Dass die Kölner sich und ihren Fans einen Saisonabschluss verschafft haben, an dem es noch etwas zu gewinnen gibt, ist ein Wert an sich.
Kommentar zum Finale in HeidenheimDie Möglichkeit eines Kölner Wunders
Ein Wunder ist per definitionem ein „außergewöhnliches, den Naturgesetzen oder aller Erfahrung widersprechendes und deshalb der unmittelbaren Einwirkung einer göttlichen Macht zugeschriebenes Geschehen“. Nimmt man also das Wirken Jesu zum Maßstab, dem Totenerweckungen ebenso zugeschrieben werden wie Heilungs-, Rettungs- und Speisungswunder, könnte der 1. FC Köln am Samstag (15.30 Uhr) in Heidenheim womöglich sogar ohne göttlichen Beistand auskommen. Denn ein Kölner 3:0-Sieg bei einer gleichzeitigen 1:2-Heimniederlage des 1. FC Union Berlin gegen Freiburg reichte ja schon. Das sind ja vergleichsweise konventionelle Ergebnisse an einem letzten Spieltag.
Womöglich werden die Analysten der Kölner Rettung 2023/24 die eigentlichen Wundertaten eines Tages vordatieren auf die Spieltage 28 und 33, als der FC seine Heimspiele gegen Bochum und Berlin durch Tore im letzten Moment in Siege drehte. Dass die Möglichkeit einer Rettung überhaupt besteht für eine Mannschaft, die von 33 Spielen nur fünf gewonnen hat, dürfte ohnehin als das eigentliche Wunder gelten.
Dieses Wunder zu vollenden, ist nun Aufgabe der Kölner Delegation, die sich am Freitag auf die Ostalb begab. Der FC-Tross wirkte optimistisch genug, sich der Herausforderung zu stellen – es überwog Dankbarkeit über die Chance auf diese gewaltige Prüfung. Dafür betreiben Profisportler ihr Handwerk. Sie suchen die größte denkbare Herausforderung auf größter Bühne. Timo Schultz hat am Donnerstag seine womöglich letzte Pressekonferenz als Trainer des 1. FC Köln vor einem Bundesligaspiel abgehalten. Doch wirkte auch er nicht wie einer, der innerlich bereits Abschied nimmt.
Die Saison verlangt unabhängig von ihrem Ausgang nach Aufarbeitung
Dass die Kölner sich und ihren Fans einen Saisonabschluss verschafft haben, an dem es noch etwas zu gewinnen gibt, statt mit den Bäuchen nach oben dem Ende entgegenzutreiben, ist ein Wert an sich. Dass es nach all den Erstligajahren überhaupt so brenzlig werden musste, verlangt nach Aufarbeitung, ganz gleich, wie die Saison ausgeht.
Doch für diesen einen Samstagnachmittag wird es nicht um die Politik derer gehen, die sich am 1. FC Köln profilieren wollen. Es geht um ein Fußballspiel; 90 Minuten elf gegen elf, Triumph oder Tragik.
Und vielleicht steht am Ende tatsächlich etwas, das sich wie ein Wunder anfühlt.