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FC-HoffnungsträgerKölns Jan Thielmann: „Es wäre fatal, jetzt alles infrage zu stellen“

Lesezeit 7 Minuten
Kölns Offensivspieler Jan Thielmann absolviert Lauftraining.

Die Hoffnung auf ein baldiges Comeback: Jan Thielmann im Training des 1. FC Köln

Der 21-jährige Offensivspieler spricht im großen Interview über aktuell schwierige Zeiten und darüber, was ihn dennoch zuversichtlich stimmt.

Er ist ein Hoffnungsträger des 1. FC Köln, gilt als Musterschüler von Trainer Steffen Baumgart. Jan Thielmann feierte schon mit 17 sein Bundesliga-Debüt für den FC. Und zwar gegen den kommenden Kölner Gegner am Sonntag (15.30 Uhr), Bayer 04 Leverkusen. Der mittlerweile 21-Jährige hat turbulente vier Jahre mit einigen Höhen, aber auch einigen Tiefen bei seinem Lieblingsklub erlebt. Im vergangenen Juli zog sich der Offensivspieler kurz vor dem Start der U21-EM eine schwere Muskelverletzung im Knie zu, die ihn erneut ausbremste.

Im Interview mit dieser Zeitung spricht Thielmann über Rückschläge, sein anvisiertes Comeback, die Vertragsverlängerung beim FC, das Duell gegen die so stark gestarteten Leverkusener, den schwachen Saisonstart und darüber, was ihn für die kommende Zeit zuversichtlich stimmt.

Herr Thielmann, vor knapp vier Jahren haben Sie Ihr Bundesliga-Debüt gegen Bayer 04 Leverkusen gegeben. Ist das für Sie schon sehr weit weg?

Jan Thielmann: Mein Profi-Debüt war und wird immer etwas Besonderes für mich sein. Ich war damals 17, ein Traum ging für mich in Erfüllung. Es ging damals alles verdammt schnell. Ich werde mich an diesen Tag immer und gerne zurückerinnern. Zumal er auch ein erfolgreicher war: Damals gelang uns in einer schwierigen Situation ein 2:0-Sieg gegen Leverkusen. Das wünsche ich mir auch für Sonntag.

Heute sind Sie 21 Jahre alt, erst 21. Aber Sie schon ungemein viel erlebt in diesen vier Jahren: viel Positives, aber auch einige Rückschläge. Sehen Sie das ähnlich?

Ja, da war so gut wie alles mit dabei: Spiele im Europapokal, davor zweimal brutaler Abstiegskampf, einmal mit der Rettung in der Relegation, die Einschnitte in der Corona-Zeit. Ich glaube, es schadet nicht, sondern stärkt einen sogar, wenn man diese Extreme auch am Anfang einer Karriere mal erlebt. Das ist besser, als wenn immer alles nur glattläuft und es überall Schulterklopfer gibt. Aber Erfolg macht mehr Spaß als Abstiegskampf, das ist natürlich klar.

Ich glaube, es stärkt einen sogar, wenn man diese Extreme auch am Karriere-Anfang mal erlebt. Das ist besser, als wenn immer alles nur glattläuft und es überall Schulterklopfer gibt
Jan Thielmann über seine ersten vier Profi-Jahre

Und ihre persönliche Situation? 101 Pflichtspiele haben Sie bereits für den FC absolviert. Es hätten locker ein paar mehr sein können, oder?

Verletzungen gehören leider zum Berufsrisiko. Ich habe jetzt eine längere Leidenszeit hinter mir, mittlerweile nervt die Zuschauerrolle bei den Spielen einfach nur noch. Aber ich bin jetzt wieder zuversichtlich. Wir sind einigen Ursachen auf den Grund gegangen und ich hoffe und denke, dass ich jetzt länger verletzungsfrei bleibe.

Was ist bei der Ursachenforschung herausgekommen?

Es gibt immer einige Dinge, die man optimieren kann. Von der Ernährung über den Schlaf bis hin zu anderen körperlichen Ursachen für Verletzungen oder Krankheiten, die bei mir immer unterschiedlicher Natur waren. Ich muss auf meinen Körper noch besser hören und lernen, mich manchmal selbst zu bremsen. Aber: Insgesamt war auch viel Pech dabei.

Sie hatten sich kurz vor der U21-EM verletzt. Wie kam es genau dazu?

Das Trainingslager verlief wie geplant. Am dritten oder vierten Tag bekam ich plötzlich starke Schmerzen im Knie, die in Richtung Oberschenkel ausstrahlten. Danach ging es direkt zur MRT-Untersuchung. Da wurde dann die Diagnose gestellt, die zu meiner Abreise und dem EM-Aus führte. Das war schon ein Schock. Ein paar Tage ging es mir mental auch nicht wirklich gut, aber dann ich war auch schon wieder bereit, nach vorne zu schauen und mit großer Motivation die Herausforderung anzunehmen.

Welche Diagnose?

Man muss nicht alles preisgeben. Es war eine Muskelverletzung am Knie.

Wie liegen Sie jetzt im Zeitplan?

Der ist absolut im Soll. Die Reha ist positiv verlaufen – auch wenn Teile sehr anstrengend und lästig waren. Jetzt bin ich seit rund einer Woche wieder auf dem Trainingsplatz. Und das macht ungeheuren Spaß. Man will am liebsten, dass alles noch schneller geht. Aber jetzt ist noch etwas Geduld gefragt. In wenigen Wochen kann ich dann hoffentlich mehrere Teile des Trainings und danach auch das ganze Mannschaftstraining mitmachen.

Was denken Sie: Wann sind Sie wieder einsatzfähig?

