Der Rechtsverteidiger lehnte das aus seiner Sicht deutlich zu niedrige FC-Angebot ab und wechselte zu Samsunspor.
Baumgart wollte ihn behaltenSchindler: „Der Abschied aus Köln ist mir nicht leichtgefallen“
Steffen Baumgart hätte seinen Verbleib beim 1. FC Köln befürwortet, das unterstrich der Trainer noch am vergangenen Donnerstag. Doch Kingsley Schindler, der 2019 zum FC gewechselt war, entschied sich nach dem Auslaufen seines Vertrags beim Bundesligisten für einen Wechsel in die Türkei zu Erstligist Samsunspor. Deshalb sucht der FC weiter nach einem neuen Rechtsverteidiger neben Benno Schmitz.
Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ spricht der 30-Jährige erstmals darüber, warum er das Angebot des FC zur Vertragsverlängerung nicht annehmen konnte oder wollte, warum er sich für einen Wechsel ans Schwarze Meer entschied, wie er auf seine Zeit in Köln zurückblickt, was er an Baumgart schätzt und in Samsun erreichen will.
Herr Schindler, Ihren Vertrag bei Samsunspor haben Sie jetzt in Istanbul unterschrieben. Wo erreichen wir Sie gerade?
Kingsley Schindler: Ich bin mit meiner neuen Mannschaft gerade im Trainingslager in Bolu, das liegt ungefähr auf halber Strecke zwischen Istanbul und Samsun. Das Team ist schon ein paar Tage hier, ich seit Dienstag. Am Samstag endet das Trainingslager. Dann werde ich mit nach Samsun reisen und mich vor Ort um ein paar wichtige Dinge, wie die Wohnungssuche, kümmern müssen. Meine Frau und meine zwei Kinder werden später nachkommen und sollen sich ja wohlfühlen. Danach geht es direkt ein paar Tage zurück nach Köln, um dort meine Zelte abzubrechen. Ich kenne Samsun noch nicht, habe mich aber ausgiebig erkundigt und nur Positives gehört. Es ist eine schöne, moderne Stadt am Schwarzen Meer.
Was waren Ihre Gründe für den Wechsel zu Samsunspor?
Ich hatte einige spannende Anfragen. Samsunspor hat das reizvollste, spannendste Paket geschnürt. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass das Angebot für mich nicht auch finanziell sehr reizvoll ist. Ich habe einen Zweijahres-Vertag mit der Option auf ein weiteres Jahr unterschrieben. Ich bin jetzt 30, Familienvater: Da spielen auch Sicherheit und Planbarkeit eine Rolle. Samsunspor ist ein sehr finanzstarker Verein, unser Präsident Yüksel Yildirim, ein bekannter und vermögender Geschäftsmann, will hier Großes aufbauen. Die Strukturen des Klubs sind sehr professionell, das Stadion hochmodern. Man hat ja auch einige andere Geschichten aus der Türkei gehört, hier ist das alles nicht so. Hier kann richtig etwas entstehen, dazu will ich meinen Teil beitragen. Dazu kommt: Unser Trainer spricht Deutsch, einige Teamkollegen ebenfalls. Und mit Englisch kommst du hier ohnehin weiter.
Ihr Vertrag beim 1. FC Köln endete am 30. Juni. Auf einmal waren Sie weg, dabei wollte der Klub Sie doch halten.
Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass ich vom FC nicht offiziell verabschiedet worden bin. Aber zu dem Zeitpunkt, als der Verein die Spieler verabschiedet hatte, war bei mir die Situation noch offen, ich hätte mir damals auch einen Verbleib in Köln absolut vorstellen können. Wissen Sie, ich habe mich in Köln immer sehr wohlgefühlt. Ich hatte zwar eine schwierige Anfangsphase, aber die vergangenen zwei Jahre mit diesem Trainerteam und dieser Mannschaft habe ich absolut genossen. Als dann das Angebot von Samsunspor kam, habe ich mich entschieden, etwas Neues, ein Abenteuer in Angriff zu nehmen. Und wie erwähnt, war das Angebot von Samsunspor nicht nur sportlich, sondern auch finanziell reizvoll. In meiner Karriere habe ich bereits in sieben Ligen gespielt, mit fast 20 Jahren lief ich auch mal für Neustrelitz 2 in der siebten Liga auf. Erst mit 26 bin ich Bundesligaspieler geworden. Ich denke und hoffe, viele können meine Entscheidung nachvollziehen.
Auch, weil Sie im Fall einer Vertragsverlängerung beim FC gewaltige Gehaltseinbußen hätten akzeptieren müssen? Wäre eine Einigung absolut nicht möglich gewesen?
Ich hätte beim FC sicherlich eine Perspektive gehabt, das haben mir die Verantwortlichen auch so mitgeteilt. Aber wir können hier auch Klartext sprechen: Wie bereits berichtet wurde, hätte ich beim FC auf einen großen Teil meines Gehalts verzichten müssen. Ich hatte zuvor einen guten Vertrag beim FC, doch diese Einbußen wollte ich mit 30 nicht in Kauf nehmen. Ich denke, viele hätten an meiner Stelle so gehandelt.
Trainer Steffen Baumgart, das sagte er noch am Donnerstag nach Bekanntwerden Ihres Wechsels, hätte Sie sehr gerne behalten. Sie hätten sowohl sportlich als auch menschlich super in seine Mannschaft gepasst. Wie beurteilen Sie seine Aussagen?
Es freut mich sehr, das zu hören, und seine Aussagen sind mir auch alles anders als egal. Auch wegen der Wertschätzung, die ich bei Steffen Baumgart, seinem Trainerteam und der Mannschaft erhalten habe, ist mir der Weggang nicht leichtgefallen, das können Sie mir glauben. Ich weiß, was ich am FC und am Trainer gehabt habe, der immer ehrlich zu mir war und dem FC mit seiner Art und seinen Ambitionen einfach guttut. Mit einigen Teamkollegen war ich zuletzt noch im Urlaub, das machst du ja nicht, wenn die Chemie nicht stimmt. Aber der Verein und ich sind uns am Ende eben nicht einig geworden, wir lagen zu weit auseinander. Und nun bin ich mit meiner neuen Aufgabe bei Samsunspor sehr glücklich.
Doch der FC sucht immer noch nach einem neuen Rechtsverteidiger…
Vielleicht sind die Verantwortlichen am Anfang einfach davon ausgegangen, dass ich bleibe. Und wie gesagt, ich hätte mir das unter bestimmten Aspekten auch vorstellen können. Aber ich bin mir absolut sicher, dass der FC bis zum Ende der Transferperiode noch einen Rechtsverteidiger finden wird.
Was bleibt von Ihrer Zeit in Köln hängen?
Vieles: die unglaubliche Stimmung im Stadion, die lebendige Stadt, der Kontakt zu den Fans, die tolle Mannschaft, die internationalen Spiele in der Conference League, der Derbysieg 2022 in Leverkusen mit meinem Volley-Tor. Und in Köln ist auch meine kleine Tochter geboren worden.
Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Anthony Modeste? Er soll angeblich auch vor einem Wechsel in die Türkei stehen…
Ja, wir haben noch regelmäßigen Kontakt. Ob er aber auch in die Türkei wechselt, das weiß ich auch noch nicht.