Köln – Auch ein 1:1 in einem Heimspiel kann begeistern. Als am Sonntagabend in Müngersdorf der Abpfiff ertönte, war ein Jubelschrei im Stadion nicht zu überhören. Die Kölner Mannschaft holte sich den verdienten Applaus und ging sogar noch auf eine kleine Ehrenrunde.
Nach dem 1:1 gegen den Tabellenzweiten Borussia Dortmund muss man zwei Dinge konstatieren. Erstens: Der FC, der in den vergangenen beiden Spielzeiten bis zum Ende um den Klassenerhalt zittern musste, hat bereits nach 27 Spieltagen die 40-Punkte-Marke erreicht und als Tabellensiebter sogar Chancen auf den Europapokal.
FC ersatzgeschwächt und trotzdem mehr vom Spiel
Obwohl arg ersatzgeschwächt, bot der FC dem Favoriten nicht nur Paroli, sondern hatte sogar mehr vom Spiel: mehr Torschüsse (elf zu neun), mehr Ballbesitz (55 zu 45 Prozent) und eine bessere Zweikampfquote (54 zu 46). Eine alte Fußball-Floskel traf zu: Die Kölner kauften den Dortmundern den Schneid ab. Vor allem in der ersten Halbzeit wusste der FC zu begeistern.
Zweitens: Der BVB, der sich noch leise Hoffnungen auf die Meisterschaft machte, muss bei sechs Punkten Rückstand auf den FC Bayern und der deutlich schlechteren Tordifferenz den Titeltraum wohl abhaken. Superstar Erling Haaland, der nach langer Verletzungspause ein mäßiges Startelf-Comeback gab und in der 56. Minute mit seiner größten Chance am herausragend reagierenden FC-Torhüter Marvin Schwäbe scheiterte, wird den BVB nach dem Pokalsieg 2021 in diesem Sommer wohl ohne weiteren Titel verlassen.
Luca Kilian: „Der Punkt ist auf jeden Fall verdient“
„Der Punkt ist auf jeden Fall verdient. Wir haben einen Klasse-Fight geliefert. Ganz unverdient wäre es nicht gewesen, wenn wir das Ding sogar gewinnen. Wir haben ein gutes Spiel gemacht“, sagte Kölns Verteidiger Luca Kilian, der in Dortmund geboren und beim BVB ausgebildet wurde. „Das, was die Jungs abgerissen haben, wollten wir sehen. Die 30 Minuten vor der Pause waren wir sogar bärenstark“, befand Trainer Steffen Baumgart.
Dabei hatte der FC-Coach vor dem Anpfiff große Personalsorgen. Baumgart musste gleich auf sieben Spieler verzichten: Kapitän Jonas Hector, Florian Kainz, Dejan Ljubicic, Tim Lemperle und Marvin Obuz (alle krank) fielen aus. Kingsley Schindler war aus persönlichen Gründen nicht dabei. Und im Training am Freitag verletzte sich Ellyes Skhiri. Im Vergleich zum 1:0-Sieg in Leverkusen rückten Jannes Horn, Louis Schaub und Ondrej Duda für Hector, Skhiri und Kainz in die Startelf.
Erschwerend kam für die Hausherren hinzu, dass die Partie für sie maximal unglücklich begann. Der so zuverlässige Benno Schmitz hatte sich nach nur sechs Minuten am Oberschenkel verletzt. Während der Rechtsverteidiger noch behandelt wurde, kassierte der FC in Unterzahl das 0:1. Nach einem perfekt gespielten langen Ball von Jude Bellingham lief Marius Wolf erst Jannes Horn, dann Timo Hübers davon. Der Ex-Kölner holte das Leder technisch fein herunter und schob es an Schwäbe vorbei zur Führung (8.).
FC brauchte nicht lange, um den Schock zu verarbeiten
Doch der FC brauchte nicht lange, um den Schock zu verarbeiten. Mit zunehmender Spielzeit wurde das Baumgart-Team immer mutiger und druckvoller, der Einsatz stimmte ohnehin wieder. Und der FC kam zu Chancen: Nach einer Flanke von Mark Uth verpasste der anfliegende Anthony Modeste den Ball nur knapp per Kopf, es wäre ein Torpedo-Tor gewesen (21.). Sechs Minuten später hatte Uth selbst die Chance zum Ausgleich aus kurzer Distanz, doch sein zweiter Ballkontakt war zu ungenau. Und der FC setzte immer wieder Zeichen, für die es Szenenapplaus gab. So zum Beispiel für Kingsley Ehizibue, der für Schmitz gekommen war. Der Niederländer rettete mit einer sagenhaften Grätsche. Oder für Salih Özcan, der den Turbo zündete und es tatsächlich schaffte, den enteilten Bellingham zu stoppen.
Der FC stresste den BVB. Und er belohnte sich mit dem 1:1 in der 36. Minute: Nach Horns Flanke von der linken Seite köpfte Modeste den Ball nach innen vor das Tor. Dort lauerte Sebastian Andersson, der die Kugel aus kurzer Distanz über die Linie drückte. Es war das dritte Saisontor des Schweden und sein erstes seit dem 4:1 im Derby gegen Gladbach Ende November.
Haaland scheitert an Schwäbe, Reyna an Thielmann
Auch nach dem Wechsel entnervte der FC den Gast. Bellingham verlor den Schuh, monierte lautstark ein Foul von Özcan und brauchte zwei Minuten, um auf dem Platz sein buntes Ersatzpaar anzuziehen. Bis zur 56. Minute war Haaland nicht groß in Erscheinung getreten, dann hatte der Norweger aber die Riesenchance zum 2:1, fand aber seinen Meister in Schwäbe.
Die Partie blieb weiter intensiv. Die nächste Chance hatte wieder der FC, doch einen Schuss von Duda fälschte Akanji gerade noch zur Ecke ab (72.). Auf der Gegenseite klärte der eingewechselte Jan Thielmann nach einem Wahnsinns-Sprint per Grätsche gegen den durchgedrungenen Reyna (74.). Das Stadion tobte. Das Spiel beruhigte sich wieder, die Fans sich nicht.