Köln – Selbst als der Kampf um Punkte längst verloren war, gab es für Steffen Baumgart noch genug zu gewinnen. Eine knappe Stunde war gespielt in Leipzig, der Vizemeister führte 3:0 und bereitete sich bereits auf die anstehenden Aufgaben auf europäischer Bühne vor, indem Trainer Domenico Tedesco ein paar Stars aus- und andere Stars einwechselte. Der Kaderwert der Leipziger liegt um mehrere Hundert Millionen Euro über dem der Kölner, und obgleich im Profifußball oft genug viel Geld für wenig Leistung ausgegeben wird, spricht wenig gegen die Behauptung, dass ein Kader wie der des Vizemeisters eine Mannschaft stellt, die bei einem halbwegs erwartbaren Spielverlauf gegen den 1. FC Köln der Saison 2021/22 praktisch nicht in Schwierigkeiten geraten kann.
Köln besteht die Prüfung
Baumgart weiß das, daher zerbrach der Trainer auch nicht an der Aussicht auf eine Niederlage in Sachsen. Im Gegenteil schien ihm die Prüfung zu gefallen, der sich seine Leute unterziehen mussten: Das Vertrauen der Mannschaft in sich, den Plan und ihren Trainer wurde auf die Probe gestellt. Und als der junge Tim Lemperle in der Nachspielzeit zum 1:3 traf, war diese Prüfung bestanden. Und Baumgart zufrieden, trotz allem. Der 1. FC Köln hatte gegen eine bessere Mannschaft verdient verloren. Dabei aber das Gesicht gewahrt – und nie aufgegeben. Dafür soll der 1. FC Köln unter Steffen Baumgart stehen, sagt Baumgart.
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Der Umgang mit der Aussichtslosigkeit gegen einen stärkeren Gegner ist eine Herausforderung. Kein Stürmer käme darauf, seine Karriere zu beenden, weil es Robert Lewandowski gibt. Die meisten Sportler leben recht gut damit, dass da immer einer kommt, der besser ist. Im Grenzbereich des Hochleistungssports verringern sich allerdings die Abstände, und in einem Mannschaftsspiel wie dem Fußball gibt es immer die Möglichkeit, dass der Schlechtere gewinnt. Was ja wiederum einen Teil der Faszination des Fußballs ausmacht: Auch der FC Bayern gewinnt nicht jedes Spiel, RB Leipzig schon gar nicht. Nun könnten Zyniker entgegnen, dass es im Profifußball nicht darum geht, wer sich am meisten angestrengt oder Niederlagen am besten erträgt. Und tatsächlich geht es zunächst einmal um Punkte.
Lernort Leipzig
Doch bewiesen die Kölner am Freitagabend sich und der Liga, dass sie zu keinem Zeitpunkt bereit sind, an sich, dem Gegner oder dem Spielstand zu verzweifeln. Steffen Baumgart lebt das vor, auch in Leipzig sprach er vom Weg, den seine Mannschaft im Jahr eins nach überstandener Relegation zu gehen habe. Der Trainer muss wie seine Spieler aus jeder Niederlage lernen. Leipzig war am Freitagabend ein guter Ort dafür.
In einer Woche daheim gegen Frankfurt kann Baumgarts Mannschaft dann wieder unter Beweis stellen, dass sie nicht nur spielt, um zu lernen. Sondern um zu gewinnen.