Köln – Vom ganz großen Drama bis zum blitzschnellen Comeback war es bei Anthony Modeste in den vergangenen Tagen nicht weit. Der große Derby-Hoffnungsträger des 1. FC Köln, der nach dem Rüden Foul von Stefan Bell am vergangenen Sonntag in Mainz (1:1) noch vorzeitig unter großen Schmerzen und Tränen ausgewechselt worden war, betrat am Donnerstagvormittag wieder den Trainingsplatz am Geißbockheim.
Nicht zu einer individuellen Einheit. Der 33-Jährige stieg sogar wieder ins Mannschaftstraining ein. Rechtzeitig vor dem „Spiel der Spiele“ am Rhein, dem Derby am Samstag (15.30 Uhr) gegen Borussia Mönchengladbach, meldete sich der Kölner Torjäger wieder fit.
Noch am Montag hatte Trainer Steffen Baumgart beim Franzosen wenig Hoffnung. Auch wenn schnell klar war, dass sich Modeste keine strukturelle Verletzung zugezogen hatte, so schien Modestes Einsatz gegen den Kölner Erzrivalen absolut fraglich. Doch offenbar besitzt der Stürmer überaus gutes Heilfleisch. Baumgart jedenfalls verstieg sich nach der Donnerstag-Einheit zu folgendem Bonmot: „Tony läuft schon wieder normal – und nicht wie der eigene Großvater.“
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Nun ist zwar nicht überliefert, wie gut Modestes Großvater einst zu Fuß war. Sein Enkel wiederum wirkte fit und voller Tatendrang. Auch wenn Baumgart anfügte, dass natürlich ein Unterschied zwischen einer Trainingseinheit und einem Bundesliga-Wettkampf liege. Für Modeste gilt eher: ziemlich schnelle Genesung. Und der mit acht Bundesligatreffern mit Abstand torgefährlichste Kölner hat ja auch noch zwei Tage Zeit, um weiter an seiner Konstitution zu arbeiten. „Die ersten Gespräche mit Tony waren gut, von daher können wir davon ausgehen, dass er auch eine Option für das Derby ist. Die zwei Tage werden ihm weiter helfen“, gab sich Baumgart deutlich zuversichtlich.
Modeste hatte sich in Mainz eine schmerzhafte Becken-Prellung zugezogen und am Tag danach unter großen Schmerzen zur Untersuchung in die Mediapark-Klinik geschleppt. Drei Tage später schien er wie verwandelt. Baumgarts Erklärung: „Es war keine Wunderheilung, sondern es geht vor allem ums Schmerzempfinden. Es war recht früh klar, dass nichts kaputt ist. Er wird weiterhin gut behandelt.“
Sein Mitwirken wäre für den FC von größter Bedeutung. Denn Modeste ist für den Tabellenzwölften nahezu nicht zu ersetzen – auch wenn der für ihn in Mainz eingewechselte Sebastian Andersson aufsteigende Form bewies. Zudem hätten die Gladbacher alleine aufgrund von Modestes Anwesenheit sicherlich großen Respekt vor dem Stürmer, der in seinen zehn Derby-Einsätzen gegen die Fohlenelf bereits fünf Tore erzielt hat.
Für Baumgart ist es das erste Rhein-Derby. Der Trainer mit der eingebauten Duracell-Batterie, der 90 Minuten und länger ohne Rast durch die Coaching-Zone tigert, sah zwar am Donnerstag nicht so aus, als wirke er voller Vorfreude. Doch das ist wohl Baumgarts öffentliche Art und dürfte vielmehr Fassade sein. Es gilt als sicher, dass der emotionale Coach auf das Duell brennt. Und so entgegnete Baumgart: „Es für mich das größte Derby, das ich bisher gespielt habe. Ich freue mich einfach, dass das Spiel vor voller Hütte stattfinden kann. Die sportliche Rivalität muss dann da sein und auf dem Platz zu spüren sein. Ich habe das Gefühl, wir können dieses Spiel gewinnen. Ob es uns gelingt wird man sehen, aber wir haben da sehr, sehr gute Möglichkeiten.“
Lob für Schwäbe – Uefa-Strafe
Marvin Schwäbe, der bisher im Pokal für den 1. FC Köln zum Einsatz gekommen war, steht nach der Verletzung von Stammtorhüter Timo Horn vor seinem Bundesliga-Debüt. „Marvin hat lange gut trainiert. Seine Leistungen im Pokal waren sehr, sehr gut. Ich freue mich auf sein Debüt. Aber, ob er alles dann so umsetzen kann, kann ich auch nicht sagen, das ist Glaskugel“, sagte Trainer Steffen Baumgart. Dessen Mannschaft wird voraussichtlich in einem ausverkauften Stadion antreten können, denn bis Stand Donnerstagabend lief es auf die volle Kapazität von 50.000 Zuschauern hinaus. Vor dem Derby gibt es von 10 bis 13 Uhr wieder eine Impfmöglichkeit am Rhein-Energie-Stadion.
Die Uefa hat dem 1. FC Köln wegen der Randale beimYouth-League-Spiel der U19 des FC beim KRC Genk eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro aufgebrummt. Rund 50 Chaoten, die dem Kölner Lager zugeordnet wurden, hatten am 19. Oktober in Genk den Platz gestürmt, Schlägereien angezettelt und Pyrotechnik abgebrannt. Das Spiel stand kurz vor dem Abbruch.
Doch das dürfte für den FC aller Voraussicht nach ein kompliziertes Unterfangen werden. Denn Gladbach ist unter Trainer Adi Hütter ins Rollen gekommen. Borussia holte 14 Punkte aus den letzten sieben Bundesliga-Spielen und zog in diesem Zeitraum in der Tabelle am FC vorbei, der zwar mit Ausnahme der Klatsche in Hoffenheim (0:5) spielerisch überzeugte, aber auch seit fünf Partien sieglos ist.
Für Baumgart ist Gladbach denn auch „eine der besten Mannschaften“ der Bundesliga. Der Trend bei Borussia sei klar positiv, die stets kompakt auftretende Mannschaft hätte auch noch mehr Punkte holen können. „Der Höhepunkt war natürlich das 5:0 gegen Bayern. Gladbach wird bis zum Ende um die internationalen Plätze mitspielen. Es ist eine spielerisch und qualitativ starke Mannschaft, darüber sollten wir uns alle im Klaren sein“, sagte Baumgart, der voraussichtlich wieder auf Ellyes Skhiri von Beginn an setzen wird, da sich der Dauerläufer und Führungsspieler nunmehr seit anderthalb Wochen wieder im Mannschaftstraining befindet. Klar ist zudem, dass Marvin Schwäbe für den verletzten Timo Horn im Tor steht. Ansonsten dürfte der Coach seine Mannschaft im Vergleich zum Mainz-Spiel kaum verändern.
Auch für den erfahrenen Borussia-Trainer Hütter ist das Duell eine neue Erfahrung. „Wenn ich alle Derbys meiner 30-jährigen Spieler- und Trainer-Karriere miteinander vergleiche, steht Köln gegen Gladbach sicherlich an erster Stelle“, sagte Hütter am Donnerstag. Das Spiel der Erzrivalen sei „ein riesiges Traditionsduell. Es geht um sehr viel.“ VfL-Sportdirektor Max Eberl sieht die Stärke des Gegners auch in dessen Trainer Steffen Baumgart: „Diese Kombination Baumgart-Köln, die ist gut.“ Fans und Verantwortliche des 1. FC Köln werden dem Ur-Gladbacher in diesem Punkt mal nicht widersprechen.