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„Vermisse Köln unheimlich“Wie ein kölscher Auswanderer das Derby in den USA verfolgt

Lesezeit 5 Minuten
Robert Stokowy posiert zusammen mit seinem Freund JakePayne vor der Bar„AJ Hudson's“ in Chicago.

Robert Stokowy posiert zusammen mit seinem Freund Jake Payne vor der Bar „AJ Hudson's“ in Chicago.

Robert Stokowy unterstützt als leidenschaftlicher Fan den 1. FC Köln aktiv – aus den USA. Wie genau ist das möglich?

Der 1. FC Köln empfängt am Sonntag Borussia Mönchengladbach in Köln – dabei wird es auch diesmal wieder um viel mehr gehen, als nur die drei Punkte im Bundesliga-Geschäft. Der Derby-Duft liegt bereits in der Luft. Und dieser reicht sogar bis in die USA.

Robert Stokowy wurde 1988 in Köln geboren und großer Fan des 1. FC Köln. Als solcher verließ er allerdings bereits 2013 sein Veedel, die Südstadt, wo er sich „noch immer wirklich zu Hause“ fühlt, wie er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt. Vor rund vier Jahren folgte der Umzug in die Vereinigten Staaten. Zunächst nach Chicago, anschließend weiter an die Ostküste, zusammen mit seiner amerikanischen Freundin, die später seine Frau wurde.

Robert Stokowy: „Bei der Hymne darf es dann schon mal ein Tränchen sein“

„Und dann hörst du natürlich Lieder wie ‚Ich han 'nen Deckel‘ von den Bläck Fööss ganz anders“, beschreibt Stokowy das Dilemma des glücklichen Auswanderers. „Ich vermisse meine Familie, meine Freunde und die Südstadt unheimlich. Aber das gehört dazu.“

Seine Verbindung zum FC verfestigte sich bei seinem ersten Stadionbesuch in Müngersdorf im Jahr 1995. Ein 3:3 im Derby gegen Bayer 04 Leverkusen. Auch kurz vor der Abreise in die USA genoss der FC-Anhänger noch einmal mit seinen besten Freunden die Atmosphäre in der Südkurve: „Bei der Hymne darf es dann schon mal ein Tränchen oder zwei sein“, schwärmt Stokowy, der wenigstens einmal pro Jahr nach Köln zurückkehrt: „Das ist dann natürlich etwas ganz Besonderes.“

Kölner eng in der FC-Szene in den USA vernetzt

Heute ist Stokowy eng mit der FC-Fan-Szene in den USA vernetzt. Bereits am Tag nach seiner Ankunft in Chicago suchte er die Bar „AJ Hudson's“ auf, in dem sämtliche FC-Spiele, auch bei örtlichen Anstoßzeiten um 8.30 Uhr morgens, übertragen werden. Und das Erste, was beim Eintreten dort zu sehen war, freute den jungen Kölner: „Zwei FC-Schals an der Wand. Fantastisch!“

Als FC-Anhänger fand er schon bald Anschluss an den lokalen Fanclub „1. FC Köln Chicago“. „Der Gründer, Jake Payne, ist heute mein bester Freund in den USA. Zusammen mit anderen Fanclubs in Cincinnati, Milwaukee und Omaha hat er ein Netzwerk von FC-Fans in den USA geschaffen“, erklärt Stokowy.

Als einer der wenigen Fans in den USA, die aus Köln kommen und Deutsch sowie Englisch sprechen, habe er beim Fanclub die Rolle des Vermittlers übernommen und stehe im Austausch mit dem Verein und internationalen Fans. „Als kölscher Jung hat man da natürlich einen leichteren Zugang. Ich helfe Fans bei Fragen zur Mitgliedschaft, organisiere Tickets für Spiele in Köln, digitale Fantreffen mit dem Verein, oder helfe bei Fragen zu Kölsch und kölscher Kultur.“

Mit dem 2023 gegründeten, nationalen Fanclub „1. FC Köln Supporters USA“ sollen FC-Fans, die überall in den USA verteilt leben, „für mehr Gemeinschaft“ zusammengeführt werden. Insbesondere auch, um Fans abzuholen, die nicht im Umfeld einer Großstadt leben und es schwer haben, Kontakt zu anderen Fans zu finden. „Internetforen, Zoomtreffen oder Newsletter sollen für Austausch und ein Zugehörigkeitsgefühl sorgen“, beschreibt es Stokowy.

Auch ein jährliches Treffen sei wieder geplant. „Ich freue mich schon sehr, die neuen und alten Fans zu treffen.“ Mehr als 130 Mitglieder zählt der Fanclub mittlerweile schon – „Tendenz steigend“. In der Fan-Szene bekannt ist Stokowy zudem wegen seines Podcasts „Effzeh Üvverall“, wo er mit Fans aus aller Welt sowie mit den FC-Co-Trainern René Wagner und Kevin McKenna sprach und seine Liebe zur Fankultur sowie zu den Geschichten der Fans ausleben kann.

Derby in der Stammkneipe – Rafael Czichos als Ehrenmitglied gefeiert

Dem Derby gegen Gladbach am Sonntag fiebert der Kölner natürlich in besonderem Maße entgegen. Eine Reise nach Chicago sei bereits geplant, um dort zusammen mit Freunden und bei Kölsch in seiner Stammkneipe „den echten Klassiker“ zu verfolgen.

Vorher soll noch Ex-FC-Profi Rafael Czichos, der Ehrenmitglied des 1. FC Köln Supporters USA Fanclub ist, als Kapitän des Chicago Fire FC im Stadion angefeuert werden. Das scheint Tradition zu haben. Bereits bei Czichos Heim-Debüt im vergangenen Jahr waren Anhänger des 1. FC Köln auf der Tribüne zu sehen und feierten den Ex-Kölner ausgiebig in voller FC-Fan-Montur.

Doch auch jedes andere FC-Spiel ist ein Highlight für den FC-Fan, der die Spiele stets live verfolgt. „Manche schauen die Spiele zu Hause auf der Couch, andere treffen sich zum Frühstück in einer Bar. Da darf es dann auch mal ein Kölsch am Morgen sein“, so Stokowy, der es seltsam finden würde, ein Spiel des 1. FC Köln später anzuschauen. „Wir haben ja nicht die Möglichkeit ins Stadion zu gehen, aber wir brauchen das Gefühl von Gleichzeitigkeit.“

FC-Fan Robert Stokowy: „Dann stehen wir Fans eben früher auf“

Zur sportlichen Lage hat Robert Stokowy natürlich auch eine Meinung. Das Team von Steffen Baumgart will nach zuletzt niederschlagenden Ergebnissen gegen den Rivalen vom Rhein die Trendwende schaffen und sich in der Tabelle vom drohenden Abstiegskampf entfernen. Doch egal, wie das Spiel ausgeht, über die „großartige Arbeit“ des FC-Trainerteams gibt es für Stokowy keine Zweifel. „Sie bauen Spieler auf und haben eine klare, aber empathische Linie, was im Fußball nicht selbstverständlich ist.“

Die internationalen Spiele waren für Stokowy ein Highlight, hätten der Mannschaft aber auch zugesetzt, das sehe man nun. „Das Frauen- und Männerteam des FC sind gerade in einer ähnlichen Situation.“ Es gehe nun einzig und allein darum, einen Abstieg zu verhindern. Doch selbst wenn es für die Kölner und Kölnerinnen des 1. FC Köln in die Zweitklassigkeit gehen würde, weiß der Kölner Fußballfan: „Dann stehen wir eben früher auf.“