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1. FC Köln in der KriseSteffen Baumgart stellt sich der Verantwortung

Lesezeit 4 Minuten
Steffen Baumgart verlor am Samstagabend mit dem 1. FC Köln 1:6 bei Borussia Dortmund.

Steffen Baumgart verlor am Samstagabend mit dem 1. FC Köln 1:6 bei Borussia Dortmund.

Nach dem 1:6 in Dortmund hätte Steffen Baumgart gern seine Mannschaft um sich. Doch zahlreiche FC-Profis sind auf Länderspielreise.

Die Länderspielpause kommt Steffen Baumgart eher ungelegen, trotz allem. „Ich hätte lieber die Jungs bei mir“, sagte er nach dem Training am Montagmittag, in dem er auf zahlreiche Stammspieler hatte verzichten müssen. Dass die Bundesliga nun für eine Woche aussetzt, ist nach der Pleite im Signal-Iduna-Park weniger das Problem. „Ob ich lieber gleich weitergespielt hätte nach einem 1:6 in Dortmund? Ich weiß nicht“, sagt Baumgart und verzieht das Gesicht, als stünde ihm der Sinn vorerst eher nicht nach Wettkampfspielen. Dafür aber nach Arbeit auf dem Trainingsplatz: „Es ist wichtig in so einer Phase, dass man eng beieinander ist.“

Einen Punkt aus fünf Spielen haben die Kölner zuletzt geholt und dabei nur ein Tor geschossen. Der Vorsprung auf den Relegationsrang ist zwar mit sechs Punkten immer noch größer als vor der Winterpause. Doch der Trend ist problematisch. „Hier ist niemand beruhigt. Wir kennen und sehen ganz klar die Gefahr“, beschreibt Baumgart.

Baumgart hinterfragt auch nach guten Spielen seiner Mannschaft

Am Donnerstag (18 Uhr) steht im Franz-Kremer-Stadion das Gedenkspiel für Maurice Banach an, der belgische Erstligist VV St. Truiden ist zu Gast. Anschließend wird Baumgart seiner Mannschaft ein freies Wochenende geben, um am Montag die Vorbereitung auf das Derby gegen Mönchengladbach (Sonntag, 2. April) aufzunehmen. Baumgart glaubt nicht, dass die Zerstreuung durch die Länderspielreisen ihm und seinen Spielern helfen wird. „Es geht um die Fokussierung. Es gibt genug Themen, in denen wir klar besser werden müssen. Deswegen wäre es mir lieb, wenn die Jungs da wären. Aber sie sind nicht da.“

Der Trainer selbst beschäftige sich ohnehin ständig mit dem Fußball seiner Mannschaft. Auch in besseren Zeiten. „Das Hinterfragen kommt nach jedem Spiel, das hat nichts mit der jeweiligen Phase zu tun. Denn wenn man das nicht tut, bleibt man stehen, und das wollen wir nicht“, sagt Baumgart, der in diesen Tagen auf einem schmalen Grat wandelt. Einerseits gibt es die Lage nicht her, einfach weiterzumachen und darauf zu zählen, dass schon alles wieder gut wird. Andererseits hat Baumgart gar nicht die Möglichkeiten, umfassende Veränderungen vorzunehmen. „Es wäre das Falscheste, jetzt alles umzuwerfen. Aber einfach zu sagen, das läuft schon, ist es ja auch nicht. Wir müssen Lösungen finden. Und die finden wir nur, wenn wir Dinge hinterfragen und ins Detail gehen.“

Ich frage mich nicht, ob ich das kann. Es ist mein Job. Die Jungs müssen doch einen Haltepunkt haben, da kann ich mich jetzt schlecht zurückziehen
Steffen Baumgart

Es ist Baumgarts bislang schwierigste Zeit beim 1. FC Köln, der Coach sprach zuletzt überwiegend davon, dass es nun an ihm liege, die Wende herbeizuführen. Seine Spieler ließ er überwiegend außen vor, zumindest in seinen öffentlichen Äußerungen. Eine Belastung auch für den Trainer, doch Baumgart kommt offenbar gut zurecht damit. „Ich frage mich nicht, ob ich das kann. Es ist mein Job. Die Jungs müssen doch einen Haltepunkt haben, da kann ich mich jetzt schlecht zurückziehen“, sagt er. Baumgart braucht Klarheit, um Klarheit vermitteln zu können. „Die Spieler brauchen nicht mich, der sie zusätzlich zum Grübeln bringt. Mich brauchen sie für die Lösungen.“

Ein Spiel wie das 1:6 vor mehr als 80 000 Zuschauern in Dortmund lässt keinen Beteiligten kalt. „Ich schlafe auch besser, wenn es gut läuft. Man macht sich viel mehr Gedanken. Es ist doch klar, dass das auch mit den Jungs etwas macht. Wir reden hier von Menschen, nicht von Robotern.“ Anlass zur Fundamentalkritik sieht Baumgart nicht. „Es ist ja nicht so, dass die Jungs alles falsch gemacht haben. Wir haben es in gewissen Phasen nicht gut gemacht, besonders bei den Gegentoren. Das müssen wir ansprechen, um dann auch die Klarheit zu haben, was in solchen Situationen zu tun ist. Das ist dann meine Arbeit. Trainerarbeit.“

Baumgart lässt die Frage nicht zu, ob er dem Druck gewachsen ist. Krisen auszuhalten, empfindet der 51-Jährige offenbar als einen Kernbereich seiner Arbeit. „Wir haben eine Punktekrise, eine Ergebniskrise. Da kann ich mich doch jetzt nicht hinstellen und sagen: Die anderen sind schuld. Jetzt bin ich gefragt. Ich bin derjenige, der vorne steht und verantwortlich ist. Ich muss mich der Verantwortung stellen. Darum bin ich derjenige, der das aushalten muss“, sagt er.

Er könne sich im Erfolg nicht „in die Sonne stellen und sagen: Ich bin der Beste“ und dann verschwinden, wenn es mal schmerzt. Der Trainer pflegt einen offenen Umgang auch mit dem Teil des Jobs, der ihn belastet, auch da sucht er die direkte Auseinandersetzung. Aber er hat es unter Kontrolle. „Mit nach Hause nimmt man ja immer was. Ich kenne keinen, der sagt, er lasse alles hier“, erklärt er.

Daheim geht es dann aber doch nicht ausschließlich um Fußball und Ergebniskrise. Dort wisse man zwar schon, wie es ihm gehe. „Aber wenn ich meine Frau jetzt mit den ganzen Sachen belaste …“, hebt er an. Um zu schließen: „Ab und zu ist es schon gut, einfach mit den Hunden spazieren zu gehen.“