Der 1. FC Köln steht auch nach sechs Spieltagen bei einem mickrigen Punkt in der Bundesliga. Ein großes Problem bleibt weiter die Offensive.
„Beschissene Situation“Und wöchentlich grüßt das Murmeltier – 1. FC Köln steht wieder mit leeren Händen da
Wieder nichts: Der 1. FC Köln hat am Samstag den ersten Saisonsieg erneut verpasst und musste sich vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Rhein-Energie-Stadion dem VfB Stuttgart 0:2 geschlagen geben.
Das Wichtigste zuerst
Es war nicht zu übersehen: Erstmals in der bisher so erfolgreichen Kölner Ära von Trainer Steffen Baumgart verließen zahlreiche FC-Fans das Stadion bereits deutlich vor dem Abpfiff. Nach dem 0:2 hatten sie nicht mehr den Glauben an die eigene Mannschaft, dass sie das Blatt noch irgendwie wenden kann. Für die Südtribüne galt das nicht, sie machte der Mannschaft Mut und verabschiedete sie nach dem Abpfiff mit Applaus. Wieder einmal war der FC dem Gegner lange Zeit ebenbürtig, aber erneut reichte es nicht. Während die Stuttgarter um den langjährigen FC-Geschäftsführer und heutigen VfB-Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle mit 15 Punkten von sehr weit oben in der Tabelle grüßen, befindet sich der 1. FC Köln in der noch jungen Saison bereits in einer sehr schwierigen Situation. Und im Tabellenkeller.
Nach sechs Spieltagen hat die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart erst einen einzigen Punkt auf dem Konto. Krise nennt man das. Das Erstaunliche: Auch mit dieser bitteren Ausbeute steht der FC noch nicht auf einem direkten Abstiegsplatz, sondern auf Relegationsrang 16. Doch sollte Aufsteiger Darmstadt am Sonntag gegen Bremen punkten, wären die Kölner Vorletzter. Die Aufgaben für den FC werden nicht leichter: Jetzt stehen unmittelbar zwei Derbys an. Erst kommt es am kommenden Sonntag zum Nachbarschaftsduell bei Bayer 04 Leverkusen. Die Werkself präsentiert sich in einer famosen Fassung und hat nach sechs Spieltagen bereits unfassbare 15 Zähler mehr als der FC gesammelt. In der Woche darauf empfangen die Kölner dann den Erzrivalen Borussia Mönchengladbach.
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Die Tore
Die Gäste gingen in der 68. Minute in Führung. Und dies mitten in einer besseren Kölner Spielphase. Doch Waldemar Anton eroberte im Duell mit Davie Selke den Ball. Und dann ging es schnell: Der Ex-Kölner Chris Führich setzte sich links am Strafraumrand durch, hatte dann das Auge für den mitgelaufenen Deniz Undav und spielte klug in die Mitte. Der sechs Minuten zuvor eingewechselte Stürmer konnte sich im Kölner Tor die Ecke quasi aussuchen und traf abgeklärt aus rund neun Metern ins linke untere Toreck. In der 88. Minute machte der VfB den Deckel drauf: Nach einem Kölner Ballverlust in der Stuttgarter Hälfte konterten die Stuttgarter blitzschnell. Der ebenfalls eingewechselte Silas wurde im Strafraum nur unzureichend attackiert. Der Offensivspieler zog ab, doch das Leder knallte an den linken Innenpfosten. Undav war zur Stelle und staubte zum 2:0 für die Gäste ab.
Das war gut
Die Moral in der Kölner Mannschaft scheint weiterhin intakt, sie investierte erneut viel und betrieb einen hohen Laufaufwand, spulte über vier Kilometer mehr ab als der VfB. Indes: Kaufen können sich die Kölner dafür nichts.
Das war schlecht
Insbesondere die Qualität der Flanken. Sie hatten eine ungemeine Streuung, flatterten überall hin, nur fast nie zum eigenen Mann. Die Flankenquote betrug miserable 15 Prozent!
