Der 1. FC Köln liefert beim 7:1 gegen Bremen eine denkwürdige Gala. Es war ein ungemein wichtiger Sieg, der Selbstvertrauen gibt.
Nach denkwürdiger Gala1. FC Köln reist mit breiter Brust zum FC Bayern
Nach der größten Kölner Bundesliga-Torgala seit fast 40 Jahren wurde zumindest ein FC-Fan äußerst kreativ und ein bisschen übermütig. Eine Silhouette von den Bremer Stadtmusikanten ging im Netz viral. Doch Esel, Hund, Katze und Hahn waren um ein Tier ergänzt worden, der Geißbock thronte ganz oben auf dem armen Bremer Hahn, der am Samstagabend ziemlich gerupft worden war.
So mancher Kölner hatte sich beim Jahresauftakt mit dem Heimspiel gegen Werder Bremen in der Tat in einem Märchen der Brüder Grimm gewähnt. Sieben auf einen Streich: Denn beim 7:1 gegen den bisher so soliden Aufsteiger rieben sich einige Fans verwundert die Augen. War das wirklich ihr 1. FC Köln, der da dermaßen begeisterte und vor allem quasi nach Belieben traf? Im vergangenen Herbst nach den 3:2-Erfolgen gegen Dortmund und Augsburg war das Rhein-Energie-Stadion beim Schlusspfiff noch förmlich explodiert, doch diesmal herrschte bei vielen Fans erst einmal ungläubiges Staunen. Mit einem guten Spiel der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart hatten sicherlich einige nach der überzeugenden Vorbereitung gerechnet. Aber wohl nicht mit dieser Gala, nach der am Ende der höchste Bundesliga-Sieg des FC seit 1983 stand.
Balsam nach schwieriger Phase
Er war Balsam für die am Ende der Hinrunde geschundene Seele der Kölner, die vor der WM-Pause in ein großes Loch gefallen waren und nur noch ein Punkt aus fünf Bundesliga-Partien geholt hatten. Viele Verletzungen und die Terminhatz aufgrund der Europapokal-Teilnahme hatten beim FC sichtlich ihre Spuren hinterlassen. Die Kraft war ausgegangen, von Abstiegskampf war bereits die Rede.
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Am Samstagabend waren die Tanks wieder komplett voll. Der FC zeigte spektakulären Offensiv-Fußball und erzielte wunderschöne Tore. So traf Ellyes Skhiri per Seitfallzieher. Linton Maina überragte mit seinem Tempo, und Steffen Tigges traf sogar aus 46,7 Metern. Der bisher recht glücklose Stürmer hatte mit zwei Treffern und zwei Torvorlagen eine Leistungsexplosion erlebt, Tigges gelangen in einem Spiel mehr Scorerpunkte als in der gesamten bisherigen Saison. Auf die Frage, ob er selbst schon mal so ein Tor erzielt habe, antwortete Baumgart lachend: „Hab ich. Aber bei mir war's Zufall. Bei ihm war es gewollt.“ Wie nahezu alles, was die Kölner ablieferten. Florian Kainz war alles fast schon ein bisschen unheimlich. „Vielleicht ist es gut, dass es gleich weitergeht. Sonst wäre die ganze Woche vielleicht zu viel Euphorie von außen da. Aber wir haben einen Trainer, der uns auf dem Boden hält.“
Mutig nach München
Das ist auch durchaus angebracht vor dem kommenden Spiel, das bereits am Dienstag (20.30 Uhr, Sat1. und Sky) in München angepfiffen wird. Denn Gegner Bayern hat eine ganz andere Kragenweite als die irrlichternden Bremer, die laut Trainer Ole Werner eine „desaströse Leistung“ geboten hatten, der Sportliche Leiter Clemens Fritz sprach gar von einer „Frechheit“.
Den FC-Fans war das egal, sie stimmten am Ende doch noch den Klassiker von den Lederhosen an, den man den Bayern nun ausziehen wolle. Und auch Baumgart sagte im Brustton der Überzeugung: „Wir werden versuchen, selbst gegen die Bayern zu gewinnen.“ Dies sei nicht als „Ansage“ zu verstehen: „Ich habe nicht gesagt, dass wir gewinnen. Ich habe gesagt, wir wollen gewinnen.“ Auch bei den Spielern wie Verteidiger Timo Hübers war nach dem denkwürdigen Abend das Selbstvertrauen merklich gestiegen: „In acht von zehn Fällen holen wir da nichts. Aber jetzt wir können mit breiter Brust nach München fahren.“