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Nach 0:2 gegen LeverkusenSargis Adamyan wird zum unerwarteten Kölner Hoffnungsträger

Lesezeit 5 Minuten
FC-Angreifer Sargis Adamyan schließt artistisch ab, trifft aber nur den Innenpfosten des Leverkusener Tores.

FC-Angreifer Sargis Adamyan schließt artistisch ab, trifft aber nur den Innenpfosten des Leverkusener Tores.

Die Pleite gegen Bayer 04 war zwar mit Thielmanns Platzverweis besiegelt. Doch Adamyan hatte noch Möglichkeiten, das Spiel spannend zu machen.

Timo Schultz hat in seinen nun zwei Monaten beim 1. FC Köln eine Trainingsform etabliert, die auf den ersten Blick wenig hermacht. Er lässt dann rote Steckmännchen am Strafraum nebeneinander platzieren und seine Spieler anschließend Bälle von den Seiten in den Strafraum schlagen, wo die Stürmer dann soweit ohne Gegenwehr üben sollen, den Ball im Tor unterzubringen.

Keine Herausforderung für einen Profi, sollte man denken. Doch die Quoten waren zuletzt extrem dürr. Die schwächste Offensive der Bundesliga sieht im Training nicht besser aus als im Wettkampf. 16 Tore hat der 1. FC Köln in 24 Spielen erzielt. Am Sonntag beim 0:2 (0:1) gegen Bayer 04 Leverkusen ist wieder keines dazugekommen.

In der vergangenen Woche gab es im Training dennoch eine positive Tendenz zu beobachten. Da nämlich setzte sich Sargis Adamyan gleich mehrfach gegen die Steckmännchen durch und traf das Tor. Der Armenier hatte die bei weitem höchste Trefferzahl aller FC-Angreifer. Unter ungläubigem Gelächter seiner Kollegen versenkte er plötzlich Ball um Ball, und schon änderten die Mitspieler seinen Nachnamen: „Hashemian“ riefen sie ihn nun, nach dem Iraner, der um die Jahrtausendwende einmal für den HSV, den VfL Bochum und den FC Bayern in 208 Bundesligaspielen 38 Tore erzielte.

Trainer Schultz lobt Adamyan

Von einer derartigen Bilanz ist Sargis Adamyan (81 Spiele/9 Tore) zwar noch ein Stück entfernt. Doch am Sonntag war er kurz davor, sie zumindest aufzubessern. Angesichts der Trainingseindrücke hatte Schultz den Armenier von Beginn an aufgestellt, fast genau ein Jahr hatte Adamyan auf einen Startelf-Einsatz warten müssen. Der Angreifer habe zuletzt „nach holprigem Start von Woche zu Woche besser reingefunden“, beschrieb Schultz: „Er schießt im Training Tore; auch aus Situationen, die nicht ganz klar sind. Er war gegen den Ball sehr diszipliniert und hat es immer wieder geschafft, Bälle festzumachen und aus Situationen herauszuspielen“, beschrieb Schultz, einst selbst Stürmer.

In der 51. Minute hatte Ljubicic ins Zentrum geflankt und Adamyan gefunden, der den Ball aus sieben Metern per Seitfallzieher aufs Tor gebracht und Bayer-Keeper Lukas Hradecky überwunden, allerdings nur den Innenpfosten getroffen hatte. Trotz der Enttäuschung über Fehlschuss und Niederlage gab sich Adamyan tapfer. „Die Leistung war vernünftig dafür, dass ich so lange nicht gespielt hatte. Hätte ich das 1:1 gemacht, wäre es ein super Spiel gewesen“, beschrieb der 30-Jährige.

Auch Schultz bedauerte seinen Offensivmann. „Leider hat er sich für sein Engagement nicht belohnt. Wenn er weiter so Gas gibt, im Training dranbleibt und solche Spielleistungen bringt, ist er weiter eine Option. Wir können jeden Spieler gebrauchen, der Torgefahr ausstrahlt“, erklärte der Coach.

