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CoronaAlexander Wehrle über Impfungen beim FC und Zuschauer bei hoher Inzidenz

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FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle

DonaueschingenHerr Wehrle, die Inzidenzen sind zuletzt wieder gestiegen, gleichzeitig lässt das Impftempo nach. Der Grenzwert für Fußballspiele mit Zuschauern von einer Inzidenz 35 gerät wieder in Reichweite. Sehen Sie einen Saisonstart vor Publikum gefährdet?

Die Anspannung ist definitiv da, wir müssen davon ausgehen, dass wir im August eher bei einer Inzidenz von 50 liegen oder sogar darüber. Deswegen stehen wir im engen Austausch mit dem Gesundheitsamt der Stadt Köln. Am 5. August wird es eine neue Schutzverordnung geben, und wir sind gespannt, womit wir dann rechnen können. Das Signal aus der Politik macht uns allerdings optimistisch, dass wir auch bei einer Inzidenzstufe 3, also jenseits der Inzidenz 50, mit einem Drittel der Stadionkapazität rechnen dürfen. Dann könnten wir ein Drittel des Stadions mit Geimpften und Genesenen füllen sowie zusätzlich 1000 Getestete zulassen. Das wären dann also ziemlich sicher 17.000 Zuschauer beim ersten Heimspiel, für uns ist das eine sehr gute Nachricht.

Womit rechnen Sie bei einer Inzidenz von unter 35?

Momentan liegen wir um die 30, das bedeutete, dass bis zu 25.000 Zuschauer ins Stadion dürften. Selbstverständlich unter Berücksichtigung der Abstände, wir arbeiten da mit einem Schachbrettmuster, und Masken. Allerdings würde am Platz dann keine Maskenpflicht gelten. Außerdem wäre die Nachvollziehbarkeit der Kontakte sichergestellt durch ein digitales System, mit dem man sich im Stadion einchecken könnte.

Die Impfbereitschaft ist vorhanden, allerdings scheint das Impftempo derzeit nicht hoch genug, um die vierte Welle aufzuhalten. Welche Möglichkeiten sehen Sie, mit Hilfe der Kraft des 1. FC Köln die Impfquote zu steigern?

Ich bin der absoluten Überzeugung, dass das Impfen der entscheidende Schritt zurück in eine veränderte Normalität ist, deswegen werben wir als 1. FC Köln auch für das Impfen. Am 4. August wird während des öffentlichen Trainings der Mannschaft das Impfmobil bei uns am Geißbockheim sein. Da kann dann jeder vorbeikommen und sich einfach und unbürokratisch impfen lassen. Wir denken auch darüber nach, bei unseren Bundesligaspielen in Kooperation mit der Stadt Köln Impfmobile am Stadion zu haben. Denn perspektivisch wird die gesamte Kulturbranche, werden aber auch die Gastronomie und nicht zuletzt der Hallensport extrem davon abhängen, dass die Impfquoten weiter steigen. Ein Großteil der aktuellen Neu-Infektionen ist in der Gruppe der 19- bis 29-Jährigen zu finden, weil dort die Sinnhaftigkeit des Impfens offenbar in Frage steht. Wir finden es absolut richtig, dass es keinen Impfzwang gibt, das muss jeder Mensch für sich selbst entscheiden, zumal es viele Bürger gibt, die sich überhaupt nicht impfen lassen können – und die uns bestimmt nicht beweisen müssen, dass es so ist. Aber wir möchten gern dazu beitragen, jenen Menschen Angebote zu machen, die grundsätzlich impfwillig sind, aber den Aufwand scheuen.

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Sind Tests eine zu bequeme Möglichkeit, auf das Impfen zu verzichten?

Zunächst einmal bin ich froh, dass wir nach den Erfahrungen des vergangenen Sommers nun die Möglichkeiten der drei Gs haben. Das ist ausschließlich positiv. Wir müssen aber die gesellschaftliche Diskussion darüber führen, ob Genesene und Geimpfte bei Großveranstaltungen andere Rechte haben als die, die sich nur testen lassen. Wir müssen zu einer gesunden Mischung kommen, und da denke ich nicht nur an den Fußball im Stadion. Ich denke auch an Eishockey, Handball – die Indoor-Sportarten. Dort gelten noch viel schwierigere Zulassungsbedingungen, weil das Ansteckungsrisiko draußen nur ein Zehntel dessen beträgt, was in einem geschlossenen Raum gilt. Wenn wir nicht dahin kommen, dass wir eine Halle mit Geimpften und Genesenen füllen können, wird das viele Sportvereine vor existenzielle Herausforderungen stellen.

Gibt es in der Deutschen Fußball-Liga Erkenntnisse über Infektionen in Folge der Teilöffnungen aus dem vergangenen Sommer, als es an den ersten Spieltagen Zuschauer in den Stadien gab?

Die medizinische Taskforce der DFL hat keinerlei Infektionsketten ausgemacht, es hat keine Spreader-Events in den Stadien gegeben. Mich hat das nicht überrascht, denn unter freiem Himmel, mit Masken und Abstand ist das Risiko einer Ansteckung einfach extrem gering. Wenn jetzt noch hinzukommt, dass wir nur Getestete, Geimpfte und Genesene im Stadion haben werden, halte ich es für absolut legitim, über signifikante Öffnungsraten nachzudenken.

Unabhängig von den Inzidenzen?

Die Politik muss sich ja grundsätzlich überlegen, ob die Inzidenz noch der Maßstab sein sollte. Oder ob angesichts der bereits hohen Quoten an Geimpften und Genesenen nicht auch die Auslastung des Gesundheitssystems eine Rolle spielen muss. Ich glaube, diese Debatte muss man führen. Was wir tun können, ist, dafür zu werben, dass sich viele Menschen impfen lassen. Daher sind wir jederzeit bereit, zu sagen: Auch Getestete sind bei uns im Stadion herzlich willkommen – aber denken Sie doch darüber nach, sich gleich hier im Impfmobil piksen zu lassen. Da wären wir sehr gern bereit, mit dem Gesundheitsamt zusammenzuarbeiten.