Köln – Als der 1. FC Köln am Samstagabend gegen 19.45 Uhr zu einer Medienrunde mit Horst Heldt für den kommenden Vormittag eingeladen hatte, war eigentlich schon klar, dass es vorerst zu keinen Konsequenzen auf der Trainerbank kommen würde. Und so waren die anwesenden Journalisten am Sonntag nicht sonderlich überrascht, dass Heldt Coach Markus Gisdol eine vorläufige Jobgarantie aussprach. „Natürlich sitzt der Trainer gegen Dortmund auf der Bank“, sagte der Sportchef.
Zu dem Zeitpunkt wusste Heldt noch nicht, dass Bielefeld ein Überraschungssieg in Leverkusen gelingen sollte. Auch im Wissen eines Erfolg des Aufsteigers hätte Heldt nicht anders gehandelt, doch klar ist auch: Der Abstiegskampf spitzt sich immer weiter zu. Bielefeld ist mit jetzt 22 Punkten punktgleich mit dem FC. Und die furiose Mainzer Aufholjagd geht weiter, mit nun 21 Punkten hat der Tabellenvorletzte nach Zählern mit Hertha BSC auf dem Relegationsplatz gleichgezogen. Der 1. FC Köln dagegen wartet nach dem 1:2 bei Union Berlin seit fünf Spielen auf einen Sieg und holte in diesem Zeitraum gerade einmal einen Punkt. Mal abgesehen von Schalke, gibt der FC derzeit das schlechteste Bild aller Keller-Teams ab.
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Heldt versuchte zwar, Gisdol den Rücken zu stärken. Das wirkte allerdings halbherziger als zuletzt. Und wer genau hingehört hatte, der stellte fest, dass die Jobgarantie für Gisdol wohl nur für eine Partie gilt. Denn über das BVB-Spiel (Samstag, 15.30 Uhr) hinaus ließ der Sportchef die Zukunft des Coaches offen. Auf Nachfragen, ob man den gemeinsamen Weg weiter gehe und Gisdol bis Saisonende im Amt bleibe, reagierte der Ex-Profi ausweichend. „Solche Aussagen kann man nicht treffen. Es bleibt dabei, dass wir alles überprüfen und hinterfragen. Das ist unsere Aufgabe“, sagte Heldt, der davon sprach, dass das Polster, das man sich aufgebaut hatte, mehr oder weniger aufgebraucht sei. Die Lage sei „alles andere als erfreulich“. Gleichwohl sieht Heldt weiter gute Chancen für den Klassenerhalt: „Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Mannschaft die Liga halten, wenn wir alles einbringen.“
Mit dem Rücken zur Wand ist Gisdol in dieser Saison schon manche Überraschung geglückt. Der Derbysieg bei den – zugegeben – vollkommen aus dem Tritt geratenen Gladbachern zum Beispiel oder der 2:1-Hinspielerfolg beim BVB. Darauf baut Heldt, getreu dem aktuellen FC-Motto: Hoffen, bangen und beten. Doch sollte es gegen Dortmund schiefgehen, könnte sich der Sportchef dann doch noch zum Handeln gezwungen sehen. Danach folgen die Länderspielpause und eine ähnlich schwierige Aufgabe in Wolfsburg.
Gisdols Plan geht erneut nicht auf
Gisdol konnte man bei der Niederlage tief im Berliner Osten nicht vorwerfen, dass er nichts ausprobiert hätte. Der Coach präsentierte einen Plan mit gleich fünf zentralen Mittelfeldspielern plus falscher Neun Ondrej Duda. Das Dumme an diesem Plan war, dass dieser sich nicht als tauglich erwies und erneut nicht aufging. Selbst die glückliche Pausenführung durch den von Duda verwandelten Elfmeter (45.) konnte darüber nicht hinwegtäuschen. Zwar präsentierte sich die Mannschaft physisch erneut auf der Höhe, das bewies sie mit einer Laufdistanz von 121 Kilometern. Doch dem Spiel fehlt es weiterhin an jeglichem Tempo und an Ideen. Und zum wiederholten Male patzten Spieler wie beim von Marius Wolf verursachten Elfmeter zum Ausgleich (48., Max Kruse) individuell oder im Kollektiv wie beim Siegtor von Christopher Trimmel (67.).
„Wir bekommen zu einfach die Gegentore. Ich weiß nicht, wie man so Spiele gewinnen will“, klagte Verteidiger Rafael Czichos und wirkte dabei ähnlich ratlos wie Jonas Hector. „Das war zu wenig, was wir auf den Platz gebracht haben“, befand der Kapitän. Hector, der seine Worte für gewöhnlich mit Bedacht wählt, tätigte zudem eine Aussage, die allerhand Interpretationsspielraum ließ. „Man muss gucken, was man mit dem Personal anrichten kann. Wie stell ich auf? Wie spiele ich, dass ich was machen kann?“, sagte Hector und ließ offen, wen er gemeint hatte. Gisdol mit seinen glücklosen Experimenten oder Heldt, der den Kader geplant hatte?
Der Trainer hatte nach dem Abpfiff gefordert, dass man die Ruhe bewahren müsse. „Wir dürfen uns nicht treiben lassen von den Ergebnissen der anderen und skurrile Ideen entwickeln, auch wenn es ein Stück weit verleitet, nervös zu werden. Dass die anderen punkten würden, das war klar. Und dass es bis zuletzt ein harter Kampf sein wird, war auch klar.“
Behält Gisdol allerdings seinen Punkteschnitt von 0,76 aus den vergangenen 34 Spielen bei, dann wird es für den FC nicht zum Klassenerhalt reichen. Doch möglicherweise ziehen die Verantwortlichen vorher noch die Reißleine.–
Funkel: „Qualität vorne reicht einfach nicht"
Für Ex-FC-Trainer Friedhelm Funkel ist Coach Markus Gisdol nur bedingt verantwortlich für die Kölner Talfahrt. „Das ist auf jeden Fall eine ganz schwierige Situation, für die Markus Gisdol eigentlich nicht der Schuldige ist“, sagte Funkel im Sport1-„Doppelpass“. Der langjährige Bundesliga-Coach sieht eher Fehler bei der Kaderplanung. „Es wird immer darüber gesprochen, dass sie zu mutlos spielen und mit zu wenig Offensivpower. Doch dafür brauche ich auch die Leute. Die Qualität vorne reicht einfach nicht.“
Die Frage, ob er möglicherweise beim FC als Feuerwehrmann einspringen würde, wollte Funkel nicht direkt beantworten: „Das sind die typischen Moderatoren-Fragen. Das Thema stellt sich für mich nicht, alles andere ist hypothetisch. Ich habe kein Angebot vorliegen.“ (LW)