kein Kölner bekam den Fuß an das Spielgerät. Es blieb beim 0:0. Der FC hatte die Gelegenheit verpasst, auf zwei Punkte zu den Bayern aufzuschließen, die in Dortmund ebenfalls nur Unentschieden gespielt hatten.

Ein Fußballer in rotem Trikot schlägt eine Flanke. Sein Gegenspieler kann nur hinterherschauen.

Die Hereingabe von Armin Görtz (Köln, re.), der sich gegen Jean Pierre de Keyser (Leverkusen) durchsetzen konnte, führte nicht zum Torerfolg.

Wie damals üblich, hatten einige Anhänger portable Radiogeräte dabei, um sich über die Ergebnisse von den anderen Plätzen zu informieren. Üblicherweise wurden bei WDR2 zudem die Fußball-Ergebnisse aus England vermeldet. An diesem Tag sollte unter anderem das Halbfinale des FA Cup zwischen Liverpool und Nottingham Forest im Hillsborough-Stadion in Sheffield stattfinden.

Tote und Verletzte in Sheffield

Durch schwere Fehler der Polizei kam es dabei zu einer Massenpanik, bei der 96 Fußball-Fans ihr Leben verloren und weitere 700 verletzt wurden. Dieses Unglück gilt als eine der größten Katastrophen in der Geschichte des Fußballs.

Menschen versuchen aus dem Stehplatzbereich eines Fußball-Stadions zu entkommen. Einige stehen auf dem Spielfeld, während andere versuchen in den Oberrang zu klettern.

Fans des FC Liverpool versuchen der Massenpanik im Hillsborough-Stadion in Sheffield zu entkommen.

Unter den heimwärts strömenden Fans in Leverkusen verbreitete sich diese Nachricht wie ein Lauffeuer. Den weiteren Heimweg verbrachten viele in nachdenklichem Schweigen. Die Zustände vor den Kassenhäuschen vor dem Ulrich-Haberland-Stadion bereiteten nicht wenigen im Nachhinein ein mulmiges Gefühl. Der Kampf um die Meisterschaft geriet angesichts der schlimmen Bilder aus Sheffield für einige Tage zur Nebensache.