Der 1. FC Köln hat am letzten Spieltag der Saison 2021/22 zwar eine Chance auf die Europa League vergeben, doch das war nicht weiter tragisch, denn diese Chance hatte sich letztlich ohnehin nicht ergeben.
Nach schwacher erster Halbzeit und einem 0:1-Rückstand fanden die Kölner erst in der zweiten Halbzeit einen Zugang zum Spiel, glichen durch Modestes Abstauber nach einer knappen Stunde aus und schienen nur noch einen Treffer von der Europa League entfernt, weil Bochum gleichzeitig bei Union Berlin der Ausgleich gelungen war.
Doch weil die Hauptstädter noch den Siegtreffer erzielten, hätte auch ein Kölner Erfolg nicht mehr die Europa League gebracht. Weil Borussia Dortmund jedoch Hertha BSC besiegte, reichte den Stuttgartern Endos 2:1 in der Nachspielzeit noch zum direkten Klassenerhalt in letzter Sekunde. Es folgte eine Stimmungs-Eruption und ein so verdienter wie spektakulärer Platzsturm der schwäbischen Fans.
Für die Kölner blieb nach einer Saison voller Glück die Qualifikation für die Conference League. Nach herausragenden Leistungen und vier Siegen in Serie hatte es zeitweise danach ausgesehen, als habe Baumgarts Mannschaft sogar die Chance auf die Europa League. Doch nach zwei Niederlagen zum Abschluss blieb es bei Platz sieben; die 6000 mitgereisten FC-Fans waren damit Gast auf der gigantischen Stuttgarter Rettungsparty und nutzten die Gelegenheit, bei schönstem Sonnenschein auf eine erfolgreiche Spielzeit zurückzublicken und Pläne zu schmieden für die Reisen, die vor ihnen liegen.
Die Tore
Vor dem Stuttgarter 1:0 hatte der unglaubliche Marvin Schwäbe gerade einen Strafstoß von Sasa Kalajdzic aus dem Tor gezaubert. Den folgenden Eckball hatte wiederum Kalajdzic mit dem Kopf erreicht und ins Tor befördert, dabei hatte er allerdings Timo Hübers im Luftduell die Nase blutig geschlagen. Den Schiedsrichter interessierte der blutende Kölner Verteidiger nicht nicht, der Treffer zählte. Es blieb nicht die einzige seltsame Entscheidung des Unparteiischen.
Nach einer knappen Stunde wagte Florian Kainz auf dem linken Flügel eines seiner Dribblings, legte sich den Ball auf den rechten Fuß und visierte den entfernten Pfosten an. VfB-Keeper Müller bekam den Ball nicht unter Kontrolle, Modeste lauerte und traf mit seinem 20. Saisontor zum 1:1. Ein Drama für Stuttgarts Keeper, der in diesen Momenten damit rechnen musste, den Klassenerhalt seiner Mannschaft vereitelt zu haben. Doch dann wurde ja alles gut.
In der zweiten Minute der Nachspielzeit verlängerte Ito dann einen Eckball an den zweiten Pfosten, Wataru Endo lauerte am zweiten Pfosten, traf zum 2:1 und entfesselte eine Party, wie sie die Bundesliga selten gesehen hat. Muss man mal erlebt haben.
Das war gut
Das Prickeln, als plötzlich beide Mannschaften das Maximum erreichen konnten: Die Kölner standen für Minuten nur noch ein Tor von der Europa League entfernt, Stuttgart nur einen Treffer von der Rettung. Dass den Stuttgartern letztlich der Sieg gelang, machte den Besuch in der Mercedes-Benz-Arena zum Erlebnis. Die Kölner schwenkten trotzig ihre Europa-Fahnen, die Freude des Gegners konnte die Zufriedenheit der Gäste nicht nachhaltig trüben.
Das war schlecht
Die erste Halbzeit der Kölner, die aus 70 Prozent Ballbesitz zu wenig machten und 45 Minuten lang nicht ins Spiel fanden, obwohl so viel auf dem Spiel stand.
Moment des Spiels
Der Torjubel in der Nachspielzeit, als Endo den VfB rettete, erreichte bereits eine sagenhafte Lautstärke. Als das Stadion dann mit dem Schlusspfiff im Jubel versank, spielten sich so wilde wie wunderbare Szenen ab, die einen weiteren Hinweis darauf gaben, dass auch nach zwei Jahren der Entwöhnung durch die Pandemie kaum etwas emotionaler sein kann als der Besuch eines Fußballspiels im Stadion. Auffällig noch der Fan, der sich die Tafel schnappte, mit der üblicherweise am Spielfeldrand die Auswechslungen angezeigt werden, die 18 und die 93 aufleuchten ließ und dann mit dem Stuttgarter Gründungsjahr auf der Tafel durch den Innenraum des Stadions tobte.
Das sagen die Trainer
Steffen Baumgart (Trainer 1. FC Köln): „Wir wollen diesen Weg, den wir eingeschlagen haben, weitergehen. Die letzten beiden Ergebnisse waren enttäuschend, aber die Leistung heute hat gestimmt. Die Leistung der ganzen Saison müssen wir in die neue Spielzeit tragen.“
Pellegrino Matarazzo (Trainer VfB Stuttgart): „Das tut gut. Ich habe nach diesem Geschrei und dem Jubel einen Schädel. Das war Ekstase, ein toller Moment, überragend. Das freut mich so für die Jungs. So einen Moment wie heute vergisst man nie.“
Das sagen wir
Aus Kölner Sicht jubelten am Samstagnachmittag gegen 17.20 Uhr zwar die Falschen Fans in der Mercedes-Benz-Arena. Allerdings hatte die rechnerische Chance auf die Europa League noch bis in die zweite Halbzeit Bestand gehabt, was einmal mehr unterstrich, welche Strecke der 1. FC Köln seit der Relegation vor einem Jahr hinter sich gebracht hat. Der FC hat in den beiden letzten Partien der Saison nicht mehr das Maximum erzielen können. Doch hat Steffen Baumgart mit seiner Mannschaft mehr Spiele gewonnen als verloren, mehr Tore geschossen als kassiert – und die Begeisterung zurück nach Köln gebracht.