1:4-Debakel in LeipzigFC-Trainer Gisdol wirkt weder überrascht noch ratlos
- FC-Trainer Markus Gisdol ist mit einer 1:4-Niederlage in Leipzig gestartet.
- Die Pleite kam nicht überraschend für den Coach, der den 1. FC Köln vor dem Abstieg retten soll.
- Hoffnung könnte den Kölnern machen, dass Gisdol einst auch beim HSV schlimm startete, es dann aber zum Klassenerhalt reichte.
Leipzig – Ein wenig Hoffnung könnte den Kölnern geben, dass Markus Gisdol den Hamburger SV damals auch nicht am ersten Spieltag gerettet hat, ganz und gar nicht. Als er die Mannschaft Ende September 2016 nach einer 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern übernahm, dauerte es anschließend sieben Spiele und mehr als zwei Monate, ehe den Hamburgern der erste Saisonsieg gelang.
Und trotz einer bemerkenswerten Rückrunde ging der HSV damals auf dem Relegationsplatz in den letzten Spieltag – und rettete sich gegen den VfL Wolfsburg nur dank Luca Waldschmidts Treffer zum 2:1 in der 88. Minute.
Es kann also gut sein, dass der 1. FC Köln eine Weile warten muss, ehe alles gut wird. Doch offenbar gelingt es Gisdol, zumindest seiner Mannschaft den Glauben daran zu vermitteln, das dokumentierte etwa Rafael Czichos am Samstagabend nach der letztlich noch komfortablen 1:4-Pleite gegen das derzeit so machtvoll auftretende Ensemble von RB Leipzig.
„Ich bin mir sicher, dass der Trainereffekt nicht verpufft ist und wir schon nächste Woche ein anderes Gesicht zeigen“, sagte der Abwehrchef, „der Trainer hat in den ersten drei Tagen die richtigen Worte gefunden. Wir werden uns jetzt das Selbstvertrauen im Training erarbeiten, dann wird es besser.“
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Czichos und seine Mannschaft hatten eine Viertelstunde wie aus einem Alptraum erlebt; zwischen der 22. und der 37. Minute waren die Kölner von Nagelsmanns Mannschaft in ihre Einzelteile zerlegt worden und aussichtslos in Rückstand geraten. Timo Werner (22.), Emil Forsberg (32.) und Konrad Laimer (37.) hatten Leipzig 3:0 in Führung gebracht, Czichos sorgte mit seinem Kopfballtreffer zum 1:3 nach einer Ecke (39.) für ein wenig Mut.
Weil Gisdol in der Halbzeitpause umstellte und die Leipziger ihre Bemühungen etwas zurückfuhren, blieb es bei nur noch einem weiteren Treffer der Gastgeber durch Forsberg, der in der 79. Minute einen Freistoß aus 25 Metern direkt verwandelte.
Folgenschwerer Fehler von Jonas Hector
Jonas Hector sah hinterher ein, dass Leipzig kein tauglicher Gegner für den 1. FC Köln im November 2019 gewesen war. „Das ist in der aktuellen Situation nicht unser Maßstab. Klar wollten wir das Spiel nicht so gestalten, wie es dann passiert ist. Das hängt natürlich mit den Gegentoren zusammen. Dann ist es schwierig, hier nochmal zurückzukommen“, sagte der Kapitän.
Nach zwar passivem, aber strukturiertem Start war Köln wegen eines Ballverlusts des Nationalspielers in Rückstand geraten. Hector hatte sich unter Druck zum eigenen Tor gedreht und den Ball an Nkunku verloren. „Wir haben bis zum 0:1 gut gestanden, dann ist es umso bitterer, dass wir das 0:1 hergeben, auch durch meinen Fehler. Das ist dann ein Schlag, den wir nur schwer verkraften können“, sagte er.
Der FC litt allerdings nicht nur am schlechten Defensivspiel, im Gegenteil waren etwa die Innenverteidiger Sebastiaan Bornauw und Rafael Czichos noch die stabilsten Figuren der Kölner Formation. Die drei defensiven Mittelfeldspieler davor versagten beim Versuch, die Räume zu schließen, damit war Gisdols taktische Maßnahme, auf ein 4:3:2:1-System umzustellen, vollständig gefloppt.
Immerhin passte der Trainer seine Formation in der Halbzeit an, und weil Leipzig die früh begann, Kräfte für das Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen Benfica Lissabon zu schonen, sahen die Kölner in der zweiten Halbzeit ein wenig besser aus.
Horst Heldt sieht „zu viel Beton an den Füßen“
Dennoch blieb es dabei, dass sie kein Angriffsspiel zuwege brachten. Um sich dem Pressing des Gegners zu entziehen, hatte Köln schnell umschalten wollen, doch Hector nannte die Kölner Versuche „strukturlos: Wir haben die Bälle blind nach vorn geschlagen und nicht halten können.“
Dass der FC kein Konterspiel lieferte wie an diesem Wochenende die Mit-Aufsteiger aus Paderborn und Berlin, lag für Rafael Czichos aber auch an der Situation. „Wenn du 0:3 zurückliegst und vorher nicht die super Wochen abgeliefert hast, dann ist es menschlich, dass nicht jeder Ball ankommt“, sagte der 29-Jährige. Horst Heldt, der neue Kölner Sportchef, diagnostizierte „zu viel Beton an den Füßen“.
Gisdol blieb gelassen, er wirkte weder überrascht noch ratlos. „Wir konnten dem Tempo des Gegners kaum entgegenwirken. Das ist eine Mannschaft, die super funktioniert. Da wünschst du dir zum Start eine andere Aufgabe als diese Monster-Aufgabe hier.“
Gleich mehrfach betonte Gisdol, der 1. FC Köln stehe nun am Beginn eines „weiten, steinigen Weges. Wir werden in aller Ruhe analysieren, die nächsten Trainingseinheiten sauber und konsequent durchführen, sodass wir Schritt für Schritt in die richtige Richtung kommen.“ Er wolle die Mannschaft kennenlernen und sich „in aller Ruhe ein Bild machen. Ich lasse keine Hektik aufkommen“, sagte er noch.
Er habe „wenig Einigkeit“ gesehen, doch sei das „eine Sache von Arbeit“. Markus Gisdol plant offenbar keinen klassischen Feuerwehreinsatz. Er will sich Zeit nehmen, wissend, dass am Samstag ein wichtiges Heimspiel gegen Augsburg ansteht.
Doch wer in Hamburg zwei Monate ohne Sieg überstanden hat, der könnte auch in Köln durchhalten. Obgleich er das nicht unbedingt versuchen sollte.