Es bringt nichts, ein genaues Datum zu setzen. Die kommenden Spiele kommen auf jeden Fall noch zu früh, aber in diesem Jahr werde ich definitiv wieder einsatzfähig sein.

Trainer Steffen Baumgart bezeichnet Sie gerne als seinen Musterschüler, den er auch vermisst.

Das motiviert mich noch mehr. Das hat richtig gutgetan, gerade wenn man in der Reha solch eine Wertschätzung erfährt.

In Ihrer Karriere haben Sie bisher 37 Pflichtspiele wegen Verletzungen oder Krankheit verpasst. Wie gehen Sie mit diesen Rückschlägen um, wie mit Höhenflügen?

Wenn man der Mannschaft nicht helfen kann und einfach machtlos auf der Tribüne sitzt: Damit hadere ich schon sehr. Sowohl für Höhenflüge als auch Rückschläge gilt: Meine Familie und mein Umfeld spielen da die größte Rolle. Wenn ich zu meiner Familie in mein schönes Kaff (Föhren, d. Red.) zurückkehre, dann erdet das einen schnell. Dort ist die Welt noch in Ordnung (lacht).

Sie haben unlängst Ihren auslaufenden Vertrag bis 2026 verlängert. Der FC hat mit Ihnen, Ihrem Vater Eric und Ihrem Bruder Peter verhandelt. Ein Berater war nicht dabei. Das ist ungewöhnlich, oder?

Ja, und es ist gut, so wie es ist. Und es soll auch so bleiben. Meine Familie berät mich gerne und wir entscheiden gemeinsam, was das Beste für mich ist.

Aber es melden sich doch bestimmt immer wieder interessierte Berater bei Ihnen, oder?

Das fing schon in der U15 an, als ich erstmals zur Nationalmannschaft eingeladen wurde. Es gibt auch heute noch einige Anfragen.

Meine Familie berät mich gerne und wir entscheiden gemeinsam, was das Beste für mich ist. Und das soll auch so bleiben.
Thielmann über den Verzicht auf einen externen Berater

Und die Familie hat aus welchen Gründen zusammen entschieden, dass Ihre Zukunft beim FC liegt?

Ich fühle mich einfach super wohl hier. Der FC war immer mein Verein. Und es war mein Traum, hier zu spielen. Ich will dem Klub treu bleiben. Mit anderen Optionen haben wir uns nicht befasst. Wir haben uns dann vor einem Monat mit dem FC zusammengesetzt und waren uns recht schnell einig.

Sie werden als Vorbild für den FC-Nachwuchs bezeichnet. Wie sehen Sie das?

Köln ist zu meiner zweiten Heimat geworden. Ich glaube, man sieht mich mittlerweile als kölschen Jung an, obwohl ich 150 Kilometer entfernt groß geworden bin (lacht). Ich erinnere mich gut an meine Anfänge am Geißbockheim: Als ich mit 15 zum FC kam, habe ich auch zu den Profis aufgeschaut und wollte da irgendwie hin. Und heute beobachte ich die Jungs, dass sie zu uns aufsehen. Das ist mir alles noch sehr bewusst.

Doch derzeit läuft es nicht. Sind sie vom Saisonstart negativ überrascht?

Ich denke, dass wir aufgrund unserer Leistungen mehr Punkte verdient gehabt hätten. Es gab einige unglückliche Spielverläufe. Wir haben genügend Qualität im Kader und können auch mal ins Rollen kommen. Wir müssen uns selbst die Zeit geben.

Aber haben Sie denn diese Zeit? Zumal die Aufgaben nicht einfacher erscheinen: Es geht jetzt nach Leverkusen, dann kommt Gladbach, danach geht es nach Leipzig.

Diese Spiele sehe ich auch als Chance an. Wir sind auf einem guten Weg und werden mit Leidenschaft den Kampf annehmen. Ich bin mir sicher, dass uns dann auch ein Dreier gelingen wird.

Die Kabine ist heilig. Das Verhältnis untereinander ist sehr gut. Wir sind eine Einheit und kommen da unten raus.
Thielmann über Abstiegskampf und die weitere Saison

Registrieren Sie eine wachsende Unruhe im Umfeld des Klubs?

In Köln ist das ja nichts Neues. Doch intern haben wir einen ganz klaren Plan und ein klares Ziel vor Augen. Wie es der Trainer immer sagt: ,Wir müssen bei uns bleiben.' Die Kabine ist heilig. Das Verhältnis untereinander ist sehr gut. Wir sind eine Einheit und kommen da unten raus.

Wird denn in der Kabine mehr Klartext gesprochen als außerhalb?

Es wäre schlimm, wenn das nicht der Fall wäre. Es bringt aber nichts, wenn wir uns zerfleischen oder Angst vor etwas haben, sondern wir müssen positiv bleiben. Nur so kommen wir da wieder raus. Es wäre fatal, hier jetzt alles infrage zu stellen.

Wo landet der FC am Ende?

Der FC landet im Mittelfeld. Und das lässt viel Interpretationsspielraum.

In der vergangenen Saison war es Platz elf. Das ist dann wohl das Mittelfeld.

Eine Wiederholung wäre in Ordnung. Das wäre eine stabile Platzierung.

Sehen Sie eine Entwicklung im Verein?

Auf jeden Fall. Ich glaube, auch finanziell sind wir wieder auf einem guten Weg. Hier verbessert sich permanent etwas – auch in der Infrastruktur. Wir sind dabei, jedes Jahr ein Stückchen besser zu werden. Der FC hat eine gute Perspektive – deshalb bleibe ich ja auch.