Nicht nur wegen seines Pfostentreffers war Adamyan Kölns auffälligster Angreifer. Kurz vor der Halbzeitpause war Leverkusens Grimaldo Adamyan in den Rücken gesprungen, als der im Strafraum nach einer Flanke springen wollte. Eine elfmeterreife Aktion, wenngleich Schultz zurückhaltend blieb. „Ich will nicht jede Szene kommentieren. Allgemein haben wir, seit ich hier bin, diverse halbe Elfmeter nicht bekommen. Glück muss man sich erarbeiten, aber wir arbeiten hier eine Menge. Es war keine Fehlentscheidung, aber ich hätte nichts dagegen gehabt, einen solchen Elfmeter auch mal zu bekommen.“

Wenn er die Szene zehnmal stoppt und weiterlaufen lässt, sieht das natürlich schlecht aus. Aber im Spiel fand ich nicht, dass das eine Rote Karte war
FC-Stürmer Sargis Adamyan

Das Spiel hatte schon in der 14. Minute seinen wohl entscheidenden Moment erlebt, als Jan Thielmann nach einem Foul an Granit Xhaka die Rote Karte gesehen hatte. Zwar ohne Verletzungsabsicht und auch ohne die ganz große Dynamik. Doch ohne echte Chance auf den Ball und deutlich von hinten. Schiedsrichter Stieler hatte angesichts der Videobilder nicht anders gekonnt, als auf Platzverweis zu entscheiden. „Wenn er die Szene zehnmal stoppt und weiterlaufen lässt, sieht das natürlich schlecht aus. Aber im Spiel fand ich nicht, dass das eine Rote Karte war“, befand Adamyan.

Schultz ordnete die Entscheidung im historischen Kontext ein. „Zu meiner Zeit hätte man sich die Hand gegeben, dann wäre es für beide weitergegangen. Es war klar über dem Knöchel getroffen. Die Regeln geben es her, aber ich finde es nicht gut“, befand der 46-Jährige: „Wenn einer reingrätscht und mutwillig jemanden auf Kniescheibenhöhe umhaut, bin ich sofort dabei. Aber so eine Entscheidung ist in meinen Augen nicht im Sinne des Spiels.“

Schon in der 14. Minute schickte Schiedsrichter Stieler FC-Profi Jan Thielmann mit Rot vom Platz.

Schon in der 14. Minute schickte Schiedsrichter Stieler FC-Profi Jan Thielmann mit Rot vom Platz.

Die lange Unterzahl hatte die ohnehin ungleich verteilten Kräfte weiter zugunsten der Leverkusener verschoben. Nach kampfstarkem Beginn der Kölner waren die Zuschauer durch den Platzverweis um ein womöglich unerwartet ausgeglichenes Spiel gebracht worden. „Ich hätte gern gesehen, wie das elf gegen elf ausgegangen wäre. Wir waren sehr giftig, sehr aggressiv. Vielleicht einen Tick zu aggressiv“, sagte Adamyan. Kurz vor der Roten Karte hatte Dejan Ljubicic eine gute Kopfballchance vergeben. Und sogar mit einem Spieler weniger hatten die Kölner dann noch ihre Gelegenheiten gehabt im tosenden Stadion. Adamyans Pfostentreffer sei „die größte Chance des Spiels“ gewesen, befand Schultz, „da hätte ich gern mal die Restspielzeit erleben wollen bei der Stimmung. Das wären noch schöne 30, 35 Minuten gewesen“.

Als Grimaldo in der 73. Minute das 2:0 erzielt hatte, war es jedoch um die Kölner geschehen gewesen. „Der Gegner hatte zu viel Qualität, um da noch zurückzukommen“, sagte Schultz. Neben Thielmann wird am Samstag (15.30 Uhr) beim Derby in Mönchengladbach auch Ljubicic wegen einer Gelbsperre fehlen, Justin Diehl dürfte nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung ebenfalls noch nicht wieder hergestellt sein. „Wir werden das auffangen“, sagte Schultz, der auf Davie Selkes Rückkehr hofft, auf den die Kölner am Sonntag aus Vorsicht noch verzichtet hatten. „Ich hoffe, dass er eine volle Woche trainieren kann, dann wird er gegen Mönchengladbach mehr als eine Alternative sein.“

Zuvor allerdings muss auch Selke ein paar Duelle mit den roten Steckmännchen für sich entscheiden. Am Mittwoch um 11 Uhr wird wieder trainiert.