Der FC soll nach dem Derby-Feuerwerk eine Rekordstrafe in Höhe von 595.000 Euro zahlen. Die Kölner wehren sich gegen das DFB-Urteil.
Nach Ende der GeisterspieleGeldstrafen summieren sich für den 1. FC Köln auf 1,2 Millionen Euro
Der 1. FC Köln hatte sich auf diese Rekordstrafe schon innerlich einstellen können und sie wohl auch geahnt. Beim Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach am 22. Oktober sei wegen des großflächigen Abbrennens von Pyrotechnik der Gegenwert von einem „Stürmer durch die Luft geflogen“, unkte bereits damals Kölns Trainer Steffen Baumgart. Und Sport-Geschäftsführer Christian Keller sprach sogleich davon, dass die Anhänger des Bundesligisten „rote Linien deutlich überschritten“ hätten.
Die bösen Vorahnungen sollten sich am Mittwoch bestätigen. Der FC soll eine Rekordstrafe von 595 000 Euro bezahlen, von der 198 000 Euro in eigene sicherheitstechnische oder gewaltpräventive Maßnahmen investiert werden können. Einen entsprechenden Strafantrag hat der Klub vom DFB-Kontrollausschuss erhalten. Noch nie wurde ein Profiverein in Deutschland mit einer derart hohen Geldstrafe wegen Vorkommnissen aus einem Spiel belegt. Die höchsten Strafen für die Kölner waren bis dato 200 000 Euro plus drei Teilausschlüsse nach dem Derby gegen Gladbach aus der Saison 2014/15 und 223 700 Euro für fünf Vorfälle aus der Saison 2021/22.
1. FC Köln: „Hohe Geldstrafe trifft den Klub sehr hart“
„Die Grenzen wurden gegen Gladbach deutlich überschritten. Dies resultiert zudem in einem enormen finanziellen Schaden. Die hohe Geldstrafe trifft den FC auf dem Weg schnellstmöglicher wirtschaftlicher Gesundung sehr hart“, wurde Sportchef Keller in einer Stellungnahme des Vereins deutlich.
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Und nicht nur das: Der abstiegsgefährdete Drittletzte versucht bekanntlich, im Winter-Transferfenster noch einmal auf dem Transfermarkt tätig zu werden – wenn er dies aufgrund des in der kommenden Wochen erwarteten Cas-Urteils und der drohenden Transfersperre überhaupt darf. Mindestens ein Mittelstürmer, ein Sechser und eventuell noch ein Innenverteidiger sollen ans Geißbockheim wechseln. Doch jetzt fehlt den Kölnern eine größere Summe, die im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt wurde. Denn nach dem Ende der Geisterspiele aufgrund der Corona-Pandemie wurde der FC wegen des wiederholten Fehlverhaltens einiger Anhänger zu Geldstrafen von insgesamt rund 1,2 Millionen Euro verdonnert. Die ursprünglich vom DFB ausgesprochenen Strafen waren sogar noch deutlich höher, doch da der FC schon mehrfach die Täter identifizieren konnte, reduzierte sich die Geldstrafe teilweise um bis zu 50 Prozent.
1. FC Köln beantragt Strafminderung beim DFB – „Vorgehen zielverfehlend“
Der 1. FC Köln akzeptiert die Rekordstrafe allerdings nicht und will „beim DFB-Kontrollausschuss beantragen, die Strafe signifikant zu reduzieren“, wie es heißt. Der Verein halte „das Vorgehen des DFB, die Vorkommnisse unreflektiert unter teilweiser Anwendung eines standardisierten Strafzumessungsleitfadens zu bewerten, für falsch“, begründete der FC. „Dieses Vorgehen ist aus unserer Sicht absolut zielverfehlend“, beklagte Keller: „Die Vergabe von Verbandsstrafen in dieser Form liegt fernab der Realität der deutschen Fußball- und Fankultur. Deshalb werden wir uns weiterhin aktiv und mit Nachdruck für eine sinnvolle Anpassung des Strafzumessungsleitfaden sowie für einen angemessenen Umgang mit ebendieser Kultur einsetzen.“
Das Derby sei von Sicherheits- und Fanbeauftragten sowie den Sicherheitsbehörden intensiv vorbereitet worden. „Grundsätzlich zeigt auch dieser Fall wieder, dass ein allgemeines Pyroverbot keine hinreichende Wirkung zeigt“, so Keller weiter, der auch davon sprach, dass für die aktive Fanszene der Einsatz von Pyrotechnik ein Teil der Fußball- und Fankultur sei, bei der allerdings besagte „rote Linien“ nicht überschritten werden dürften.
