Köln – Es lief die 40. Minute in der Leipziger Red Bull Arena. Und es spielten sich spektakuläre, durchaus entscheidende Szenen ab. Mit einer herausragenden Parade hatte Kölns Torhüter Marvin Schwäbe soeben gegen Nkunku aus kurzer Distanz das 0:2 verhindert, da startete der FC den direkten Gegenzug. Dejan Ljubicic bediente Florian Kainz, der flankte scharf und flach auf den mitgelaufenen Florian Dietz. Der FC-Stürmer löste sich geschickt von seinem Gegenspieler und bugsierte den Ball am zweiten Pfosten stehend unter die Latte zum 1:1 in die Maschen. Der Regionalliga-Torjäger der vergangenen Saison drehte jubelnd ab und freute sich im zweiten Bundesligaspiel über sein erstes Tor im Oberhaus.
Nach dem 2:2 in Leipzig erhielten der Tor-Debütant und auch Schwäbe sogleich ein Lob vom Kapitän. „Marvin hält den Schuss von Nkunku vor unserem Ausgleich zum 1:1 durch Flo Dietz überragend. Die Jungs haben den Konter richtig stark ausgespielt. Mich freut es sehr für Flo. Er hat sich erneut aufgerieben und jetzt auch sein Tor gemacht hat. Man sieht, dass wir auch immer wieder was von der Bank nachwerfen können", sagte Jonas Hector. Und auch FC-Trainer Steffen Baumgart lobte den Bundesliga-Novizen: „Florian Dietz hat vergangene Woche schon ein gutes Spiel gemacht. Er ist ein gefährlicher Spieler – gerade in der Box. Wie er vorne arbeitet, macht er sehr gut."
Noch am vergangenen Wochenende hatte Baumgart mit seiner Wahl im Sturmzentrum selbst Experten verblüfft. Beim 3:1-Sieg zum Bundesliga-Start gegen Schalke 04 gab der Coach Dietz von Beginn an die Chance. Er wurde vom 24-Jährigen nicht enttäuscht, im Gegenteil, Baumgart war mit dem 86-minütigen Bundesliga-Debüt des Mittelstürmers zufrieden. Bereits vor dem Auswärtsspiel bei RB Leipzig war Baumgart voll des Lobes für den Angreifer. „Unter den Umständen, die das alles mit sich gebracht hat, muss man sagen, dass er eine richtig gute Leistung gebracht hat“, sagte Baumgart über den „guten Wand- und Kopfballspieler“ Dietz, für den der vergangene Sonntag ziemlich kurios, aber auf jeden Fall aufregend gewesen sein muss.
Überraschendes Erstliga-Debüt
Wäre Anthony Modestes Wechsel zu Borussia Dortmund nicht vorzeitig durchgesickert, hätte Dietz nicht einmal im Kader gestanden. Das verriet der Stürmer sogar selbst. Doch gegen Schalke lief der Unterfranke dann vor 50 000 Zuschauer gleich zu Beginn auf. „Es verlief alles sehr kurzfristig, hat mich aber natürlich sehr gefreut. Ich hatte mir vorgenommen, es auch zu genießen. Ich wollte Gas geben. Das ist das, was ich beeinflussen konnte. In den ersten Zweikämpfen habe ich gemerkt, dass hier ein anderer Wind weht. Man muss viel arbeiten gegen die Jungs da hinten. Ich habe mich, glaube ich, ganz gut reingearbeitet“, berichtete Dietz bei FC-TV.
Das könnte Sie auch interessieren:
Es ist nicht lange her, da dürfte Florian Dietz nicht vielen Fans ein Begriff gewesen sein. Vor zwei Jahren war die Karriere des Offensivspielers mächtig ins Stocken geraten. In 20 Drittliga-Spielen für die SpVgg Unterhaching war ihm nicht ein Tor gelungen. Zwar bescheinigten ihm die Verantwortlichen Potenzial, doch sie ließen ihn ziehen. Seine Drittliga-Bilanz (46 Spiele, ein Tor, drei Vorlagen) war für einen Stürmer sehr dürftig, dennoch biss der 1. FC Köln im August 2020 bei ihm an, lieh den Stürmer erst einmal aus.
Verantwortlich dafür war Mark Zimmermann, der Trainer der Kölner U21. Zimmermann hatte Dietz als Cheftrainer vom FC Carl Zeiss Jena einst zum Profi gemacht, nun holte der ehemalige Förderer den Stürmer zum FC. In den ersten zwölf Regionalliga-Partien deutete Dietz mit vier Treffern an, dass er durchaus torgefährlich sein kann.
Herbe Rückschläge
Doch es folgte wieder ein großer Rückschlag, der Stürmer zog sich einen Kreuzbandriss zu. Der Durchbruch im Regionalliga-Team gelang Dietz in der Hinrunde der Saison 2021/22, in 18 Spielen erzielte er stolze 13 Treffer. Doch wieder schlug das Verletzungspech zu, Ende Januar 2022 zog er sich eine komplizierte Schulterverletzung zu, eine OP war unausweichlich und das vorzeitige Saisonende besiegelt.
Doch Dietz lässt sich von Rückschlägen nicht beirren. Die Verletzung hat er längst auskuriert. Seit Wochen ist er gesund und topfit. Steffen Baumgart schätzt den 1,90 Meter großen, kräftigen Stürmer und verhalf ihm sogleich zum unverhofften Bundesliga-Debüt. Modestes Vertreter wird erst recht nach seinem ersten Tor weiter seine Chancen erhalten. „Florian ist umso wichtiger für uns jetzt in der Situation, wo Tony weg ist. Er wird nicht alles richtig machen, aber alles reinhauen. Wir sind froh, dass wir ihn nicht abgegeben haben", sagte Baumgart. Denn eine Leihe war ein Thema.
Kein neuer Stürmer in Sicht
Der 1. FC Köln ist nach Jena, Werder Bremen II und Unterhaching bereits Dietz’ vierter Klub in den vergangenen vier Jahren. Gut möglich, dass er in Köln nun sesshaft wird. Ende Mai hatte der FC Dietz zum Profispieler befördert, sein Vertrag läuft jetzt bis 2025. Und ausgemacht ist auch nicht, dass der FC auf dem Transfermarkt auf den Weggang von Modeste reagieren wird. Zwischen den Zeilen ließ Baumgart durchblicken, dass vielleicht sogar kein Stoßstürmer mehr verpflichtet wird. „Wir haben eine klare Entscheidung getroffen, aber darüber halte ich mich bedeckt. Ich finde es lustig, täglich all die Namen und Spekulationen zu hören, ich möchte, dass das weiterläuft“, sagte Baumgart mit einem Schmunzeln. Die zuletzt gehandelten Kandidaten wie Leipzigs Alexander Sörloth und den Ex-Kölner Jhon Córdoba quittierte er nur mit einem müden Lächeln.
