Köln – Die letzte Minute lief in Müngersdorf, Steffen Baumgart hatte noch einmal offensiv gewechselt, da schlug Ondrej Duda eine Flanke in den Hoffenheimer Strafraum. Sebastian Andersson tauchte, erreichte den Ball und schien das entfernte Toreck zu treffen. Doch TSG-Abwehrchef Florian Grillitsch rettete ein letztes Mal mit der Fußspitze.
Es sollte nicht sein, obgleich die Kölner das nicht wahrhaben wollten und noch eine weitere Chance durch Tim Lemperle hatten, der Zentimeter am Tor vorbeiköpfte: Steffen Baumgarts Mannschaft verlor vor 37 500 Zuschauern in Müngersdorf nach einem ehrenwerten Auftritt 0:1. Es war die achte Kölner Niederlage in Serie gegen die Kraichgauer.
Doch unzufrieden wirkte der FC-Trainer nach dem Abpfiff nicht. Im Gegenteil: „Ich habe eine sehr, sehr gute Kölner Mannschaft gesehen. Wir hätten unsere Möglichkeiten besser nutzen können. Meine Mannschaft hat ein sehr gutes Spiel gegen einen Kandidaten für die Champions League gemacht. Es war nicht nur ein hochintensives, sondern auch ein hochklassiges Spiel. Ein Unentschieden wäre vielleicht gerecht gewesen“, befand Baumgart.
Dieser hatte kurzfristig auf seinen Kapitän verzichten müssen. Jonas Hector fehlte aus „privaten Gründen“, wie der Verein bei Twitter mitteilte. Jannes Horn sprang ein. Im Zentrum verteidigte Jeff Chabot, der im Winter von Sampdoria Genua nach Köln gekommen war und am Sonntag sein Bundesliga-Debüt erlebte. Der 24-Jährige ersetzte den erkrankten Timo Hübers.
Stille Momente in Müngersdorf
Der Fußballnachmittag begann wie üblich mit der FC-Hymne, allerdings thematisierten die Kölner mehrfach den Krieg in der Ukraine. Am Samstag waren Mitarbeiter des FC an die polnisch-ukrainische Grenze gereist und hatten in Kooperation mit dem Verein Blau-Gelbes Kreuz einen Bus mit flüchtenden Menschen nach Köln begleitet. Nach ihrer Rückkehr am frühen Sonntagmorgen berichteten die Mitarbeiter vor dem Anpfiff von ihren bewegenden Erlebnissen. Eine bemerkenswerte Aktion des Klubs, der die Mannschaften zu „Imagine“ von John Lennon ins Stadion einlaufen ließ.
Der FC spielte in Trikots, auf denen statt des Sponsorenlogos die Forderung prangte, den Krieg in der Ukraine zu stoppen. Nach einem Moment der Stille begann das Spiel vor einem Publikum, das merklich Schwierigkeiten hatte, die Rückkehr der Massen ins Kölner Stadion zu genießen.
Baumgart war mit einigem Respekt vor dem Potenzial des Gegners ins Spiel gegangen. „Im Fußball bewegst du dich immer auf ganz dünnem Eis. Wir gehen konsequent unseren Weg weiter. Wir sind auf einem guten Weg. Aber gegen Gegner wie Hoffenheim müssen wir schon einen Sahnetag erwischen – auch wenn der eine oder andere das vielleicht schon anders sieht“, sagte der Trainer vor dem Anpfiff.
Gewohntes FC-Pressing in ausgewogener Partie
Es entwickelte sich eine ausgeglichene Partie, in der der FC sein gewohntes Pressing zeigte, aus dem sich die hoch veranlagten Hoffenheimer jedoch immer wieder gut befreien konnten. Die erste Großchance hatten die Gäste, als Andrej Kramaric in der 20. Minute Schmitz auf der rechten Kölner Abwehrseite ausspielte und an den Fünfmeterraum flankte, wo Chabot verpasste und Ihlas Bebou damit derart überraschte, dass der Stürmer den Ball nicht gefährlich auf das Tor bringen konnte. Es blieb nicht die einzige ungenutzte Großchance des TSG-Stürmers. Im Gegenzug stürzte Modeste im Strafraum, doch Schiedsrichter Fritz sah in Poschs Stoßen keinen Regelverstoß, wohl zurecht.
Kurz darauf war es erneut Bebou, der sich zwischen den Kölner Innenverteidigern freischlich, jedoch an Schwäbe und Kilian scheiterte. Hoffenheim war gut im Spiel, und früh war klar, dass der FC kämpferisch sein Maximalniveau erreichen müsste, um das 0:5 aus dem Hinspiel zumindest ansatzweise wettzumachen. Und die Kölner zeigten bemerkenswerten Einsatz gegen einen stark besetzten Gegner.Zur Pause stand es 0:0 in Müngersdorf; es war ein intensives Spiel ohne das ganz große Flair, in dem die Gäste der Führung im ersten Durchgang ein wenig näher gekommen waren als der FC.
Bebou trifft den Pfosten
Der zweite Abschnitt begann mit einem Schreckmoment für die Kölner, als Raum ins Zentrum flankte und weder Chabot noch Horn den Ball abfangen konnten. Doch Bebou vergab auch diese Gelegenheit – allerdings extrem knapp, als er aus nächster Nähe an den Pfosten köpfte.Wenig später prüfte Jannes Horn nach einem mutigen Lauf Oliver Baumann im Tor der Gäste mit einem Flachschuss von der linken Seite, dann spielte der erneut hervorragende Salih Özcan einen Steckpass auf Dejan Ljubicic, doch Akpoguma rettete.
Die Dämmerung senkte sich über Müngersdorf, die Pylone des Stadions strahlten in Blau und Gelb. Und auf dem Rasen brach die Phase der Entscheidung an. Keine Mannschaft erzielt mehr Tore in der Schlussviertelstunde als Köln und Hoffenheim. Ein 0:0 nach 60 Minuten bedeutete also wenig. Anthony Modeste erhöhte mit einem Abseitstor den Lärmpegel im Stadion, doch die Führung gelang den Gästen: Der fantastische Raum flankte, Stefan Posch übersprang Kilian im Zentrum, Hoffenheim lag vorn – mit einem Tor nach einer Flanke, auch das überraschte nicht: Keine Mannschaft der Bundesliga flankt so oft wie die TSG.
Köln behielt trotz der verdienten Führung den Glauben und hätte sich beinahe die frühe Entscheidung gefangen, doch zunächst hielt Schwäbe gegen Kramaric (66.), zwei Minuten später schoss Baumgartner aus zehn Metern an den Pfosten. Köln blieb dran, Modeste hatte nach einem Eckball noch eine gute Kopfballchance. Doch es wurde nichts mehr aus einem Kölner Punkt. „Wir hatten die Chancen, es hat nicht geklappt. Es gibt so Tage, an denen der Ball einfach nicht reingehen will“, sagte Modeste und wählte ähnliche Worte wie sein Trainer: „Wir haben ein gutes Spiel gemacht und müssen weiter dran bleiben.“