Sportchef Keller sprach sich gegen allgemeines Pyro-Verbot aus
Kellers Wortmeldung entspricht der Linie von Vorstand und Geschäftsführung des FC im Umgang mit der aktiven Fanszene des Klubs. Keller hatte sich bereits Anfang des Jahres explizit gegen ein allgemeines Verbot von Pyrotechnik und stattdessen für einen gewissenhaften Umgang damit ausgesprochen. „Wir alle wollen eine Fußballkultur – und da gehört sichere und legale Pyro ein Stück weit mit dazu“, hatte der 45-Jährige erklärt. Das Problem dabei: Der FC hat seit Jahren keinen wirklichen Zugriff mehr auf diesen Teil der Fanszene, die sich gerne über den Klub stellt.
Auf der anderen Seite erscheint seit längerer Zeit so manche vom DFB gegen einen Verein verhängte Geldstrafe absurd hoch. Im besonderen Maße auch die jetzt verhängte Rekordstrafe gegen den FC. Die Höhe setzt sich aus der Umsetzung des DFB-Strafenkatalogs zusammen. Der DFB berechnet die Strafen in seiner Rechts- und Verfahrensordnung anhand der Menge des gezündeten Materials. Abgebrannte Pyrotechnik wird mit 1000 Euro je Objekt berechnet, für abgeschossenes Feuerwerk werden 3000 Euro fällig, Leuchtkugeln werden offenbar einzeln berechnet. Zudem wird bei einem länger als fünf Minuten verzögerten Anpfiff die Strafe verdoppelt. Auch Gladbach wurde zur Kasse geben, muss aber lediglich 12 000 Euro bezahlen.
FC-Anhänger zündeten im Derby massenhaft Pyrotechnik
Nach der Schweigeminute für die Opfer des Konflikts im Nahen Osten hatten Fans vor dem Spiel auf der Süd Massen an Pyrotechnik in den Abendhimmel geschossen. Hinter einer Zaunfahne, die über die gesamte Breite der Tribüne gespannt war und auf der „Heute gibt es nur einen Sieger, 11 rot-weiße Krieger“ zu lesen stand, zündeten die FC-Anhänger bengalische Feuer und eine bemerkenswerte Zahl Rauchbomben.
Aus diesem Inferno stiegen zudem Raketen in den Himmel, insgesamt kamen Hunderte pyrotechnischer Gegenstände zum Einsatz, wegen der enormen Rauchentwicklung verzögerte sich der Anpfiff um sechs Minuten – ein seltener Vorgang in der Bundesliga.
Gebannter Blick auf den kommenden Spieltag im deutschen Profi-Fußball
Mit gebanntem Blick schauen nun viele auf das kommende Wochenende – und das nicht aus FC-Sicht. Die aktive Fanszene hatten sich zuletzt bundesweit gegen den DFL-Investoreneinstieg ausgesprochen. Der ist nun am Montag mit einer hauchdünnen Zweitdrittel-Mehrheit und Ungereimtheiten aufgrund des Stimmenverhaltens von Hannovers Geschäftsführer Martin Kind beschlossen worden.
Man darf davon ausgehen, dass die Fanszene auf das umstrittene Votum reagieren wird. Hoffentlich friedlich, denn die Krawalle auf und neben den Rängen haben in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich zugenommen. In Deutschland und ganz Europa.