Moment des Spiels
Es war schon klasse, wie der gewandte, technisch beschlagene Chris Führich die Gäste-Führung einleitete und für Torschütze Undav mit Übersicht auflegte. Überhaupt zeigte der frühere Kölner, der von 2017 bis 2019 für den FC aufgelaufen war und am 13. Dezember 2017 unter Trainer Stefan Ruthenbeck sein Bundesliga-Debüt im Spiel beim FC Bayern gegeben hatte, eine starke Leistung. Der 25-jährige Linksaußen beeindruckte mit einer Passquote von 82 Prozent und gewann zudem 70 Prozent seiner Zweikämpfe.
Moment zum Vergessen
Als das 0:2 fiel, wussten nicht nur viele Kölner Fans, dass hier und heute nichts mehr gehen würde. Erste Resignation machte sich breit. Auch bei der Mannschaft – wer will es ihr verdenken.
Das sagen die Trainer
Steffen Baumgart (1. FC Köln): „Ich will auch nicht jede Woche das Gleiche erzählen. Es ist eine beschissene Situation für uns alle, wenn du einen solchen Aufwand betreibst und dich nicht mal annähernd belohnst. Da ist es nicht immer einfach, die richtigen Worte zu finden. Wir müssen die Dinge klar ansprechen. Es nutzt nichts, dass wir in allen Spielen nah dran waren. Es nutzt nichts, dass wir in allen Spielen ein bisschen gut waren. Wir haben Fehler gemacht, die wir nicht machen dürfen. Ich stelle mich aber hier nicht hin und haue auf alles drauf. Aber ich rede auch nix schön. Da steht nur ein Punkt, das ist Fakt. Aber wir werden uns nicht verstecken. Wir werden weiter den Arsch hochnehmen und um jeden Zentimeter und um die nötigen Punkte kämpfen.“
Sebastian Hoeneß (VfB Stuttgart): „Es war das erwartet enge, intensive und schwere Spiel. Wir hatten Respekt vor der Kölner Mannschaft. Wir haben das Spiel zwar über Phasen kontrolliert, waren im letzten Drittel aber nicht zwingend genug. Auch unser Pressing in Hälfte eins war nicht gut. Wir haben jedoch als Einheit verteidigt, eine enorme Teamleistung abgerufen und dann das wichtige 1:0 gemacht. Mit dem 2:0 machen wir am Ende den Deckel drauf und fahren als verdienter Sieger nach Hause.“
Das sagen wir
Die Kölner Spieler blieben nach dem Abpfiff ihrem Motto treu: „Wir müssen bei uns bleiben.“ Das mag aus ihrer Sicht verständlich sein, denn schließlich hatte der FC mit dem Baumgart-Fußball lange Zeit Erfolg. Doch die Mannschaft ist nicht mehr dieselbe wie im vergangenen Jahr, mit Kapitän Jonas Hector und Ellyes Skhiri hat sie unter anderem zwei absolute Leistungsträger und Führungsfiguren verloren. Und verstärkt wurde sie kaum. Während VfB-Coach Hoeneß mit Undav den Sieg einwechselte und zudem gestandene Bundesligaspieler wie Mittelstädt, Silas oder Zagadou von der Bank bringen konnte, hatte FC-Trainer Baumgart diese Optionen nicht.
Das Kölner Dilemma: Wenn man immer alles gibt und macht, fast alle Vorgaben des Trainers umsetzt und am Ende doch immer wieder mit leeren Händen dasteht, könnte der ausbleibende sportliche Erfolg an etwas anderem liegen: an der Qualität. Oder präziser: an der fehlenden Qualität im Kader. Augenscheinlich in der Offensive. Vier Tore hat der in sechs Spielen erst erzielt. Das macht die Aussichten nicht gerade rosiger. Erst recht nicht, wenn der FC möglicherweise aufgrund des CAS-Urteils im Januar dann personell nicht nachlegen darf. Aber Resignation wäre natürlich der falsche Ratgeber. Die Saison ist noch sehr jung. Der FC muss versuchen, die Kurve zu bekommen. Und wird es natürlich auch versuchen. Schon kommenden Sonntag in Leverkusen. Bei der Mannschaft der Stunde.