Die Kräfteverhältnisse im Spiel des 1. FC Köln gegen RB Leipzig sind klar verteilt. Das Hinspiel war der Anfang vom Ende für Steffen Baumgart.
FC-Kolumne1. FC Köln will erneutes Leipziger Torfestival verhindern
Das 0:6 in Leipzig ist mir als die Partie in Erinnerung geblieben, in der klar wurde, dass das alles nicht mehr lange gutgehen würde mit dem FC und Steffen Baumgart. Nicht allein wegen des Resultats, das wegen zweier Gegentore in den letzten Minuten zu hoch ausgefallen war. Es war der Umgang mit dem Spielverlauf.
Nach drei Gegentoren zwischen der 40. Minute und dem Halbzeitpfiff hatten die Kölner an jenem 9. Spieltag Ende Oktober Auflösungserscheinungen gezeigt, was ich damals in der Berichterstattung „menschlich“ nannte, weil man nicht verlangen kann, dass ein Kader wie der des 1. FC Köln bei einem Champions-League-Teilnehmer auf Bestellung den Kampf des Jahrhunderts liefert und für die Sensation sorgt.
1. FC Köln: Bruch zwischen Steffen Baumgart und Mannschaft
Steffen Baumgart hat damals nicht akzeptieren wollen, dass seine Leute mental nicht in der Lage waren, nach den Niederschlägen in der Red-Bull-Arena noch zurückzukommen. Es gehört zu Baumgarts Markenkern, den Abstand zwischen seinen Mannschaften und der individuell mitunter haushoch überlegenen Konkurrenz mit Einsatz, einem bis ins Detail erarbeiteten taktischen System und viel Mentalität vielleicht nicht zu schließen, aber zumindest so zu verkleinern, dass eine Überraschung möglich ist.
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Es war eine stete Qualität auch der Kölner Mannschaft, bei Rückständen jederzeit zurückkommen zu können. In Leipzig allerdings waren die FC-Profis an den Grenzen ihrer Überzeugung angelangt. Was vor allem daran lag, dass es Steffen Baumgart zunehmend nicht mehr gelang, seine Mannschaft zu überzeugen.
Die Gründe dafür liegen auch in Baumgarts Biografie. „Ich war selbst ein Spieler, der nur über Mentalität Erfolg hatte. Das verkörpere ich auch als Trainer. Und wenn ich eine Mannschaft habe, die das nicht verkörpert, bin ich irgendwann angepisst. Das ist jetzt ein Moment, in dem ich sage: Bis hierher und nicht weiter. Dafür will ich nicht stehen.“
Ein gefährliches Aber
Baumgarts Stimmung drehte damals ins Negative, und wenige Tage später bekam er die Quittung dafür, als seine Mannschaft beim 1. FC Kaiserslautern aus dem DFB-Pokal stürzte – mit einer Leistung, die Züge einer Verweigerung hatte. Von den folgenden sieben Pflichtspielen gewann der FC nur noch eines, 1:0 in Darmstadt. Das 0:6 in Leipzig war Baumgarts Kipppunkt. Der Trainer beschrieb das damals ziemlich eindeutig. „Die Spieler haben hier zweieinhalb Jahre lang in jedem Spiel bis zum Ende alles gegeben; egal, wie das Spiel ausgegangen ist. Das habe ich in Leipzig nicht gesehen, und das ist meine große Enttäuschung.“
Baumgart wählte damals Worte, von denen es kein Zurück mehr gab. Etwa ein an sehr falscher Stelle gesetztes „Aber“. Es gibt die Redewendung, dass alles, was in einem Satz vor dem Wort „Aber“ kommt, gelogen sei. Nach diesem Maßstab formulierte Baumgart in Leipzig einen dramatischen Satz, als er sagte: „Ich bin jemand, der lange hinter den Jungs steht und das auch weiterhin tut. Aber irgendwann ist dann auch Feierabend.“ Kein gut platziertes Aber.
Am Freitagabend spielt der FC wieder gegen RB, und wer die Leipziger Auftritte gegen Real Madrid gesehen hat, wird zumindest nicht auf die Idee kommen, die Kölner Mannschaft mit einem schmissigen „schnappt sie euch“ auf den Platz zu schicken. Timo Schultz hat das Kölner Spiel angepasst, das sagte Marco Rose auch auf der Pressekonferenz am Donnerstag. „Es ist ein ähnlich intensiver Fußball. Vielleicht nicht mehr ganz so wild wie unter Baumi. Mit ein bisschen anderen Facetten, aber ähnlich aggressiv“, sagte der Leipziger Trainer, den eine Freundschaft mit Baumgart verbindet, seit beide gemeinsam den Trainerschein absolvierten.
Allerdings hat Baumgart nie ein Spiel gegen Marco Rose gewonnen, und oft hatte man den Eindruck, Roses Lob für Baumgarts Fußball sei ein wenig vergiftet. Denn der Spaß am wilden Spiel geriet letztlich etwas einseitig, wenn am Ende doch immer nur Rose gewann. Den Kölnern wäre jedenfalls zu wünschen, dass Marco Rose am späteren Freitagabend dem „Baumi-Fußball“ nachtrauert, der so zuverlässig vor allem Roses Erfolgsrezept war.
Ruhe nach dem Fehlerfestival?
Angesichts der jüngsten Kölner Auftritte ist zumindest die Möglichkeit gegeben, dass es etwas kontrollierter zugeht als im Oktober in Leipzig. Timo Schultz hat die Mannschaft stabilisiert, wenngleich das 3:3 in Mönchengladbach eine gewisse Sonderstellung einnahm. Die Torflut auf beiden Seiten dürfte allerdings auch der Euphorie geschuldet gewesen sein. Denn was auf dem Platz zu Treffern führte, hatte nur bedingt mit der Spielanlage beider Mannschaften zu tun. Es war zwar ein Spektakel. Aber eben auch ein Fehlerfestival.
Vor der Länderspielpause und der Abreise ins Trainingslager nach Spanien wäre ein Sieg heute Abend exakt das Erfolgserlebnis, mit dem der FC die Ambitionen auf den Relegationsplatz festigen könnte. Und mit einem Sensationssieg am Freitagabend startet es sich doch immer noch am besten ins Wochenende.