Seit 699 Minuten wartet der 1. FC Köln auf ein Stürmertor, am Freitag empfängt Steffen Baumgarts Mannschaft Schlusslicht VfL Bochum.
Sturmflaute beim 1. FC KölnSteffen Baumgart setzt gegen Bochum auf Davie Selke
Beim 1. FC Köln werden in diesen Tagen mal wieder Minuten gezählt. Nicht so intensiv wie vor 21 Jahren, als Abwehrchef Thomas Cichon am 25. Spieltag im Heimspiel gegen Hertha BSC die Serie von 1034 Minuten ohne Kölner Tor beendete. Insgesamt ist die Lage beim FC zurzeit bei weitem nicht so dramatisch wie damals, als die Kölner chancenlos abstiegen. Außerdem ist das vorläufig letzte FC-Tor gerade mal 274 Minuten her, Ellyes Skhiri traf neulich in der 86. Minute des Spiels gegen Eintracht Frankfurt zum 3:0-Endstand. Überhaupt geht der 1. FC Köln auf Rang zwölf mit acht Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz recht sorgenfrei ins Heimspiel am Freitagabend (20.30 Uhr) gegen den VfL Bochum.
Viele FC-Chancen beim 0:0 gegen Union Berlin
Allerdings gilt für die Abteilung Angriff beim FC derzeit eine andere, leicht dramatischere Zeitrechnung. 699 Minuten ist der letzte Stürmertreffer her, seit Steffen Tigges beim 7:1 gegen Werder Bremen hat kein FC-Angreifer mehr getroffen. Trotz guter Chancen beim 0:0 am vergangenen Wochenende gegen Union Berlin. Wahrscheinlich war es die Fülle guter Gelegenheiten, die Steffen Baumgart mit ungebrochener Zuversicht in den nächsten Spieltag gehen lässt. Eine Mannschaft, die ihre Chancen nicht nutzt, hat ein geringeres Problem als eine, die gar nicht mehr gefährlich vor das Tor des Gegners kommt.
Hoffnung bereitet dem Trainer zudem, dass ihm sein Winterzugang wieder zur Verfügung steht: Schon gegen Union war Davie Selke für die Startelf vorgesehen, musste dann aber kurzfristig passen, weil ihn über Nacht ein Schüttelfrost und damit die derzeitige Grippewelle ereilt hatte. „Davie ist wieder komplett gesund. Er wird ein Kandidat nicht nur für den Kader sein, sondern auch für einen Einsatz von Anfang an“, sagte der Trainer am Mittwochmittag.
Seit seiner Ankunft beim FC von Hertha BSC hat Selke zahlreiche Rückschläge erdulden müssen. Seine Premiere im FC-Trikot platzte, weil er beim Aufwärmen vor der Partie gegen den HSV muskuläre Probleme spürte. Im Spiel bei Schalke 04 musste er wegen einer Knöchelverletzung früh vom Platz. Gegen Leipzig hielt er nach seiner Einwechslung nur zwölf Minuten durch, ehe ihn eine Knieverletzung stoppte. Bei seiner Rückkehr nach Berlin vor einer Woche war es dann eine Erkrankung.
Steffen Baumgart: „Wir hatten jetzt insgesamt genug Ausfälle“
„Seine Aufgabe ist nicht nur. Tore zu machen, obwohl er natürlich daran gemessen wird. Es war Pech, er hat ja nicht schlecht gespielt oder im Training nicht gemacht, was er sollte“, sagt Baumgart. Er merke dem Spieler an, dass er hadere angesichts der Rückschläge. Aber das sei kein Anlass, den Spieler gesondert zu behandeln. „Wir reden nicht mehr oder weniger mit ihm. Wir hoffen, dass er seine Leistung jetzt länger zeigen kann, weil ich finde, dass wir jetzt insgesamt genug Ausfälle hatten. Das habe ich auch den Jungs schon gesagt: Es wäre schön, wenn das jetzt aufhörte und wir mal eine normale Planung machen könnten. Ich gehe davon aus, dass die Jungs sich daran halten.“
Der VfL Bochum scheint auf dem Papier ein passender Gegner zu sein für die Kölner. Mit 56 Gegentoren stellt der VfL die mit Abstand schlechteste Abwehr der Bundesliga. Überhaupt erlebt die Mannschaft von Trainer Thomas Letsch derzeit einen heftigen Absturz. Vier Partien in Folge hat Bochum verloren, ohne dabei ein Tor zu verzeichnen. Sechs der jüngsten sieben Spiele hat die Mannschaft verloren. Dennoch sieht Baumgart Schwierigkeiten. „Sie haben die Spiele nicht verloren, weil sie die schlechtere Mannschaft waren. Sie haben den Fehler zu viel gemacht, so wie wir auch. Was sie gefährlich macht: Sie laufen sehr aggressiv an, gehen sehr gut auf den zweiten Ball und spielen in die Tiefe. Sie haben ihre Waffen“, sagt Baumgart: „Wir sollten uns nicht von ihren Ergebnissen blenden lassen.“
Allerdings möchte Baumgart nicht zu viel über den Gegner sprechen. „Wir spielen zu Hause, wir wollen unseren Fußball spielen und mit aller Macht gewinnen“, sagt der 51-Jährige. Im Training liegt der Schwerpunkt seit Wochen auf der Offensive. Auch am Mittwoch reihten die Angreifer Abschluss an Abschluss und feuerten einander an. Wie in der Woche vor der Partie gegen Union tat sich Davie Selke erneut hervor. Der 28-Jährige ist erneut ein aussichtsreicher Kandidat auf einen Platz in der Startelf – möglicherweise an der Seite von Steffen Tigges. „Entscheidend ist, dass die Jungs in die Abschlusssituationen kommen und schießen, wenn der Schuss möglich ist. Wenn der Ball nicht reingeht, klappt es dann eben beim nächsten Mal“, erklärt Baumgart.
Dass die Ausbeute zuletzt nicht stimmte, ist aus Sicht des Trainers nachrangig. Wichtig sei, die Zuversicht nicht zu verlieren. Er jedenfalls mache sich keine Gedanken. „Zuversicht habe ich bei den Jungs immer“, sagt der Coach. Und so viele Minuten wie im Jahr 2002 sind es ja auch noch lange nicht.